Im Dienste Der Koenigin
Weise verpflichtet zu bleiben.
Unser König soll sich nur vornehmen, den ›Cour des Miracles‹ stürmen zu lassen. Falls er alt genug wird, könnte er - vielleicht - noch erleben, dass diese Verbrecherhochburg vom Erdboden getilgt wird. Leicht wird es jedoch nicht werden, der Kriminalität in Paris Herr zu werden.
Dein romantisches Herz hat dir jahrelang etwas vorgegaukelt, mein Schatz. Ich bin jedenfalls froh, dass du nie mehr dorthin gehen wirst, weil dir endlich die Augen aufgegangen sind. Wenn ich mir vorstelle, Seine Majestät oder Königin Anna wüssten von unseren Aufenthalten dort - ich wage gar nicht, auch nur daran zu denken.«
Allein die Vorstellung, ihre beste Freundin könne auch nur den vagen Verdacht hegen, eine ihrer Damen zähle zu den Verfemten der Hauptstadt, ließ Marie vor Entsetzen erbeben.
Die ohnehin schwer angeschlagene Anna würde dadurch gewiss erneut aufs Krankenlager niedergeworfen werden...
Allmählich beruhigte sich Céleste. Mit jedem ihrer Worte hatte Marie recht. Sie kannte eben die Männer.
Als hätte die Chevreuse die Gedanken ihrer Schwester erraten, fing sie an zu lachen. »Mag ja sein, dass ich viele Männer in meinem Leben kennengelernt habe - aber verstanden habe ich wohl keinen so ganz. Und wirklich geliebt habe ich im Nachhinein nur einen einzigen: Richard Holland, den vornehmen englischen Gentleman. Aber ausgerechnet er konnte nicht auf Dauer in Frankreich bleiben - seiner Familie wegen. Als Richard sich damals von mir verabschiedet hat, da habe ich echte Tränen vergossen.«
»Ich erinnere mich, Marie«, entgegnete Céleste versonnen. »Es dauerte damals eine ziemlich lange Zeit, ehe du dich einem neuen Liebhaber zugewandt hast. Und das will bei dir etwas heißen, meine Liebe.«
Marie de Chevreuse seufzte und wandte sich zum Gehen. Seit neuestem wachte sie wie Zerberus, der Höllenhund, persönlich über den Gesundheitszustand der alten Königin.
KAPITEL 99
AM 4. SEPTEMBER 1663, einem Sonntag, ließ der in Nantes befindliche Monarch den Hauptmann der Musketierkompanie, den fünfunddreißigjährigen Gascogner Charles de Batz, zu sich rufen.
Der König beauftragte ihn, Monsieur Fouquet am nächsten Morgen in aller Frühe festzunehmen und ihn in das Schloss von Angers zu bringen.
Besonders legte Ludwig dem Hauptmann ans Herz, den Gefangenen auf keinen Fall auch nur für eine Minute aus den Augen zu lassen, damit dieser nur ja nicht die Möglichkeit habe, etwaige belastende Papiere zu vernichten. De Batz trank noch ein Glas Wein, ehe er forteilte, um seine Soldaten zu instruieren.
»Sire, falls Fouquet wegen der Anwesenheit der Musketiere Verdacht schöpfen sollte, könnte er möglicherweise in seine uneinnehmbare Festung auf der Belle Île flüchten. Ich denke, wir sollten Vorkehrung treffen und …«, begann Colbert, der ebenfalls anwesend war. Aber Ludwig XIV. lachte nur.
»Dem werde ich vorzubeugen wissen, Monsieur, indem ich ankündige, morgen nach einer früh angesetzten Ratssitzung mit den Musketieren auf die Jagd gehen zu wollen. Ich werde Monsieur Brienne mit dieser Nachricht zu Fouquets Quartier, dem Hôtel de Rougé, schicken.«
Alles war wohldurchdacht und wäre um ein Haar doch noch schiefgelaufen.
In derselben Nacht erhielt der Finanzminister nämlich noch eine Warnung. Ein Freund beschwor ihn förmlich, am nächsten Morgen seine Sänfte mit geschlossenen Vorhängen - aber natürlich leer - ins Schloss des Königs zu schicken. Er selbst aber solle sich schleunigst aus Nantes davonmachen und auf seine Festung Belle Île flüchten.
Zum Glück aber schlug Fouquet - immer noch wie berauscht von seinem vermeintlich triumphalen Fest in Vaux - die hilfreiche Warnung in den Wind.
Am nächsten Morgen, um sechs Uhr früh, versammelte sich eine Abteilung berittener Musketiere vor dem Schloss von Nantes und zwei Schwadronen zu je zwanzig patrouillierten im Hof.
Wenig später trafen die Ratsmitglieder ein; Fouquet war unter den Ersten. Die Sitzung dauerte nur kurz, weil der König ja - wie angekündigt - »auf die Jagd gehen wollte«; seine Berater und die Übrigen brachen auf, nur Fouquet hielt Ludwig noch unter einem Vorwand zurück. Der König gab vor, Papiere zu suchen, bis er von einem Fenster aus den Hauptmann Charles de Batz auf seinem Posten stehen sah.
De Batz’ Anweisung lautete, Fouquet erst außerhalb der Schlossmauern zu verhaften, um nicht die Rechte des Hauptmanns der Leibgarden zu verletzen, dessen Hoheitsgebiet die königliche
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