Im Herzen der Feuersonne
freiem Himmel. Und doch ⦠es war wieder ein
Anlass, sich einige neue Kleider schneidern zu lassen.
Auch Karl stürzte sich in die Arbeit. Er war
morgens der Erste im Weinberg und abends der Letzte, der den Weinkeller verlieÃ,
wo die gesäuberten Fässer darauf warteten, mit dem frischen Most gefüllt zu
werden.
Zum Glück hatte es nur anderthalb Tage lang
geregnet, dann trocknete die Sonne das Land wieder und verlieh den Trauben mit
ihrer Kraft die letzte, entscheidende SüÃe. Ben Ruhland ritt am südlichen
Weinberg entlang, um zu sehen, wie die Arbeit voranging. Hier wuchs sein bester
Wein. Er achtete sorgfältig darauf, dass keine angefaulte Traube den Weg in die
hohen Kiepen fand, mit denen die Männer die Ernte hinüber zum Leiterwagen
brachten, der am Rand des Weinbergs stand. Alle zwei Stunden fuhr Thabo mit dem
Fuhrwerk hinüber zur Traubenpresse.
»Noch vier oder fünf Tage, dann ist die Arbeit
getan!«, rief Ben ihm zu.
»Das kommt hin!« Thabo schob sich den
breitrandigen Strohhut, der schon etliche Löcher hatte, in den Nacken. »Himmel,
ist das eine Hitze! Ein bisschen Abkühlung könnte nicht schaden.«
Ben nickte. »Da stimme ich dir zu. Nur allzu kühl
darf es auch nicht werden. Und vor allem darf es nicht nochmals regnen.«
»Keine Sorge, das wird nicht passieren.« Thabo
wies hinüber zum Tafelberg, der im Licht der späten Sonne einen goldenen Schein
bekommen hatte. »Alles ist ganz klar, nur ein kleiner Wolkenrand ziert den
Gipfel. Das ist ein gutes Zeichen.«
»Ich weiÃ. Dennoch â wir machen noch zwei Stunden
weiter.« Damit gab er seinem Braunen leicht die Sporen und ritt hinüber zum
oberen Abschnitt des Weinbergs. Dort arbeiteten Karl und Sophie neben vier
jungen Schwarzen. Sophie gab sich groÃe Mühe, mit den erfahrenen Erntehelfern
mitzuhalten. Sie achtete nicht auf die Blasen, die sie an den zarten Händen
bekommen hatte, und wehrte heftig ab, als Karl sie bat, doch zurück zum Gutshaus
zu gehen.
»Du überanstrengst dich, meine Liebe«, mahnte er
mehrmals, doch Sophie schüttelte den Kopf. Ihr langes Haar hatte sie unter einem
ziegelroten Tuch verborgen. Sie trug ein einfaches weites Kleid, darüber eine
graue Schürze, die Charlotte ihr gegeben hatte. Verbissen schnitt sie eine
Traube nach der anderen ab und lieà sie in den geflochtenen dunklen Weidenkorb
fallen, der neben ihr stand.
Ben schaute ihr bewundernd zu â und war sich
wieder einmal sicher, dass keine Frau besser zu Karl passte als die zupackende,
kluge Sophie! Jetzt hob sie den Kopf, strich sich eine Strähne ihres dunklen
Haars, die sich gelöst hatte und die unter dem Kopftuch hervorschaute, wieder
hinters Ohr und winkte ihm zu. Sie lächelte, dann wandte sie sich wieder den
Rebstöcken zu, an denen die Trauben dicht an dicht hingen.
Es war ein sonniger Tag im April des Jahres 1825 , als Ben Ruhland die Gäste begrüÃte, die
zahlreich gekommen waren. Sogar der Gouverneur war anwesend, er war in
Begleitung von drei ranghohen Offizieren mit ihren Gattinnen und saà natürlich
am Ehrentisch bei Charlotte und Ben.
Die jungen Mädchen hatten lange Reben zu Kränzen
geflochten und mit bunten Bändern geschmückt. Lampions waren in die Bäume und
hohen Sträucher gehängt worden und tanzten im leichten Wind, der nun endlich vom
Westen her wehte und ein wenig Abkühlung brachte.
Grobgezimmerte Tische und Bänke waren in der
Mitte des weitläufigen Gutshofes aufgestellt worden. Seitlich, dort, wo die
Werkzeuge untergebracht waren, war ein kleines Podium errichtet worden. Hier
hatte eine Kapelle, die aus der Stadt gekommen war, Platz genommen.
Sina und die Küchenhelferinnen hatten Lammfleisch
und Hühnerfleisch gebraten, Kuchen gebacken und frisches Brot. Auch Käse stand
bereit, ebenso zart duftender Schinken aus Italien, den Ben bei einem Metzger in
der Stadt bestellt hatte.
»Liebe Gäste!« Ben, in einem taubenblauen
Jackett, zu dem er eine schwarze Hose trug und eine Brokatweste, die mit
Silberfäden verziert war, hielt ein Glas in der Hand. »Ich möchte Euch danken,
dass Ihr so zahlreich hergefunden habt. Hopeland hat
in den letzten Jahren nicht nur Sonnentage erlebt, es gab auch viel Leid, das
wir ertragen mussten. Doch wir wollen heute, an einem Tag, der so strahlend hell
ist, nach vorn schauen und froh und dankbar sein dafür, dass Gott der
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