Im Feuer der Begierde: Roman (German Edition)
immerhin hat es den Transformationsprozess eingeleitet.«
»Wie das?«
Er bleckte die Zähne zu einem freudlosen Lächeln. »Um dich zu verwandeln, hätte ich dich aussaugen müssen, bis der Tod eintritt, und dir danach mein Blut einflößen. Du warst so stark verletzt, dass du bereits gefährlich viel Blut verloren hattest, aber du hattest noch so viel von meinem intus, dass der kritische Punkt bereits erreicht war.«
Er ließ die Hand sinken, und ich fühlte wütenden Schmerz über meine Emotionen schrappen, bevor er fortfuhr.
»Das wurde mir natürlich erst klar, als du schon tot warst und mich plötzlich anfallen wolltest.«
Daran konnte ich mich nicht erinnern; nicht einmal, wie ich hierhergekommen war, wusste ich. Meine Erinnerung hatte ausgesetzt, als Shrapnel von Wachen gepackt worden und Vlad vor mir niedergekniet war.
»Gretchen. Sie ist doch wohlauf, oder?«
»Nur leicht verletzt.«
Endlich verspürte ich ein Gefühl der Erleichterung, das nicht von einer Blutmahlzeit herrührte. »Und Sandra?«
»Ihre Verletzungen sind schwerer, aber sie wird’s schaffen.«
Ich wollte nicht fragen, aber ich musste es wissen. »Shrapnel?«
Vlad presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. »Wo er hingehört.«
Im Kerker also. Vielleicht befanden wir uns ja auch dort. Der Raum sah aus wie eine komfortablere Version der Zellen, in denen die Gefangenen untergebracht wurden, denn Wände, Decke und Boden bestanden aus Fels, und einen Ausgang konnte ich nirgends entdecken. In der Ecke lagen allerdings zwei übereinandergestapelte Matratzen und darauf mehrere dicke Wolldecken. In den Zellen, die mir bis jetzt untergekommen waren, hatte das nicht zur Standardausstattung gehört, obwohl das Fehlen von Licht …
Ich konnte trotzdem prima sehen. Ich blinzelte, als würde sich dann etwas ändern, was natürlich nicht geschah. Kein Fünkchen erhellte das enge Gelass, und doch konnte ich alles kristallklar erkennen bis hin zu den roten Schlieren an den Wänden, die so gut dufteten, dass ich sie ablecken wollte. Als ich zwei schmerzhafte Einstiche in der Unterlippe spürte, wurde mir klar, dass meine Fangzähne wieder hervorgekommen waren.
Überwältigt schloss ich die Augen. Ich hatte nicht schon so bald verwandelt werden wollen und hatte keine Ahnung, ob ich es verkraften würde. Aber ob ich es wollte oder nicht, ich war jetzt ein Vampir. Ich fuhr mir mit der Hand über die Brust bis zu der Stelle, an der mein Herz saß. Fünfundzwanzig Jahre lang hatte es geschlagen und würde von jetzt an doch ewig stumm bleiben wie eine Trommel, die niemand mehr spielte.
Als ich die Augen öffnete, starrte Vlad mich an. Er sagte nichts, aber eine seltsame Mischung aus Mitgefühl und Skrupellosigkeit kratzte über mein Unterbewusstsein. Das hast du dir selbst zuzuschreiben, schienen seine Emotionen zu sagen, aber du musst es nicht allein durchstehen.
Ich erwiderte seinen Blick und bemerkte eine winzige Narbe nahe seiner Nase, die mir zuvor nie aufgefallen war. Und das war nicht das Einzige, was mir auffiel. Seine Haut wirkte nicht länger bleich; sie schien schwach zu leuchten, als brenne ein Licht darunter. Sein Haar war nicht länger einfach nur dunkelbraun, sondern präsentierte sich als lebendige Palette aus Schwarz-, Umbra- und Kastanientönen. Um ihn herum knisterte die Luft vor Energie, und als er mir diesmal über die Kehle fuhr, prickelte seine Hand, als wäre er es, der Elektrizität abgab, nicht ich.
»Du hast dich auch verändert«, stellte ich staunend fest.
Seine Mundwinkel zuckten; halb spöttisch, halb amüsiert.
»Du bist ein Vampir. Du siehst Details, für die die Menschen blind sind, ahnst Kräfte, die ihnen immer verschlossen bleiben werden, und hast Gefühle, die stärker sind, als sie es sich vorstellen können.«
Schließlich packte er mein Haar, zog meinen Kopf nach hinten und küsste mich.
»Wie fühlt sich das an?«, murmelte er.
Die raue Liebkosung seiner Bartstoppeln und die sinnliche Weichheit seiner Lippen verblassten neben den Emotionen, die auf mich einstürzten. Lust durchfuhr mich wie ein Feuerstoß, zwang mich beinahe in die Knie und versengte meine Nervenenden so vollkommen wie der Blutrausch, nur weniger schmerzhaft. Im Gegenteil; ich verspürte das überwältigende Bedürfnis, lustvolle Macht auszuüben, bis verzückte Schreie mir in den Ohren hallten, und ich wollte es jetzt.
Ich öffnete den Mund, sodass Vlads Zunge mit meiner verschmelzen konnte, während ich sein Hemd packte.
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