Im Blutkreis - Roman
zärtlich noch fester, um seine Angst zu teilen, um eins mit ihm zu sein in seinem Schmerz.
Er spürte, wie ihre Handflächen seinen Nacken, sein Haar streichelten, wie ihre Küsse sanft sein feuchtes Gesicht berührten … Und dann überfiel ihn plötzlich ein wahnsinniges Verlangen, unendlich reines weißes Licht. Seine Hände suchten Rhodas Körper, ihre Hüften, sie war wie eine gewaltige Woge, eine flüssige Kraft, stark und geschmeidig, die sich an ihn klammerte. Ihre Münder begegneten sich in einem ersten gierigen Zusammenprall. So verharrten sie eine Weile, ineinander verloren, unfähig, sich zu trennen. Plötzlich wich die junge Frau zurück, knöpfte ihre Bluse auf und entblößte ihre seidigen Brüste, ihre Haut, die wie Sand war. Nathan betrachtete einen Augenblick ihr purpurrotes Gesicht, ihre hellen Augen… Dann stürzte er in einen Abgrund.
Sie kam zu ihm zurück, liebkoste seine Haut mit kleinen Zungenschlägen und glitt erneut wie eine Opfergabe aus Honig und Süße zwischen seine Lippen. Ihre Hände, leicht wie zwei bernsteinfarbene Blumen, verbanden sich für eine Weile mit seinen Liebkosungen, dann verließen sie ihn plötzlich, um zwischen ihre eigenen Schenkel zu gleiten. Neue Sinneswahrnehmungen umhüllten Nathan, der süße Duft der Früchte, die Wärme ihrer Brust an seiner. Er öffnete die Augen wieder, um Rhodas Lust zu sehen. Sie drückte sein Gesicht nach hinten,
dann nahm sie es zwischen ihre Finger und zog es sanft zur Höhle ihres Körpers, an den Rand …
In diesem Augenblick schrie etwas auf in seinem Schädel. Das Zimmer färbte sich rot. Er stieß Rhoda heftig zurück und sprang auf: »GEH WEG… GEH WEG… RÜHR MICH NICHT AN!«
»Was ist mit dir?«
Sie kam mit ausgestreckter Hand auf ihn zu.
Er versuchte, sich zu kontrollieren, aber das Zimmer schwankte, drehte sich. Eine neuerliche Welle kalter, brutaler Wut auf Rhoda schwappte über ihn hinweg: »RÜHR MICH NICHT AN… LASS MICH IN RUHE…«
»Wie…«
»ICH SPÜRE… GEH WEG, KOMM NICHT NÄHER…«
»Was ist in dich gefahren?«
Rhoda beobachtete ihn, Unverständnis und Schrecken im Blick.
»STEH NICHT SO NACKT DA, ZIEH DICH AN!«
Tränen verschleierten ihren Blick. Sie versuchte zu sprechen, aber ihre Stimme brach sich in einem Schluchzer. Sie presste ihre Kleider an sich, lief ins Badezimmer und verriegelte die Tür.
Trunken vor Hass irrte Nathan einen Augenblick durch das Zimmer. Nach und nach beruhigte er sich wieder. Er setzte sich aufs Sofa, drückte die Knie gegen seine Brust und schloss die Augen.
Was war nur in ihn gefahren? Seit er aus dem Koma erwacht war, hatte er mehrmals diese merkwürdige Gewalttätigkeit in sich gespürt, er hatte sogar getötet, aber jedes Mal hatte er diese Gewaltbereitschaft im Zaum halten können. Nie hatte er sich zu einer solchen Aggressivität hinreißen lassen, nie einen so tief sitzenden Ekel empfunden. Wieso diese Reaktion? War die Erinnnerung an seinen Traum der Grund? Hatte Rhoda ihm etwas verheimlicht, woran sein Körper sich erinnert hatte?
Nein… Er delirierte. Es lag an ihm, an ihm allein. Diesmal war er sicher: Er verlor den Verstand.
Ein metallisches Klicken, ein Schatten, der vorbeihuschte… Nathan öffnete die Lider. Ein paar Stunden waren vergangen. Rhoda kam schweigend aus dem Badezimmer.
Er erhob sich, ging zu ihr und blieb wortlos in der Dunkelheit stehen.
Die junge Frau öffnete ihre Reisetasche und begann, ihre Kleidung hineinzuwerfen.
»Tut mir leid, was passiert ist … das ist unverzeihlich … Ich verstehe es nicht.«
Rhoda antwortete nicht.
»Was machst du da?«, fragte Nathan.
»Ich reise ab. Ich gehe nach Israel zurück.«
»Ich bitte dich aufrichtig um Verzeihung.«
»Vergessen wir das alles, es ist zum Teil auch meine Schuld.«
»Was meinst du damit?«
»Ich habe die Regeln verletzt … Du warst mein Patient geworden. Das hätte niemals passieren dürfen.«
»Ich versichere dir, du hast dir nichts vorzuwerfen. Wir, das war etwas anderes … Es ist allein meine Schuld.«
»Du weißt nicht, wovon du redest. Ich habe einen schweren Fehler begangen.« Sie schloss ihre Reisetasche und richtete sich wieder vor ihm auf. »Jeder geht seiner Wege. Es ist besser so, glaub mir.«
Er erforschte ein letztes Mal ihren bewusst kühlen, aber immer noch feuchten Blick. Er hatte die Frau lächerlich gemacht, die ihm die Hand gereicht hatte, er hatte sie zutiefst gedemütigt. Sein Verhalten erfüllte ihn mit Abscheu.
Es gab nichts
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