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Im Dienste der Comtesse

Im Dienste der Comtesse

Titel: Im Dienste der Comtesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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Aber war der Anwalt auch in dieses Komplott verwickelt?
    Der Erpresserbrief war auf Latein geschrieben und von einem Mann überbracht worden, den man als Diener der Comtesse de Gilocourt identifiziert hatte. Während des Bewerbungsgesprächs hatte sich Mélusine geweigert, über ihren früheren Diener zu reden, aber Pierce wusste, dass sein Vorgänger in London als Bote des Erpressers gesehen worden war. Pierce vermutete, dass der Brief deswegen in Latein verfasst worden war, um den Inhalt vor dem überbringenden Diener geheim zu halten. War es der Anwalt gewesen, der den Brief für Mélusine aufgesetzt hatte?
    „Warum hat der letzte Diener der Comtesse gekündigt?“, wollte Pierce wissen.
    Barrière runzelte die Stirn. „Madame de Gilocourt wurde im letzten November Witwe“, erwiderte er. „Jetzt, da sie wieder in Paris ist, braucht sie Personal für ihr neues Etablissement. Mehr kann ich dazu nicht sagen.“
    Etablissement war eine ziemlich hochtrabende Bezeichnung für eine nicht möblierte Wohnung im ersten Stock, aber Pierce verzichtete auf eine entsprechende Bemerkung. „Also arbeiten Sie erst seit dem Tod ihres Ehemanns für die Comtesse“, stellte er fest, was ihm ein neuerliches Stirnrunzeln eintrug. „Ich möchte nur sichergehen, dass mein Gehalt auch bezahlt wird“, fügte Pierce hinzu, weil jetzt offensichtlich war, dass Barrière nicht dazu zu verleiten war, über seine vornehme Mandantin zu plaudern.
    „Madame de Gilocourt hat veranlasst, dass Ihnen das Gehalt der ersten Woche im Voraus ausbezahlt wird“, teilte der Anwalt ihm eisig mit. „Sollten Sie ihre Großzügigkeit ausnutzen, werde ich dafür sorgen, dass Sie strengstens zur Rechenschaft gezogen werden. Rufen Sie Ladoux aus dem Vorzimmer herein.“
    Ladoux war wesentlich eher zu Klatsch und Tratsch aufgelegt als sein Arbeitgeber, und so erfuhr Pierce, dass Monsieur Barrière Mélusine erst zweimal begegnet war. Das erste Mal, als er sie gleich nach dem Tod ihres Mannes aufgesucht hatte, unmittelbar bevor sie von Paris nach Bordeaux zog; das zweite Mal erst ganz kürzlich nach ihrer Rückkehr nach Paris. Es war zwar alles möglich, doch Pierce hielt es eher für unwahrscheinlich, dass die beiden einen kriminellen Bund nach nur so flüchtiger Bekanntschaft geschlossen haben sollten.
    Nachdem alle Vereinbarungen für seine neue Livree getroffen waren, machte Pierce sich auf den Weg zum Palais Royal. Schon vor seiner Ankunft in Frankreich hatte er gewusst, dass sich das Land mitten in einer politischen und finanziellen Krise befand. Aber erst in Paris war ihm klar geworden, wie unberechenbar die Stimmung im Volk war. Das Palais Royal befand sich im Besitz des Duc d’Orléans, eines Verwandten des Königs, und lag im Brennpunkt heftigsten Widerstands gegen die Regierung. Pierce war zwar in erster Linie daran gelegen, den Erpresser zu entlarven und nicht, sich in die Feinheiten französischer Politik zu vertiefen, aber er hatte keine Lust, sich von den Ereignissen überraschen zu lassen. Daher machte er sich daran, die aktuellsten Pamphlete zu lesen und die neuesten Gerüchte zu erfahren.
    Es schien, als drängte sich die Hälfte der Pariser Bevölkerung im Garten und unter den Arkaden des Palais Royal. Hier gab es Buchverkäufer, Cafés, Hutmacher, ja, sogar ein Wachsfigurenkabinett. Pierce schlenderte durch die Menge und hielt wachsam Ausschau nach Taschendieben.
    „Nelken, Monsieur! Kaufen Sie meine wunderschönen Nelken!“
    Pierce betrachtete die kümmerlichen Blumen, die ihm vor die Nase gehalten wurden, und sah dann in die Augen des Blumenmädchens. Er brauchte keine Blumen, aber das Mädchen war sehr dünn, und in seinem Blick lag etwas Verzweifeltes. Brot war selten und überdies sehr teuer geworden, wahrscheinlich litt das Mädchen Hunger. Er warf einen Blick in den Blumenkorb. „Hm, lassen Sie mich mal sehen. Ich glaube, ein Strauß reicht nicht aus, um die Gefühle für meine Liebste richtig zum Ausdruck zu bringen. Ich nehme einen, zwei, drei … ja, vier kann ich gut in einer Hand tragen. Nein, die Vier ist keine gute Zahl, ich nehme fünf Sträuße.“
    Das Mädchen sog geräuschvoll die Luft ein. „Monsieur!“
    „Ich muss sie nur einen Moment ablegen, damit ich mein Geld hervorholen kann“, erklärte er und legte die Sträuße zurück in den Korb. „So, hier ist das Geld.“ Es amüsierte ihn ein wenig, dass er sich von seinem Dienergehalt als Erstes eine Handvoll Nelken kaufte. Er steckte seine Geldbörse wieder ein

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