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Im eigenen Schatten

Im eigenen Schatten

Titel: Im eigenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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österreichischen Fernsehnachrichten erwähnten den Überfall noch nicht. Dann ging er zum Parkplatz zurück und stieg in einen Pkw, dessen Schlüssel unter der Fußmatte lagen. Am Villacher Knoten bog er in Richtung Ljubljana ab. Nachdem der Stau vor dem Karawanken-Tunnel sich aufgelöst hatte und er auf slowenischem Hoheitsgebiet war, atmete er tief durch. Eine halbe Stunde später betrat er das Terminal des Flughafens Ljubljana/Brnik.

Trauer macht durstig
     
    »Wie viele waren es? Menschenmassen sind so schwer zu schätzen«, sagte Pina Cardareto, als sie zurück zum Wagen schlenderten, nachdem die Trauergäste allmählich den Vorplatz der Basilika von Aquileia verlassen hatten.
    »Tausend vielleicht«, sagte Proteo Laurenti, »ein einflussreicher Mann und steinreich. Nur besonders alt ist er nicht geworden. Mit 67 Jahren an einem frühen sonnigen Morgen durch eine Explosion vom heiteren Himmel geholt zu werden, hatte er sich ganz gewiss nicht erträumt.«
    Er warf Pina Cardereto den Autoschlüssel zu, die ihn geschickt auffing. Laurenti saß auf dem Beifahrersitz, schaltete das Funkgerät ein und wählte zugleich auf dem Mobiltelefon die Nummer seines Büros. Die Inspektorin schob den Fahrersitz ganz nach vorne, damit sie mit den Füßen die Pedale erreichte. Wegen des Stimmengewirrs aus dem Lautsprecher legte der Commissario die freie Hand auf das andere Ohr und erfuhr endlich von seiner Assistentin, dass auch die Kollegen in Triest ein dichtes Netz an Straßensperren in der Stadt und dem Umland errichteten. Türkische Fernlaster wurden zu Hunderten kontrolliert, die Istanbul-Fähren würden heute nur mit Verspätung ablegen können.
    »Und noch etwas«, teilte Marietta aus dem Büro mit. »Die Sprengstoffspuren sind inzwischen analysiert und bestätigt: C4, über einen Höhenmesser gezündet. Und Inspektor Battinelli hat die Aussagen von zwei Frühaufstehern aufgenommen, die den Knall gehört haben. Einer will sogar die Explosion gesehen haben.«
    »Können wir nicht ein einziges Mal einen ganz normalen Mord haben, eine liebende Gattin, die ihren Mann erlöst? So wie im Fernsehen.«
    »Unwahrscheinlich. Wir Frauen machen das unauffälliger. Ein Totenschein des zuständigen Arztes und wahnsinnig viele Tränen, basta! Aber keine Ermittlungen«, sagte Marietta.
    »Wart’s ab, bis ich dir eines Tages den Kaffee zubereite, meine Liebe. Hast du den Befund schon an den Staatsanwalt weitergeleitet?« Laurenti stellte sich das fahle Gesicht des jungen Mannes vor, der erst am Anfang seiner Karriere stand. Warum zum Teufel hatte ausgerechnet dieser Dottor Lorusso am Tag des Absturzes Dienst gehabt?
    »Als Geschenk fürs Wochenende. Den Bericht hat er säuerlich auf den Schreibtisch geworfen, und während ich noch vor ihm stand, griff er zum Telefon und rief seine Frau an. Mein Gott, was hat der sich gewunden, nur weil die versprochene Bergwanderung in Südtirol ins Wasser fiel.«
    »Ruf ihn gleich noch einmal an und bitte ihn um einen Termin gegen fünf oder spätestens morgen früh«, sagte Laurenti nach einem flüchtigen Blick auf die Armbanduhr.
    »Er wird noch von mir träumen.«
    »Bleib züchtig, aber lass ihn nicht entwischen, Marietta«, sagte er und legte auf.
    So, wie sich seine Assistentin in den letzten Wochen kleidete, war sie seit geraumer Zeit wieder auf Pirsch. Selbst im Büro irritierten ihre freizügigen Dekolletés so manchen Kollegen. Und dieser Jungspund von Staatsanwalt aus gutbürgerlicher Familie befände sich in höchster Gefahr, würde Marietta es nur darauf anlegen.
    »Wohin?« Pina Cardareto startete den Alfa Romeo.
    »Wir statten der Kollegin einen Besuch ab.« Durch ein kurzes Telefonat erfuhr er den Standort der Straßensperre, die Xenia mit ihren Männern an der Landstraße zwischen Grado und Monfalcone errichtet hatte.
    »Sie verstehen sich offensichtlich ziemlich gut.« Pina Cardaretos Stimme klang schnippisch. War sie neidisch, weil Laurenti zwar ihre Arbeit schätzte, aber stets formale Distanz bewahrte, obgleich sie nun fast sieben Jahre an seiner Seite arbeitete? Mit den meisten anderen Kollegen pflegte er einen lockereren Umgang.
    »Sie ist eine hervorragende Polizistin. Ich kenne Xenia, seit sie in Triest die Polizeischule besuchte. Sie tat in Padua Dienst und in Palermo. Und parallel zu ihrem Job studierte sie Politikwissenschaft. Später wurde sie nach Rom versetzt, dann nach Ostia. Sie hat alle Prüfungen mit Auszeichnung bestanden. Dann kam sie in den Norden zurück. Squadra

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