Im Herzen Des Lichts
Milch wurde in hölzernen Bechern serviert, die sich durch die schweißigen Hände Hunderter von Gästen dunkel verfärbt hatten. Während der Wirt offensichtlich überlegte, ob er nach der Münze greifen oder zuerst das Bier zapfen sollte, sagte Samlor: »Ich versuche einen Mann in dieser Stadt zu finden und hoffe, Ihr könnt mir helfen. Es geht um ein Geschäft, aber kein -gefährliches Geschäft.«
Das entsprach der Wahrheit, doch weder der Wirt noch irgendeiner in dieser Spelunke würde es glauben.
Nicht, daß es sie berührte, solange sie in guter Münze bezahlt wurden.
»Ein Stammgast?« fragte der Wirt leise, während seine Hand nun doch nach dem Goldstück langte, das Samlor noch nicht loszulassen bereit war.
»Das bezweifle ich«, antwortete der Cirdonier mit einem falschen, flüchtigen Lächeln. »Er heißt Setios. Ein Geschäftsmann, ein Bankier möglicherweise. Oder vielleicht jemand, der mit Magie zu tun hat. Ich hörte, daß er einen Dämon in einer Kristallflasche gefangenhält.«
Man konnte nie wissen, wie jemand auf die Erwähnung von Zauberei oder eines Magiers reagierte. Manche Männer konnten erbleichen und zurückweichen - oder versuchen, einem die Kehle durchzuschneiden, um nicht mehr hören zu müssen.
Der Wirt lächelte nur und sagte: »Vielleicht kennt ihn jemand. Ich werde mich umhören.« Er drehte sich um. Die Münze verschwand in einer Tasche seines Schurzes.
»Oheim, es gefallt mir nicht.«
»Und das Bier, Freund«, rief Samlor etwas lauter.
In einer solchen Schenke gab es für ein Kind wenig Geeignetes zu trinken. Stern hatte keine Jahrzehnte Karawanenleben hinter sich, keine Tage, an denen irgendein Trunk besser war als das Lächeln einer Göttin. Das Bier war vernünftiger als das, was hier als Wein ausgeschenkt wurde, und beides war gesünder als das Wasser hier.
»Das ist ein ganz besonderes Messer«, sagte eine Stimme an Samlors Schulter.
Der Cirdonier drehte sich mit ausdruckslosem Gesicht um. Er war fast bereit, seinen Sinnen nicht zu glauben, daß dieser Fremde immer noch versuchte, ihm einen Dolch zu verkaufen, und das in einer Schenke, wo unerwünschte Hartnäckigkeit gewöhnlich zu irgend jemands Tod führte.
»Laßt mich in Ruhe!« warnte Samlor, »oder ich schmeiße Euch durch ein Fenster.« Er deutete mit dem Kopf auf die Wand, wo Weidengeflecht die großen Öffnungen zu beiden Seiten der Tür schützten.
Samlor meinte genau, was er sagte, obwohl es Unannehmlichkeiten verursachen würde, die er wirklich lieber vermied.
Stern war nicht die einzige, die vor Erschöpfung gefährlich unruhig war.
Der Mann wirkte nicht bedrohlich, nur aufreizend. Er war zwischen ein und zwei Zoll kleiner als Samlor, hatte einen fast weibisch feinen Knochenbau und trug einen weißen Linnenkilt mit scharlachrotem Saum, der auf einer Seite durch einen Gürtel aus prächtigem Goldbrokat geschürzt war. Sein langer Umhang war aus weichem, blauem Tuch, doch sein Oberkörper darunter war nackt. Die Haut schimmerte kupferbraun und seine Brust war zwar unbehaart, aber muskulös.
Der Fremde blinzelte und wich einen halben Schritt zurück. Samlor fing die beiden Biere auf, die ihm der Wirt über die glatte Platte des Schanktischs zuschob.
»Da, Stern.« Der Cirdonier reichte eines seinem Mündel hinunter. »Es ist das Vernünftigste, also jammere nicht. Ein andermal gibt es etwas, das dir lieber ist, ja?«
Das Bier war in Lederkrügen, und der Teer, mit dem die Nähte gedichtet waren, verlieh dem Getränk seinen eigenen Geschmack. Hier war man daran gewöhnt, doch nicht Samlor, geschweige denn seine Nichte.
Der Wirt winkte einen mausgrauen Mann an einem Ecktisch herbei. Samlor wäre die Aufforderung gar nicht aufgefallen, hätte er sie nicht erwartet. Die beiden Männer begannen am hinteren Ende des Schanktischs mit gesenkten Stimmen zu reden.
Die Schenke wurde durch eine Laterne hinter der Theke beleuchtet und durch Lampen, die in der Mitte der Stube von einem Bügel an der Decke hingen. Besonders gutes Licht gaben diese billigen Öllampen nicht ab, die Flammen waren von Rauch überlagert, so daß die Gaststube in einem Dunst lag, der so bitter war wie die Gesichter der Gäste.
»Wirklich, Meister Samlor«, sagte der Fremde, »Ihr müßt Euch diesen Dolch ansehen!«
Sein Name hielt für den Cirdonier die Zeit an, obwohl offenbar niemand sonst im Wilden Einhorn darauf geachtet hatte. Die stumpfe Seite der Klinge schaute zu ihm. Der schlanke Mann hielt den Griff zwischen Daumen und
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