Im Herzen des Kometen
sind nicht Meinungsträger.«
Carl schüttelte den Kopf. Im mißfiel die pedantische Art, die Wissenschaftler im Gespräch mit Leuten wie ihm unweigerlich annahmen, als ob ihr Fachjargon sie besser, klüger oder weiser machte. »Sehen Sie – die Arbeiten am Projekt der Bahnveränderung durch künstlich gesteuerte Ausgasung, die Personalentscheidungen, die Zusammensetzung der Arbeitsschichten – alles liegt in den Händen von… Ihresgleichen.«
»Sie vermuten, Bethany Oakes oder andere werden die Früchte solcher Projekte für sich behalten? Um sie und die zugehörigen Techniken bei der Rückkehr meistbietend zu verkaufen?«
»Die Möglichkeit ist nicht von der Hand zu weisen, Saul«, sagte Virginia.
Saul schien überrascht, dies von ihr zu hören. »Ich fürchte, für mich ist das unmöglich. Eine solche Anschuldigung, verbunden mit der direkten Unterstellung, daß es eine Art Verschwörung des normalen Kontingents gäbe…«
»Siehst du?« sagte Carl zu Virginia. »Er nennt seine Leute ›normal‹. Daraus folgt, daß wir es nicht sind.«
»So habe ich es nicht gemeint«, sagte Saul steif.
»Aber so kam es heraus!«
Virginia sagte: »Carl, du kannst nicht auf alles springen, was…«
»Tue ich auch nicht. Ich halte nur Ausschau, und wenn ich Rauch sehe, dann muß es Feuer geben.« Ihm war warm geworden, und er stürzte sein Getränk hinunter.
Saul schwieg eine Weile und befeuchtete sich die Lippen. »Wenn Sie etwas über mich wüßten, Carl, würden Sie verstehen, daß ich Ihresgleichen nicht feindselig gegenüberstehe. Ganz im Gegenteil.« Sein Blick fixierte Carl. »Ich nehme an, Sie würden es früher oder später doch erfahren… Ich habe jahrelang mit Simon Percell gearbeitet.«
Carl war verblüfft. Virginia hauchte: »Wirklich? Ich hörte Gerüchte, glaubte aber nicht daran.«
»Bloß in der Nachsorge. Unser letztes Projekt galt der Untersuchung von Abweichungen in der Aktivationsebene von Lupus erythematosus. Sie werden sich vielleicht erinnern, daß dies eine der wichtigsten Krankheiten war, von denen Percell sie befreite. Dieses schreckliche, unbehandelbare Leiden, das die Haut, das Bindegewebe, die Milz und die Nieren angreift.«
Virginia nickte. »Meine Mutter starb daran.«
Saul nickte. »Auch Ihre Großmutter.«
»Woher wußten Sie das?«
»Ich erinnere mich an Ihren Fall. Simon führte die notwendigen Veränderungen in der DNS Ihrer Mutter aus, als ich die Technik lernte.«
Virginia sah ihn groß an. »Haben Sie auch…?«
»Die eigentliche Arbeit getan? Ich erinnere mich nicht daran, offen gesagt. Als Assistent war ich an vielen gezielten Erbgutveränderungen beteiligt, manchen, die experimentellen Charakter hatten, und anderen, die durchaus praxisbezogen waren.«
»Dann könnten Sie…«
Saul räusperte sich, wich ihrem hingerissenen Blick aus. »Es war eine rein mechanische Aufgabe. Sehr wenig Forschung dabei, im Gegensatz zu meinem Teil. Ich untersuchte, wie die entstehenden… äh… Zellen auf chemische Eindringlinge reagierten, die bei gewöhnlichen Lupusfällen ein spontanes Ansteigen der Erkrankungsrate verursachen würden.«
»Und meine waren nicht so?«
»Sie waren offensichtlich einer unserer Erfolge. Ich hoffe, Sie haben keine Spur von Lupus?«
Sie schüttelte den Kopf. »Das verdanke ich Ihnen.«
»Nein, Simon Percell. Ich ging nur zu ihm, seine Techniken zu lernen. Das geschah während der wenigen Jahre, in denen er volle Unterstützung genoß, als alles möglich war. Wie wir uns einbildeten.«
»Ich wußte nicht, daß Sie mit Percell gearbeitet haben«, sagte Carl. Er war bekümmert. Wahrscheinlich war Saul dabei gewesen, als die Gene von Carls Mutter behandelt und von der mikroskopischen molekularen Anordnung befreit worden waren, die erbliche Leukämie übertrugen. Dann hatten sie zusätzliche DNS-Strukturen eingebaut, um ihm die körperlichen Verbesserungen zu geben, die ihn nun als einen ›Percell‹ auszeichneten. In Carls Verständnis war diese kleine mutige Gruppe von Gentechnikern legendär. Er hatte noch nie einen aus diesem Kreis kennengelernt.
Saul schlug die Beine übereinander, zupfte in sichtlichem Unbehagen an der Bügelfalte. Carl begriff, daß der Mann ziemlich häufig ähnliche Begegnungen haben mußte und die angestauten Emotionen, die aus jedem beliebigen Percell hervorbrechen mochten, mit gemischten Gefühlen erwartete.
»Ich… es tut mir leid, was ich sagte«, murmelte er.
Saul nickte schweigend. Auch er hielt hinter schmalen Lippen
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