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Im Glanz Der Sonne Zaurak

Im Glanz Der Sonne Zaurak

Titel: Im Glanz Der Sonne Zaurak Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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lange schon hat er sich nicht mehr um Sandies und Ekalla gekü m mert; er wird sie fragen, ob er ihnen irgendwie helfen kann. Und nach den Kranken muß er auch sehen. Die Männer brauchen das. Das hat er deutlich gespürt. Es gibt ihnen Mut und Kraft, zu wissen, daß sie nicht allein gelassen sind.
     
    Mit einem Aufschrei springt Gilbert in Viktors Kabine, die Ahab ihm zugewiesen hat, damit er wenigstens ein paar Stunden Ruhe am Tag hat. In der Gemeinschaftskabine kann man nicht zu jeder Tageszeit schlafen.
    „Sie haben aufgehört, Viktor! Sie haben ihren Stoffwechsel umgestellt!“ Viktor ist mit einem Schlag hellwach, obwohl er sich erst vor zwei Stunden hingelegt hat. „Was sagst du?“
    „Die Metamorphose! Sie werden symbiontisch! Lanzett X wird zum intrazellulären Symbionten wie in den Asseln! Verstehst du, sie haben sich angepaßt, weil der Energieve r brauch die kritische Grenze erreicht hatte, das haben sie gemerkt!“
    Mit einem Satz ist Viktor aus der Koje. Noch im Laufen zieht er den Reißverschluß seiner Kombination zu. „Das ist die Chance, Gilbert! Wenn Lanzett X die gleiche Metamorphose wie in den Asseln durchläuft, sind wir aus dem Gröbsten heraus! Hast du schon Doktor Pinn benachrichtigt?“
    „Pinn hat es als erster gemerkt. Er wußte sofort, was los ist. Ich glaube, er hat irgendwie daraufgewartet“, keucht Gilbert atemlos.
    „Der alte Fuchs! Das stimmt, er muß es geahnt haben. Als er mich ablöste, sagte er nämlich: Vielleicht hilft uns Lanzett. Zuerst wußte ich überhaupt nichts damit anzufangen.“
    Sie erreichen das Lazarett und stoßen die Tür auf. Pinn dreht sich lächelnd um, vier mit Blut gefüllte Reagenzgläser in den Händen. „Arbeit für Sie, Kollegen! Es geht bergauf. Jetzt ist es an Ihnen, meinen Befund zu bestätigen. Lanzett baut Kohle n dioxid und Stickstoffverbindungen ab, hat sich völlig umg e stellt.“ Dann überreicht er ihnen die Blutproben.
    Nachdem die beiden Absolventen eilig das Lazarett verlassen haben, geht er zum Medikamentenschrank und öffnet ihn widerstrebend. In seinem Gesicht tobt ein entsetzlicher Kampf. Der Mund ist trotzig zusammengekniffen, doch die Augen blicken gierig. Die weichen fleischigen Finger des Arztes zittern, als er den Schlüssel herumdreht. „Nur einen ganz kleinen, winzigen Schluck…“, murmelt er und streckt die Hand nach der grünen Flasche aus. „Einen ganz winzigen nur, ich habe ihn mir verdient.“ Er setzt die Flasche an den Mund und schließt in Erwartung des glühenden Stromes, der sich in seine Eingeweide ergießt, die Augen. Wie Feuer tobt es durch die Kehle und versengt und verbrennt den schwindenden Willen. Als er die Flasche absetzt, ist sie zu einem Drittel geleert…
    Seufzend schlägt Pinn die Schranktür zu, daß die Gläser und Flaschen wie Eisenketten klirren. Es sind die Ketten, mit denen ihn die Sucht gefesselt hält. Da hilft keine Ausrede, keine Verniedlichung der Gefahr – der eine Schluck Alkohol wirkt auf den Schutzwall, den er mühsam zwischen sich und der Droge errichtet hat, wie eine Ladung Dynamit.
    Pinn weiß selbst nicht mehr so genau, woher er den Mut nahm, mit seinem Teufel abrechnen zu wollen. Das muß daran liegen, daß alle an Bord damit begonnen haben, ihre Teufel auszutreiben, als sei ein guter Geist in die Korridore der Leviathan eingekehrt. Diesem allgemeinen Exorzismus wollte sich der Arzt nicht entziehen. Es ist mißlungen…
     
    Gelbliches Leuchten flackert von der Mattscheibe des Bil d schirms und erhellt das abgedunkelte Labor mit unruhigem Licht. Behutsam läßt Gilbert den Neutronenstrahl des Klei n winkelmikroskops über das Objekt wandern. Der Rechner setzt das Bild der gestreuten Neutronen, eine für das menschliche Auge nichtssagende komplizierte Kurve, sofort in die reale Abbildung eines Lanzetts um. Nicht die geringste Veränderung ist zu erkennen, und doch verhalten sich diese Wesen jetzt völlig anders, sind beinahe friedfertig und freundlich gewo r den.
    Seit wenigen Stunden stillen sie ihren unersättlichen Hunger, indem sie giftige Stoffwechselprodukte des menschlichen Organismus abbauen und dafür Sauerstoff und Stärke abso n dern, statt dem Körper Energie, die er selbst benötigt, zu entziehen und ihn mit giftigen Ausscheidungen zu überlasten.
    Die vier Patienten haben sich erstaunlich rasch erholt. Kein Anzeichen deutet äußerlich auf die Infektion mit Lanzett X hin. Es hat fast den Anschein, als wolle der Mikroorganismus seinen Fehler

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