Im Glanz Der Sonne Zaurak
er spürt auch, daß das Eis einen Riß bekommen hat. Und irgen d wie ist er stolz auf sich, weil er als erster einen Keil in diesen Riß getrieben hat.
Algert weist auf den Bildschirm. „Da ist wieder eine.“
Im Infrarotlicht leuchtet der Körper der Assel als helle ovale Scheibe mit einem angespitzten Schwanzstück. Das Tier hockt ruhig in wenigen Metern Entfernung von einer Arielkolonie, die sich als eine von hellen Tupfern übersäte Fläche vom übrigen Terrain abhebt. Am Rand des Bildschirms sehen sie einen walzenförmigen Körper durch das Unterholz schleichen. Noch ehe er sich den Ariels auf Sprungweite nähern kann, flammt der Bildschirm grellweiß übersteuert auf. Es ging so schnell, daß die Regelautomatik nicht hinterherkam. In der Dunkelheit des sichtbaren Spektrums sehen sie einen feurigen Finger durch die Büsche stechen. Der walzenförmige Körper bäumt sich auf und platzt auseinander…
„Tatsächlich. Die Asseln schützen die Ariels, du hast recht, Leander.“
Sie haben es bereits zum zweitenmal beobachten können. Anfangs dachten sie, die Asseln würden in die erste Etage klettern, um dort unter den schlafenden Ariels leichte Beute zu machen, doch das Gegenteil ist der Fall.
„Unglaublich! Wenn ich es nicht mit eigenen Augen sehen würde…“, sagt Leander beeindruckt. „Diese wehrhaften Rieseninsekten machen sich nur deshalb auf den beschwerl i chen Weg nach oben, um diese niedlichen Fledermäuse zu beschü t zen!“
Sie kreisen noch einigemal über der Stelle, dann fliegen sie weiter. Am sternenübersäten Himmel sehen sie in weiter Entfernung einen leuchtenden Punkt vorüberziehen, und in demselben Moment dringt ein schwaches Heulen in ihre Ohren.
Algert winkt ab, als Leander ihn darauf aufmerksam macht. „Das sind die Erkunder, die habe ich mit Osmar schon gesehen. Die sollten sich endlich mal um ihre Antriebsaggregate kümmern, das klingt ja schauderhaft!“
„Merkwürdig ist es doch“, sagt Leander. „Dieses Geräusch habe ich noch nie gehört…“
„Was kümmert’s uns. Wenn sie trotzdem mit dem Gleiter fliegen, kann es nichts Ernsthaftes sein. An Defekte sind wir doch gewöhnt, bei der Steinzeittechnik, mit der die Leviathan ausgerüstet ist!“
Leander schweigt. Algert hat ja recht. Wozu soll er ihm widersprechen. Es ist ja gar nicht mal so unangenehm, daß ihr Verhältnis zueinander begonnen hat, sich zu entkrampfen. Algert scheint ähnlich zu empfinden.
Viktor grübelt noch immer. Inzwischen ist von der zweiten Erkundertruppe die Nachricht eingetroffen, daß die Spuren der Asseln tatsächlich zu den Erdlöchern führen. Was sind das für Wesen, die dort tief unter der Oberfläche in den Gängen hausen? Warum hat sich Lanzett X gerade diese Fabeltiere als Endwirt auserkoren? Braucht es vielleicht einen Körper, dem er Vernunft einhauchen kann?
Viktor schiebt diesen Gedanken sofort beiseite, so verl o ckend er auch ist. Das ist ihm einfach zu unwissenschaftlich. Dennoch, er erinnert sich an ein einfaches, aber eindrucksvo l les Exper i ment: Wissenschaftler haben schon vor vielen Jahrhunderten auf der Erde den Versuch unternommen, die Stare – eine Zugv o gelart – künstlich aufzuziehen, in einem völlig hermetisch abgeriegelten Raum. Das einzige, was die Isolation dieses Raumes durchbrechen konnte, waren die alles durchdringenden Neutrinos der kosmischen Strahlung.
Im Herbst versammelten sich die Stare auf der im Süden gelegenen Seite ihres Käfigs. Und dann ereignete sich die Sensation, der eigentliche Beweis für das Erbgedächtnis der Tiere: Nach einer gewissen Anzahl von Tagen wechselten die Tiere ihren Aufenthaltsort und drängten sich in der im Südwe s ten gelegenen Käfigecke zusammen. Zu exakt demselben Zeitpunkt vollzogen ihre in Freiheit lebenden Artgenossen auf ihrem Zug gen Süden den Schwenk nach Gibraltar…
Gibt es in der Nukleinsäure der Lanzetts ebensolche Inform a tionen, die nichts mit der Reproduktion des Individuums zu tun haben?
Wenn ihnen doch nur eine bessere Untersuchungstechnik zur Verfügung stünde! Das Klappen der Tür reißt ihn aus seinen Gedanken.
Pyron steckt den Kopf ins Labor und keucht atemlos: „Sie haben die Agamemnon gefunden!“
Viktor springt auf. Die Agamemnon ! Endlich! Sie hasten beide zur Brücke und kommen gerade noch zurecht, um den Bericht des Leiters des Suchtrupps 8 zu hören.
„…und dieser Riß fiel uns sofort auf. Hätte der Absolvent Pyron kürzlich nicht Bruch gemacht, hätten wir dem
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