Im Dienst ihrer Majestat
einen entsprechenden Paß besorgen. Dann lerne ich Brays Stammbaum auswendig und büffle die Grundbegriffe der Heraldik. Wenn Blofeld anbeißt, fahre ich mit den erforderlichen Fachbüchern in die Schweiz und schlage ihm vor, mit ihm den Stammbaum der de Bleuvilles auszuarbeiten.«
»Und dann?«
»Dann lotse ich ihn aus der Schweiz über irgendeine Grenze, wo wir ihn
kidnappen können. Die Einzelheiten habe ich noch nicht festgelegt, Sir. Ich mußte ja erst Ihre Genehmigung einholen, und dann muß Basilisk den Züricher Anwälten mit einem verlockenden Köder kommen.«
»Warum versuchen Sie nicht, die Züricher Anwälte unter Druck zu setzen, damit sie Ihnen Blofelds Adresse geben? Dann könnten wir ihn durch eine Art Kommandounternehmen schnappen.«
»Die Anwälte haben garantiert einen Riesenvorschuß von Blofeld bekommen. Vielleicht könnten wir ihnen die Adresse entreißen, aber sie würden bestimmt Blofeld einen Wink geben, so daß er verschwinden kann.«
Müde schob M das Aktenstück Bond zu. »Nehmen Sie’s mit. Ein verrückter Plan, aber in Gottes Namen!« M schüttelte skeptisch den Kopf. »Sir Hilary Bray! Sagen Sie dem Abteilungsleiter, daß ich zustimme, aber höchst ungern. Er soll Ihnen alles Nötige zur Verfügung stellen. Halten Sie mich auf dem laufenden. Das wäre alles, 007.«
Anfang Dezember kehrte Bond widerwillig auf die Schulbank zurück. Statt Geheimberichte studierte er an seinem Schreibtisch Heraldik, las in mittelalterlichen englischen und französischen Chroniken und befaßte sich mit Folklore und Mythen. Während dieser Zeit war er ungenießbar. Als ihn Mary Goodnight eines Tages mit »Sir Hilary« ansprach, hätte er ihr fast den Kopf abgerissen.
Inzwischen nahm die Korrespondenz zwischen Sable Basilisk und den Züricher Anwälten ihren Fortgang, allerdings im Schneckentempo. Die Anwälte, oder vielmehr Blofeld, stellten unzählige, obzwar - wie Basilisk zugeben mußte
- scharfsinnige Fragen, die jedesmal mit verschwommenen heraldischen Erklärungen beantwortet werden mußten. Dann wurden genaue Angaben über Sir Hilary Bray verlangt, ebenso Fotos. Sein ganzer Lebenslauf von der Schulzeit ab mußte lückenlos dargelegt werden (der echte Sir Hilary schickte ihn an Bond mit einem höchst amüsierten Begleitschreiben). Um das Interesse der Gegenseite zu testen, erbat Basilisk einen weiteren Spesen Vorschuß. Prompt traf am 15. Dezember ein Scheck über abermals tausend Pfund ein. Basilisk rief sofort Bond an: »Jetzt haben wir ihn. Er hat angebissen!« Am nächsten Tag kam ein Brief der Züricher Anwälte mit der Nachricht, daß ihr Klient bereit sei, sich mit Sir Hilary zu treffen. Ob Sir Hilary am 22. Dezember mit dem Swissair-Flug 111 um 12 Uhr 15 auf dem Flugplatz Kloten sein könne?
Die letzten Tage vor diesem Termin waren mit Besprechungen unter dem Vorsitz des Abteilungschefs ausgefüllt. Die wichtigste Entscheidung war, daß Bond bei der Zusammenkunft mit Blofeld keine Waffe tragen und vom Secret Service auch nicht beschattet werden sollte. Er durfte sich nur mit Sable Basilisk in Verbindung setzen, dem er alle erreichbaren Informationen weiterzugeben hatte.
Der Plan war in kurzen Zügen: Bond sollte möglichst viel über Blofeld selbst in Erfahrung bringen, über seine Tätigkeit und seine Mitarbeiter, um den nächsten Schritt, die Entführung aus der Schweiz, vorbereiten zu können. Gewaltanwendung war dabei vielleicht nicht notwendig. Bond würde ihn wahrscheinlich überreden können, mit nach Deutschland zu fahren, angeblich um einige Dokumente im Stadtarchiv von Augsburg einzusehen. Zu den Sicherheitsmaßnahmen gehörte auch, daß die Station Z in Zürich über Bonds Mission in der Schweiz völlig im dunkeln gelassen wurde. Außerdem sollte die Akte »Bedlam« offiziell abgeschlossen werden. Der neue Deckname hieß »Corona«.
Nun wurde noch die persönliche Sicherheit Bonds erörtert. Im Hauptquartier zog man alle Möglichkeiten in Erwägung. Sollte Blofeld hinter Bonds wahre Identität kommen, würde es Bonds sofortige Liquidierung bedeuten. Eine gefährlichere und dazu wahrscheinlichere Möglichkeit war, daß Sir Hilary Bray »einem bedauerlichen Unfall« zum Opfer fallen könnte, sobald seine heraldische Tätigkeit bei Blofeld beendet war und er nicht mehr gebraucht wurde.
Am Abend des 21. Dezember ging Bond in seinem Büro noch einmal seinen Plan und seine Rolle als Sir Hilary gründlich durch. Dabei dachte er an Tracy. Sie war auch in der Schweiz. Er mußte
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