Im Glanz Der Sonne Zaurak
abgelehnt hat. Es gibt so manchen, der diesen Ausfall nicht verkraftet hätte, das weiß Leander. Und daß Pyron – von seinem krankhaften Ehrgeiz getrieben – die Prüfungen doch noch in diesem Jahr, wenn auch nicht gerade sehr erfolgreich, absolviert hat, spricht nicht gegen ihn.
Leander zieht das Fazit seines geduldigen Wartens. Keine ausgesuchte Truppe, keiner von denen kann ihm gefährlich werden. Er verläßt das uralte Gebäude der Kadettenschule. Einen letzten Blick wirft er auf den viereckigen, zur Hälfte verglasten Betonklotz, dessen letztes Stockwerk in die tiefhängenden bleigrauen Wolken ragt, und er grinst erleichtert, als er dem in goldenen Lettern gesetzten Spruch über dem breiten Portal, in dem von mühsam zu erstürmenden Gipfeln die Rede ist, ein für allemal den Rücken kehrt. Er ist am Fuß des Berges angelangt. Und mag der noch so gewaltig und unb e zwingbar erscheinen, er – Leander Malden, ehemaliger Kadett der „Istvan Balint“-Schule und jetziger Offiziersanwä r ter – wird es schaffen!
Die Start-und Landeplattform mit ihren Piers und Dockanl a gen bietet das Bild eines im Stadtzentrum gelegenen Parkpla t zes. Sie ist total überfüllt, und im vorgeschriebenen Siche r heitsabstand von zweihundert Kilometern folgt der Außenstat i on Rota ein Schwarm wartender Schiffe wie die Schar Küken ihrer Glucke.
Leander läßt seinen Blick über die Plattform schweifen und genießt beeindruckt das Bild mit stiller Vorfreude. Pier 17, das muß ganz hinten sein, überlegt er und schirmt mit der flachen Hand das grelle, blendende Licht der Tiefstrahler ab, um in der Dunkelheit, in die der hintere Rand der Plattform getaucht ist, die Umrisse der dort stehenden Raumkreuzer zu erkennen. Nichts zu machen. Von hier aus ist nichts zu sehen. Er schlendert gemächlich über die Plattform.
Mit dem Zubringerlift, der unter dem Stahlbetonpanzer in schmalen, knapp mannshohen Röhren dahinjagt, wäre er bedeutend schneller am Ziel. Aber er hat Zeit und außerdem keine Lust, sich in die nie abreißende Schlange vor der Einstiegsschleuse einzureihen. Immer wieder kommt ein Sicherheitsbeamter oder ranghoher Offizier mit grünem Sonderausweis, Leute, die es immer schrecklich eilig haben und die berechtigt sind, den Lift bevorzugt zu benutzen. Da geht er lieber zu Fuß. Das ist zwar nicht verboten, weil ein Betreten der Plattform für viele Arbeiten unumgänglich ist, aber ein großes Schild vor der Luftschleuse weist ausdrücklich darauf hin, daß der Fahrzeugverkehr auf den eingezäunten Straßen zu beachten ist.
Außerhalb der Umzäunung dürfen sich nur bestimmte Pers o nengruppen aufhalten. Ein Raumflieger hat sich vor Jahren einmal über diese Anweisung hinweggesetzt und wollte den Weg zu seinem Kreuzer abkürzen, indem er das hohe Geländer überkletterte. Als die Sicherheitsleute ihn auf ihren Kontrol l monitoren entdeckten, war alles zu spät. Nur wenige Sekunden später verbrannte er im energiereichen Gasstrahl der Land e triebwerke eines aufsetzenden Patrouillenkreuzers…
Leander hält sich dicht an der Umzäunung. An ihm vorbei huschen lautlos Turbotankwagen, einsitzige Kurierroller und die fahrbaren Werkstattwagen des Havariedienstes. Er ist weit und breit der einzige Fußgänger. Neben ihm hält ein Turbota n ker, und der Fahrer fordert ihn zum Einsteigen auf. Im Fahrzeug kann er den Helm abnehmen. „Die Sicherheit hat mir gerade durchgegeben, daß ich dich einladen soll“, sagt der untersetzte, rotgesichtige Mann. „So wie du hier herumirrst, meinen sie, kennst du dich anscheinend noch nicht aus. Das ist denen zu gefährlich bei dem Verkehr.“
Leander murmelt einen flüchtigen Dank. Daß man ihm immer und überall den Neuling ansehen muß! So langsam reicht ihm das.
„Wo willst du hin?“ erkundigt sich der Fahrer.
„Zur Leviathan “, antwortet er kurz und mürrisch.
„Ach, herrje!“ Der Mann betrachtet ihn mit einer Mischung aus Mitleid und Erstaunen. „Zu Käptn Arnolds zusammeng e nagelter Bretterbude?“ vergewissert er sich.
„Wieso, was ist daran so komisch?“ fragt Leander pikiert.
„Kennst du die Leviathan ?“ fragt der andere zurück.
„Gesehen habe ich sie noch nicht…“, sagt Leander zögernd. „Aber immerhin war sie doch mal das Flaggschiff der Sol a ris -Formation!“
„Das ist lange her, mein Junge. Du hast recht, damals war sie das Prunkstück der gesamten Flotte, aber da lag mein Großv a ter noch in den Windeln. Wenn man sie bisher noch nicht ve
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