Im geheimen Garten des Scheichs
Tier.“
„Wo werden Sie sein?“, fragte Lauren voller Angst.
„Neben Ihnen, Mademoiselle. Sie müss…“
Mehr verstand sie nicht, denn er verhüllte das Gesicht mit seinem Kopftuch. In der einen Sekunde war er noch da, und in der nächsten sah sie überhaupt nichts mehr. Und sie hatte ein unheimliches Dröhnen in den Ohren.
„Mustafa!“, schrie sie, aber der Sand drang ihr in Mund und Nase und ließ sie verstummen. Eilig vermummte sie sich ebenfalls und hatte dann das Gefühl, allmählich zu ersticken und vom Sand begraben zu werden.
Wir werden alle sterben, dachte sie, bevor sie in eine gnädige Ohnmacht fiel.
Wegen der Erkrankung seines Vaters regierte Prinz Rashad Shafeeq zurzeit das nordarabische Königreich Al-Shafeeq. Obwohl er bereits vierunddreißig war, hatte er in seinem Leben bislang nur zweimal wirklich gejubelt. Zum einen mit dreizehn, als es ihm gelang, den Hengst zuzureiten, den sein Vater ihm geschenkt hatte. Zum anderen mit fünfzehn, als sein Vater und der Pilot des kleinen Flugzeugs drei Tage nach dem Absturz lebend in der Wüste aufgefunden worden waren.
Heute Nachmittag empfand er in der Bergarbeiterstadt Raz eine ähnliche Hochstimmung, die mit Selbstzufriedenheit gepaart war. Drei Jahre hatte er auf diesen Moment gewartet. Gold hatte dem Königshaus seit Jahrhunderten Reichtum gesichert und würde es noch über Jahrtausende hin tun. Aber sein Wagnis, weitere Bohrungen vorzunehmen – was von den Eingeweihten als Geheimnis gehütet worden war –, hatte sich ausgezahlt.
Rashad ließ den Blick in die Runde schweifen. Er hatte seine Minister und zugleich engsten Vertrauten zu einem Meeting in den Konferenzraum des Goldbergwerks eingeladen. „Meine Herren. Ich habe mich heute mit dem Chefgeologen und dem leitenden Ingenieur getroffen. Sie haben meine schönsten Hoffnungen bestätigt. Die jüngsten Mineralienfunde sind so riesig, dass meine Vision Wirklichkeit werden kann, ganz neue Unternehmenszweige zum Wohl des Königreichs zu gründen. Abgesehen von Tausenden neuer Jobs im Lauf der Zeit bedeutet dies auch bessere Bildungsmöglichkeiten für unsere Stammesleute. Außerdem können wir mehr Krankenhäuser bauen und die Gesundheitsfürsorge ausweiten“, erklärte er und erntete großen Beifall.
Dieses Land samt seiner Bodenschätze gehörte schon seit Jahrhunderten seiner Familie. Allerdings hatten früher immer wieder andere Stämme versucht, es wegen der unglaublich reichen Metall- und Mineralienvorkommen an sich zu bringen. Was ihnen aber nicht gelungen war. Und glücklicherweise waren inzwischen die Zeiten dieser blutigen Auseinandersetzungen vorbei. Dafür gab es jetzt andere Probleme, die jedoch innerhalb der weitverzweigten Herrscherfamilie begründet lagen.
„Wenn ich nachher in den Palast zurückkehre, werde ich den König über alles informieren.“ Sein Vater war schwer an Diabetes erkrankt. „Er wird sich zweifellos genauso freuen wie Sie und mit Sicherheit einen Tag zum Feiern bestimmen. Ihre unermüdliche Arbeit ist nicht unbemerkt geblieben. Jeder von Ihnen wird eine Prämie für Ihren Einsatz und Ihre Loyalität gegenüber dem Königshaus erhalten.“
„Eure Hoheit.“ Unbemerkt war der Manager des Goldbergwerks auf der Türschwelle erschienen. Er machte eine besorgte Miene und verbeugte sich kurz. „Bitte entschuldigen Sie die Störung … Zwischen El-Joktor und Al-Shafeeq hat ein Sandsturm gewütet und eine Karawane überrascht.“
„Hat Ihnen das ein Augenzeuge berichtet?“, fragte Rashad, während am Tisch große Bestürzung herrschte.
„Ein Reiter hat die Überreste des Trosses von Weitem gesichtet und hier Hilfe holen wollen. Er hat einige herrenlose Kamele gesehen, weiß aber nicht, wie viele Menschen überlebt haben, tot sind oder vom Sand begraben wurden.“
„Wie weit von hier ist es passiert?“ Rashad stand auf.
„Achtzehn Kilometer.“
„Bitte entschuldigen Sie mich, meine Herren“, wandte er sich an die Minister und verließ mit dem Manager den Raum. „Stellen Sie ein Such- und Rettungsteam zusammen, das sofort mit dem Nötigsten ausgerüstet in die Wüste reitet. Lassen Sie auch Wasser an Bord meines Helikopters bringen. Ich werde zum Unglücksort fliegen, nach Überlebenden Ausschau halten und im Bedarfsfall Schwerverletzte in die Oase Al-Shafeeq transportieren.“
Sein Sekretär Tariq kam ihm auf dem Flur entgegen. „Eure Hoheit, kann ich irgendetwas tun?“
„Ja, begleiten Sie mich.“ Im Laufschritt begab er sich zum
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