Im Glanz Der Sonne Zaurak
diesem verdammten Stück Papier. Und die gehässige Stimme begnügt sich nicht damit, ihm die Kleider vom Leib gerissen zu haben, sondern zieht ihm auch noch die Haut vom Körper.
„So ein Glück muß man haben, Leute! Kartographieren, kartographieren und nochmals kartographieren. Ein paar Hektar Planetenoberfläche planieren und eine kleine Leitstelle einrichten. Da kann man tatsächlich nicht viel verkehrt machen. Glückwunsch, Malden! Du hast dein Patent so gut wie in der Tasche!“
Leander schnellt herum, und die lässig in den ausgeweiteten Taschen vergrabenen Fäuste krampfen sich zusammen. Das Blut schießt ihm als heiße Woge in den Kopf. Aber noch schlägt er nicht zu. Er weiß, daß er noch einige Sekunden warten muß, bis sich der rote Schleier vor den Augen verzogen hat. Leander schlägt nicht blindwütig, sondern überlegt. Er hat frühzeitig gelernt, dabei kühlen Kopf zu bewahren.
Algert Ponape ist zu weit gegangen. Das zynische Grinsen in seinem Gesicht erlischt wie ein Streichholz im Wind, als Leander die eisblauen Augen auf ihn richtet. Totenstille setzt dem nervösen Getuschel und Geflüster der Prüflinge ein Ende.
Leander macht langsam fünf Schritte auf ihn zu und winkelt die Ellenbogen an.
„Algert Ponape!“ Die Tür zum Zimmer der Prüfungsko m mission hat sich, von allen unbemerkt, geöffnet. Der unifo r mierte Instrukteur für Kaderentwicklung steckt den Kopf in den Warteraum und wiederholt ungeduldig: „Kadett Ponape, Sie sind der nächste!“
Eilfertig springt Algert vom Stuhl und atmet erleichtert auf. Leander läßt die Fäuste wieder in den Jackentaschen ve r schwinden und blickt kalt über die versammelten Kadetten. Keiner hat Ponape recht gegeben, aber auch keiner hat ihm widersprochen. Mit Genugtuung registriert er, daß sie seinem Blick ausweichen. Dann setzt er sich, denn er will noch abwarten, wer alles seiner Gruppe zugeteilt würde.
Getuschel und Geflüster setzen wieder ein. Der Vorfall ist vergessen, man kennt Maldens gefährliche Reizbarkeit und Ponapes scharfe Zunge. Im Moment hat jeder mit sich selbst zu tun, da ist keine Zeit, einen Gedanken zuviel an einen der gewohnten Streitfälle zu verschwenden. Auch Leander denkt nicht mehr an Algerts zynischen Kommentar. Ponape intere s siert ihn nicht. Er ist eine Mücke, die er zerquetschen könnte, wenn er wollte. Beleidigender waren Hauptinstrukteur Tolders Anspielungen auf die Einflußnahme seines Vaters.
Die Tür zum Prüfungszimmer schwingt langsam auf, und Ponapes bleiches Gesicht erscheint im Rahmen. Algert hatte nicht viel zu erwarten, das stand bereits fest, denn im Gege n satz zu den nautischen Fächern, die er mit ausgezeichneten Ergebnissen absolvierte, hat er in den energetischen fast total versagt. Aber schließlich hat er sich für das Diplom „Naut i scher Dienst“ beworben und nicht für die Energetikerlaufbahn, also konnten die Schwächen in einem Randgebiet wohl nicht so sehr ins Gewicht fallen. Er geht schleppenden Schrittes zu seinem Platz und packt die Unterlagen zusammen. Seine Hände zittern leicht. Bevor er das Wartezimmer verläßt, dreht er sich zu Gilbert Ekalla um und preßt hervor: „Wir fliegen zusammen, Gilbert. Wenigstens ein Lichtblick!“
Leander brüllt begeistert auf. Das war tatsächlich einmal eine angenehme Überraschung. Algert Ponape, der widerwärtige Streber, in der schlechtesten Gruppe! Und er ruft ihm höhnisch hinterher: „Dann auf baldiges Wiedersehen, Algert! Kartogr a phieren und nochmals kartographieren. Start-und Landeplätze planieren und eine Leitstelle aufbauen. Wahrlich, wir sind Glückspilze, du und ich. Wir können gar nichts verkehrt machen! Wir haben das Patent so gut wie in der Tasche!“ Die Schadenfreude unterdrückt die aufsteigende Bitterkeit. Jablock, Ekalla, Ponape – und ich! Großer Sirius, das kann heiter werden! denkt er voller Grimm.
Zwei Stunden später weiß er, wer noch zur Mannschaft gehört. Viktor Sandies, der Ernährungsphysiologe, ein kleiner Dicker mit spärlichem Haarwuchs auf dem pausbäckigen Kinderkopf, ist ihm unbekannt, sie haben keine gemeinsamen Vorlesungen besucht. Und Emanuel Pyron, dieser wichtigtuer i sche Schleimscheißer, stört ihn ebenso wenig. Pyron ist nicht schlecht, das ist ihm bekannt, und es hätte nicht dessen ausdrücklichen Hinweis auf einen fünfmonatigen Kranke n hausaufenthalt bedurft, um die schlechten Prüfungsergebnisse zu entschuldigen. Pyrons Sache, wenn er das Angebot, ein Jahr auszusetzen,
Weitere Kostenlose Bücher