Im Herzen der Feuersonne
fast faltenlosen Gesicht,
sah sich um. »Wo ist denn meine kleine Madeleine? Ich habe sie seit fünf Jahren
nicht mehr gesehen.«
»Kommt mit, dort drüben sitzt sie, bei ihrem
Bruder und dessen zukünftiger Frau.« Charlotte führte die neu Angekommene zu
ihrem Tisch, und erst einmal fand eine fröhliche BegrüÃung statt. Madeleine, die
bisher recht mürrisch dagesessen hatte, wurde nun auch lebhaft, denn ihre Patin
war eine groÃzügige Person und bedachte Madeleine stets mit kostbaren
Geschenken.
»Meine Mitbringsel sind noch in den Koffern in
Kapstadt«, lächelte sie, als sie die erwartungsvolle Miene der Achtzehnjährigen
sah. »Aber keine Sorge, mein Liebes, du wirst dich gewiss daran erfreuen. Jetzt
aber möchte ich mich stärken. Wo ist denn eure gute Sina?« Sie drehte sich um
und winkte Sina heran, die sich sofort um die alte Dame bemühte.
»Wollt Ihr nicht erst kurz ins Haus gehen? Und
vielleicht das Reisekleid gegen etwas Bequemeres vertauschen?«, fragte auch
sie.
Doch die Engländerin winkte ab. »Ach was, das
Kleid genügt vollkommen. Es ist mir ganz angenehm, und â¦Â« Sie zwinkerte Sina zu,
»in meinem Alter friert man leicht, da ist der Wollstoff auch im Sommer
angebracht.« Sie drückte Sinas Arm. »Bring mir einen Drink und einen Teller mit
deinen Spezialitäten.«
»Sofort, Lady Gwendolyn.« Sina knickste leicht â
etwas, das sie nur bei ganz wenigen Menschen tat. Dann beeilte sie sich, dem
Wunsch der alten Dame nachzukommen. Sie brachte ihr zartes Lamm, etwas Käse und
vor allem von dem Geflügelsalat, den Lady Gwendolyn ganz besonders liebte.
Als die Dämmerung hereinbrach und die Kerzen in
den Lampions und auf den Tischen entzündet wurden, ergriff Ben noch einmal das
Wort.
»Viele von Euch, liebe Freunde, wissen es
bereits: Unser Sohn Karl hat die Frau gefunden, die er für immer an seiner Seite
wissen möchte: Sophie Rothausen! Schon vor einigen Wochen haben sie sich
verlobt, doch heute wollen wir dieses Versprechen auch offiziell feiern.« Er
winkte Sophie, die zart errötete, und Karl zu sich. »Kommt her zu mir! Ich
wünsche euch alles Glück der Welt für den gemeinsamen Lebensweg. Sophie â ich
bin sehr froh, in dir eine zweite Tochter zu bekommen!« Er küsste Sophie
liebevoll auf die Wangen und drückte Karl an sich.
Beifall brandete auf, alle erhoben sich und
eilten auf das junge Paar zu, um zu gratulieren.
Es ging schon auf Mitternacht zu, und am Himmel
wetteiferten die Sterne mit den Pechfackeln und den Lampions um die Wette, als
das junge Brautpaar Gelegenheit fand, sich für einen Moment ins Haus
zurückzuziehen.
In Bens Arbeitszimmer lagen verschiedene
Glückwunschschreiben, die am Morgen mit einer Kutsche, die frische Früchte und
Fisch fürs Fest geliefert hatte, gebracht wurden. Noch immer war es so geregelt,
dass die Post für das groÃe Weingut im Haus de Havelbeer gelagert wurde. Und so
hatten Sophie und Karl erst jetzt Gelegenheit, ihre Post zu sichten. Bislang war
dazu noch keine Zeit gewesen, die Festvorbereitungen hatten beide zu sehr in
Anspruch genommen.
»Schau nur, sogar Hans Christian Andersen hat uns
gratuliert!« Sophie strahlte, als sie das Schreiben auseinanderfaltete und die
Glückwünsche des dänischen Schriftstellers las, den sie einst als ganz junges
Mädchen kennengelernt hatte.
»Und hier ist ein Brief aus Ãbersee â von
Cornelius Vanderbilt.« Karl Ruhland schüttelte den Kopf. »Dass so ein
bedeutender Mann an uns denkt â¦Â« Er zog Sophies Hand an die Lippen. »Ehrlich
gesagt, wird er höchstens an dich und an deinen Vater gedacht haben; einen
kleinen Winzer aus Südafrika kennt niemand.«
»Man wird dich noch kennenlernen, und das weit
über unser Land hinaus.« Sophie drückte seinen Arm. »Ich weiÃ, was du kannst â
und was du noch leisten wirst. Aber du hast recht, Mister Vanderbilt und Vater
kennen sich seit zwanzig Jahren. Ich würde ja zu gern einmal in die Neue Welt
reisen, mit seiner Eisenbahn fahren und mir dieses weite Land ansehen.«
Karl lächelte seine junge Verlobte an. »Du hast
schon so viel von der Welt gesehen, Liebes. Mehr als die meisten Menschen, die
ich kenne.«
»Aber ich bin immer noch neugierig. Und ich
möchte noch so viel lernen â¦Â« Sophie griff nach dem nächsten
Glückwunschschreiben. Diesmal
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