Im Glanz Der Sonne Zaurak
was ich sage. Wenn Sie wüßten, wie sich die Männer um Sie sorgen! Mehr als einmal waren sie bei mir, um zu erfahren, was mit ihrem Kapitän los sei. Er habe sich so merkwürdig verändert, sei so mild und nachsichtig geworden in den letzten Wochen. Das müsse doch einen Grund haben, ob er vielleicht krank sei? Was sollte ich den Männern darauf antworten, Kapitän Arnold, was?“
„Das ist jetzt auch egal“, sagt Ahab dumpf. „Ich bin nicht besser als Anatol, dem ich das hier zu verdanken habe“, er klopft sich bitter lächelnd gegen die Prothese, „und den ich zwanzig Jahre meines Lebens gräßlich verflucht und gehaßt habe. Jetzt bleibt mir nicht einmal dieser Haß.“
„Nun reicht’s!“ brüllt der Arzt ihn da respektlos und wütend an. „Immer weiter so! Nur zu! Wozu denn auch den schwer e ren Weg wählen, den, der aus der Misere herausführt. Ist ja auch unbequem, sehe ich ein. Hat ja auch überhaupt keinen Spaß gemacht, langsam wieder zum Menschen zu werden. An der Seite dieser jungen Burschen, jawohl! Vor denen Sie sich so gefürchtet haben, Kapitän Arnold!“ Dr. Pinn ist aufgespru n gen und läuft erregt auf und ab.
„Sie hätten nicht erst ein Bein zu verlieren brauchen, Kapitän Arnold! Das ist nur Ihr Alibi! Jede kleine Gemeinheit des Schicksals hätte Sie damals aus der Bahn geworfen, so widerstandslos lassen Sie sich von Ihrem Selbstmitleid treiben… Entschuldigen Sie, so wollte ich das nicht sagen, ich war taktlos“, stottert er, als Ahab den Kopf auf die Knie sinken läßt und die Hände im Nacken ineinander verkrallt.
„Reden Sie weiter!“ verlangt der Kapitän tonlos.
Pinn nimmt hastig einen großen Schluck aus seinem Glas. Dann hält er Ahab die bauchige Flasche hin. Er sagt leise: „Ich schlage Ihnen ein Geschäft vor, Kapitän. Mein Leiden gegen Ihr Leiden. Ich bin genauso hemmungslos wie Sie. Meine Sucht macht mich langsam, aber sicher kaputt. Ihre Sucht ist genauso gefährlich. Noch nie habe ich ernsthaft versucht, davon loszukommen. In Diesem Punkt sind Sie mir weit voraus. Wenn Sie mir versprechen, die Basis zu errichten, trotz allem, schwöre ich Ihnen, das Trinken zu lassen.“
„Das geht nicht, Doktor“, antwortet Ahab müde. „Die Arbeit an der Basis darf nicht fortgesetzt werden. Wir haben es uns zu leicht gemacht. Wir müssen endlich einmal damit aufhören, mordend und sengend durch das All zu ziehen und jeden Handbreit Boden, auf den wir unseren Fuß setzen, zum Eigentum der Menschheit zu erklären. Dieser Planet hat andere Herren. Wir werden ihn verlassen müssen. Die Basis wird auf dem Zweiten errichtet, auch wenn es ungleich schwerer für uns wird…“
„Sie wollen den Planeten verlassen?“ fragt der Arzt traurig.
„Wir müssen“, antwortet Ahab.
Vier von den Verletzten, darunter Leander, haben sich mit Lanzett X infiziert.
Als Viktor das erfährt, bleibt ihm fast das Herz stehen. Sofort setzt er sich mit Pinn und Gilbert zusammen, um Gegenma ß nahmen zu beraten. Die Infektion schreitet rasch voran. Vorsichtshalber isolieren sie die betroffenen Patienten, obwohl Lanzett anscheinend nur durch offene Verletzungen in den menschlichen Organismus gelangen kann. Noch zeigen sich keine krankhaften Symptome, aber der Körper der infizierten Männer wird von den Mikroorganismen förmlich übe r schwemmt, ohne daß er sich dagegen zur Wehr setzt. Die körpereigenen Abwehrmechanismen nehmen überhaupt keine Notiz von der Mikrobe.
Lanzett X widersteht den stärksten Antibiotika, und Dr. Pinn wird allmählich unruhig. Auf Viktors Rat hat er ein aus Seminalplasmin gewonnenes Präparat eingesetzt. Semina l plasmin ist ein Eiweiß, das in der Samenflüssigkeit von Menschen und Säugetieren vorkommt und Bakterien sowie Hefezellen mit einer Wirksamkeit abtötet, die selbst stärkste Antibiotika übertrifft. Das Seminalplasmin besitzt die Fähi g keit, die Membran von Bakterien zu durchdringen und deren RNS-Polymerase funktionsuntüchtig zu machen. Dadurch kann sich das Bakterium nicht mehr teilen und stirbt ab. Da Sem i nalplasmin zwar auch in Säugerzellen eindringt, dort aber keinen Schaden anrichtet, ist sein Einsatz ungefährlich. Außerdem kann man es wirkungsvoll als Transporteur für andere Wirkstoffe in die Zellen von Mikroorganismen benu t zen.
Doch auch dieser komplizierte Behandlungsversuch bleibt wirkungslos. Und dann beginnt die seltsame Metamorphose von Lanzett X. Es fängt damit an, daß Lanzett X dem Körper Energie entzieht, deren Menge
Weitere Kostenlose Bücher