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Im Herzen des Kometen

Im Herzen des Kometen

Titel: Im Herzen des Kometen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford , David Brin
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sich damit nur in ein schlechtes Licht setzen.
    Er blickte zur Bildwand. Hinter Virginia zog eine Kamelkarawane durch eine weite sandige Einöde auf eine grüne Palmenoase zu, die halbwegs zum scharf abgezeichneten Horizont in einer Senke lag. Rotgewandete Händler schwankten auf Reitkamelen und blickten mit unverhohlenem Argwohn in Carls Richtung. In der flirrenden Hitze über dem Wüstenboden verschwammen die Gestalten der Männer und Kamele wie in einem Traum. Psychologisch wirkungsvoll, kein Zweifel, aber Carls kalte Füße wurden davon nicht wärmer.
    »Du wirkst angespannt, Virginia. Hast du Kummer?«
    »Johnvon ist… krank.«
    »Ich hörte davon. Ah – funktioniert er nicht richtig?«
    »Er ist eine organische Matrize. Saul glaubt, er sei von einheimischen Erregern infiziert. Ich hoffe, er kann ein Heilmittel finden.«
    Sie fing an, das Problem zu erläutern, die Analogie zwischen Johnvons nichtbelebten organischen Bestandteilen und gewöhnlichem Fleisch und Blut, und wie es komme, daß Johnvon sich mehr als in nur bildlicher Ausdrucksweise ›erkälten‹ könne. Carl hörte zu und betrachtete sie. Noch immer spürte er die alte Anziehung, dieses träge warme Begehren, das in ihm aufwallen konnte, wenn er es dazu kommen ließ. Ihr voller, schön geschwungener Mund, die hohen Backenknochen…
    »Ist Johnvon unsterblich, so wie Saul es zu sein behauptet?« fragte Carl.
    »Saul könnte ihn dazu machen, wenn er ein Heilmittel findet. Und wenn er in seiner Selbstdiagnose recht behält.«
    »Ich glaube immer noch, daß es Humbug ist.«
    Sie sagte spröde: »Wir müssen die drei aus den Kühlfächern so bald wie möglich untersuchen.«
    Sie schien völlig überzeugt von der Richtigkeit der Theorie. War es möglich, daß Lintz recht hatte, oder handelte es sich bloß um die Identifikation einer liebenden Frau? Er hatte sie für zu intelligent und ehrlich gehalten, als daß sie sich von ihrer Liebe völlig könnte blenden lassen. Aber wenn sie an Sauls Theorie zweifelte, hätte sie es sicherlich durch irgendein Zeichen erkennen lassen…
    »Gut, nehmen wir an, ein Wunder geschieht! Dann werden wir mehr Anbaufläche benötigen. Und wir werden bestrebt sein müssen, nahezu alle Kranken nach und nach aus den Kühlfächern zu holen. Vielleicht – wer weiß? – kann Saul dann sogar einige von denen mit Trauerrand heilen.«
    »Kapitän Cruz?«
    Der Gedanke war Carl noch nicht gekommen. »Vielleicht«, sagte er, seine Verwirrung zu verbergen. Die Wiederbelebung von Vorgesetzten bedeutete freilich, daß seine eigene Rolle ausgespielt wäre. Aber es würde trotzdem großartig sein, wieder mit dem Kapitän zusammenzuarbeiten, mit jemandem, der sich darauf verstand, Dinge in Bewegung zu bringen…
    »Es würde in den paar Jahren bis zum Aphel [ii] gewaltiges Gedränge geben.«
    Virginias Miene hellte sich auf. »Wir können es schaffen. Ich weiß es.«
    »Richtig.« Und Carl zwang ein hoffnungsvolles Lächeln um seine Lippen. Warum nicht optimistisch sein? Es konnte nicht schaden, nach allem, was geschehen war. Schlimmstenfalls würde sich Saul Lintz als ein großsprecherischer Windbeutel erweisen. Und bestenfalls könnte es sogar gelingen, die Rückstoßgeräte in Position zu bringen, die Bahn zu verändern und mit der Mission fortzufahren. Dann erst würden die wirklichen Schwierigkeiten und Kämpfe beginnen, wenn es nämlich um die Frage ginge, welches Ziel dieser alte Eisball ansteuern sollte.
    Carl wußte außerdem gut genug, daß selbst Wunder ihre unwillkommenen Folgen haben, und er fragte sich, was die neu aufkeimenden Hoffnungen für das Leben und die weitere Entwicklung der Stämme bedeuten würde.

 
9

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VIRGINIA
     
     
    Virginia wischte sich die Augen. Ohne nennenswerte Schwerkraft hingen die Tränen in zitternden Tropfen an den Wimpern und in den Augen, zusammengehalten von Oberflächenspannung. Man mußte kräftig den Kopf schütteln oder sie abtupfen, wollte man sie loswerden. Entweder dies, oder man sah die Welt gebrochen durch die kleinen Salzwasserlinsen des Schmerzes.
    »Wird er wieder in Ordnung kommen?« fragte sie, und ihre Stimme zitterte wie die eines kleinen Mädchens. Aber sie schämte sich dessen nicht. Viele Leute hingen an bestimmten Gegenständen ebensosehr oder noch stärker an anderen Menschen. Und Johnvon war sehr viel mehr als eine Puppe oder ein Kuscheltier.
    »Ich glaube…« Sauls Stimme drang bald laut, bald wie ein Flüstern aus dem holographischen Projektionsraum, einem

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