Im Feuer der Nacht
schmales silbernes Gerät heraus. Sie gab ihm das Handy, und er brabbelte unverständliches Technikzeug hinein. Dann gab er es ihr zurück, klappte das Gerät auf und stellte es auf den Boden des Flugzeugs.
Sie hielt das Handy ans Ohr. „Haben Sie alles?“
„Ja. Ich brauche nur noch eine Sekunde.“
Sie wies mit dem Kopf in Richtung des silbernen Geräts, auf dem Dorian herumtippte. „Niedlicher Laptop.“
Er lächelte sie zerstreut an. „Kannst du wohl sagen. Das Schnuckelchen ist unser Versuch, einen Organizer der Medialen nachzubauen. Die von ihnen für den Markt zugelassenen Dinger sind nichts im Vergleich zu den Supersachen, die sie selbst– sag Dev, ich hab’s.“
Sie ging um Clay herum und stellte sich zwischen die beiden Männer, konnte ihre Ungeduld kaum zügeln, als Dorian ein kleines Mailfenster aufklappte. Clays Hand lag auf ihrem Rücken, aber Dorian griff nach ihrer Schulter, als er aufstand, um ihr die Position vor dem Laptop zu überlassen.
Die Berührung überraschte sie, aber es war in Ordnung. Dorian gehörte zum… Rudel. Sie schüttelte den Kopf über diesen eigenartigen Gedanken und konzentrierte sich auf die Nachricht.
Jonquil Duchslaya ist am Leben, aber er wird sterben, wenn Sie nicht innerhalb der nächsten zwölf Stunden für ihn kämpfen. Ich werde Ihnen helfen, verlange aber eine Gegenleistung– etwas Gleichwertiges. Sonst stünde das Risiko in keinem Verhältnis zum Nutzen.
„Das ist es?“, fragte sie zitternd.
„Ja.“ Sie fuhr hoch, als Dev antwortete, hatte vergessen, dass sie noch das Handy ans Ohr hielt. „Gibt es eine Möglichkeit, die Nachricht zu legitimieren?“, fragte Dev.
Talin war zu erschüttert, um antworten zu können.
„Warum hat man die Wendung ‚für ihn kämpfen‘ gebraucht? Das ist eine eigenartige Wortwahl.“ Clay strich wieder über ihren Pferdeschwanz. Vielleicht beruhigte diese Berührung sie genug, damit sie wieder nachdenken konnte.
„Oh Gott“, flüsterte sie. „Bei unserem Streit habe ich Jon gesagt, ich würde für ihn kämpfen, wenn auch er kämpfen würde.“
„Gib es mir.“ Dorian zog das Handy aus ihren leblosen Fingern. „Haben Sie die Mail zurückverfolgt?“ Er wartete. „Sind Sie sicher?“
Talins Zorn war inzwischen zu einem Inferno angewachsen, aber diesmal richtete er sich nicht gegen eine unbekannte Krankheit, sondern gegen einen gesichtslosen Fremden. „Wer ist diese Person, dass sie etwas für Jons Leben verlangt? Welches Recht hat sie dazu?“
Clay bewegte keinen Muskel. „Hört sich nach einem Medialen an. Leben reduziert auf eine Risiko-Nutzen-Analyse.“ Er zögerte. „Judds Kontakt muss eine Verbindung hergestellt und die Dinge in Gang gebracht haben. Ich stehe in seiner Schuld.“
Talin sah zu ihm hoch und bemerkte, dass er schon wieder seine Schläfen rieb. Sie wollte gerade mit ihren Fingern darüberstreichen, als Dorian etwas sagte.
„Sehr schön.“ Er unterbrach die Verbindung. „Dev hat einen weiteren Treffer gelandet– diesmal ist es möglicherweise der Maulwurf–, aber er hat mir vorher noch gesagt, dass sie die Mail zurückverfolgt haben. Es war nicht besonders schwer, weil der Absender offensichtlich nicht wusste, wie man keine Spuren hinterlässt.“
Talin wagte kaum zu atmen. „Nebraska?“
„Mehr als das. Es kam aus der Gegend um Cinnamon Springs.“
Ihre Hand krallte sich in Clays T-Shirt. „Jon ist in diesem Labor.“ In ihr tobte ein Sturm, so stark war ihr Bedürfnis, ihren Schützling zurückzuholen. Aber sie musste erst nachdenken. Sie war nicht mehr durcheinander– es machte sie geradezu schwindlig, wie klar sie plötzlich denken konnte. Das war eigenartig, denn die Krankheit hätte sich eigentlich verschlimmern müssen. „Wir können das Labor nicht so einfach stürmen. Es ist viel zu groß.“
Clay zog an ihrem Pferdeschwanz, sodass sie ihn anschauen musste. „Mit dem Rudel und den Wölfen kriegen wir das schon hin.“
Talin hatte sich nie auf große Macht stützen können. In ihrem Kopf blitzten die Gesichter derjenigen auf, die sie kennengelernt hatte– Nico, Tamsyn, Nate, Lucas, Sascha, Faith und Vaughn. Solch ein Rückhalt, erkannte sie, war gleichzeitig ein Privileg und eine große Verpflichtung. „Nein.“ Eine schmerzhafte Entscheidung. „Wir würden zu viele Leute verlieren.“
„Das Rudel hält zusammen, Tally. Wir geben unser Leben für den anderen.“
„Das weiß ich.“ Sie umarmte ihn, jetzt war sie stark genug, konnte akzeptieren, dass
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