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Im Glanz Der Sonne Zaurak

Im Glanz Der Sonne Zaurak

Titel: Im Glanz Der Sonne Zaurak Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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Gilbert hat eins festg e stellt: Allem Anschein nach ist die Nukleinsäure Träger einer immensen Menge von Fremdinformationen, die nichts mit der Eiweiß- oder RNS-Synthese zu tun haben!
    Soeben hat er wieder eine Nukleotidgruppe entdeckt, deren Struktur ihm bekannt vorkommt. Es könnte sich um die Vorschrift für den Aufbau der Zellmembran handeln. Der Zentralautomat bestätigt seine Vermutung.
    In diesem Augenblick fliegt die Labortür auf, und Viktor stürzt herein. In der rechten Hand eine Kassette schwenkend, ruft er schon von der Tür aus: „Hör auf, Gilbert! Das haut dich um, was ich hier habe!“ Mit flinken Fingern legt er die Kassette in das Wiedergabegerät ein und betätigt die Taste. Auf dem Bildschirm erscheint ein lanzettförmiges Gebilde.
    „Lanzett X. Na, und deswegen störst du mich?“ fragt Gilbert enttäuscht.
    „Warte ab!“ Viktor lächelt leicht. „Weißt du, wo ich diese Lanzetts gefunden habe?“
    Gilbert schüttelt den Kopf, dann aber sagt er „In den Wü r mern natürlich.“
    „Keine Spur. Im Organismus der toten Assel!“ Jetzt horcht Gilbert interessiert auf.
    „Überreste der Würmer im Verdauungstrakt der Assel – und im gesamten Organismus Lanzetts. Die Assel war regelrecht verseucht damit. Aber das ist noch lange nicht alles! Schau, was für eine seltsame Metamorphose Lanzett X im kalziumi o ne n reichen Milieu des Asselorganismus durchmacht!“
    Auf dem Bildschirm ist zu sehen, wie sich die Lanzetts einander nähern. Ihre Gestalt ändert sich, sie stülpen Auswüc h se und Fortsätze aus, die förmlich nacheinander suchen, zielstrebig tasten, um schließlich miteinander zu verschmelzen. Dabei teilen sie sich unaufhörlich. Nach und nach bildet sich aus den Lanzetts ein pilzartiges Geflecht.
    „Unglaublich!“ stößt Gilbert hervor. „Einzelindividuen, die sich zu Gewebe vereinigen. Was hat das für einen Sinn?“
    „Warte, es geht weiter. Jetzt wird es beinahe unheimlich!“ entgegnet Viktor leise. „Beachte, daß diese Vorgänge nur im Organismus der Assel ablaufen. Lanzett X muß einen Grund haben, aus dem Zyklus des Parasiten auszubrechen!“
    Die Strukturierung des Gewebes ändert sich allmählich.
    „Das sieht ja fast wie ein Perikaryon einer Nervenzelle aus, mit dem typisch bläschenförmigen Nukleus. Und das da – das sind doch Dendriten!“ flüstert Gilbert beeindruckt.
    „Ja, du kannst die einzelnen Phasen der Metamorphose genau unterscheiden. Dort bildet Lanzett sich gerade zu einer Matrixzelle um und stülpt Mikrovilli aus. Und jetzt verwandelt sich die Matrixzelle in eine elongierte Zelle mit innerem und äußerem Fortsatz. Bis sie zur Pyramidenzelle ausreift. Die unwesentlichen Unterschiede beiseite gelassen, handelt es sich eindeutig um Nervengewebe!“
    „Wie ist das möglich? Weshalb geschieht das?“ fragt Gilbert atemlos.
    „Ich weiß nicht, warum sich Lanzett im Organismus der Asseln in Nervengewebe verwandelt. Erst recht ist mir unklar, wie das möglich ist. So etwas ist theoretisch für unmöglich gehalten worden…“
    „Ich weiß es“, sagte Gilbert plötzlich und schaltet den Bil d schirm auf sein Neutronenmikroskop um. Sie sehen die sechsfache DNS. „Die ganze Zeit habe ich überlegt, was es mit dieser ungewöhnlichen Nukleinsäure auf sich haben kann. Weißt du es jetzt? Sie speichert eine uns noch unbekannte Anzahl verschiedener Programme! Wer weiß, was Lanzett X noch alles kann!“
    Eine Weile schweigen sie nachdenklich. Viktor trommelt gedankenversunken mit den Fingern auf der Armlehne seines Sessels. Dann sagt er leise: „Ich habe das Gefühl, bei diesem Parasiten handelt es sich um alles andere als um einen primit i ven Mikroorganismus.“
    „Was sonst?“ fragt Gilbert.
    „Wenn ich mir das ansehe – ich glaube, X ist das Endstadium einer langen und komplizierten Entwicklung. Der Parasit und Lanzett sind wahrscheinlich nur zwei Modifikationen von vielen. Die den Verhältnissen entsprechend einzig möglichen. Aber wer weiß, was für Gestalten dieses Wesen unter anderen Bedingungen annehmen kann…“
    „Was für einen Zweck soll das haben?“
    „Das oberste Prinzip allen Lebens ist die Erhaltung der Art. Mir scheint, X hat einen perfekten Überlebensmechanismus entwickelt, der es ihm gestattet, unter allen nur vorstellbaren Umweltbedingungen weiterzuexistieren. Jedesmal in anderer Form. Lanzett ist nur ein Versuch, dessen Sinn allerdings unklar ist. Da gibt es nämlich noch etwas, paß auf!“
    Die Aufzeichnung zeigt nun

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