Im Herzen Des Lichts
verdient gut. Das ist für dich und ihre Geschwister, sagte sie. Es ist beachtlich viel firaqanisches Gold, Teretaff. Geh damit zu einem vertrauenswürdigen Bankier und sieh zu, daß er dir diese Münzen zu einem guten Kurs umwechselt.«
Teretaff lächelte, dann lachte er, und es war ihm entsetzlich peinlich, als sein Lachen zum Schluchzen wurde. Auf mütterliche Weise umarmte ihn seine Tochter Jileel, während Hanse verlegen zurückwich.
»Ich muß jetzt gehen.« Er schluckte. »Habe eine Verabredung, wißt ihr.«
»Junger Mann.«
Wieder schluckte Hanse. »Mein Name ist Hanse, Ma’am.«
»Gut, Hanse. Und mich nennt man die Xanthippe. Du weißt, daß ich die oberste S’danzo mit der Gabe bin. Mondblume mochte dich, das weiß ich, und Mignureal - nun. Ich muß zugeben, daß ich nie viel von dir hielt. Das hat sich geändert. Betrachte mich als mütterliche Freundin, Hanse.«
Hanse mußte schon wieder schlucken. Es war seine Art, sich nicht geehrt zu zeigen. Plötzlich änderte sich seine Haltung, und er grinste breit.
»An meinem Handwerk hat sich nichts geändert, Xanthippe.«
Sie blinzelte. »Ich höre wohl nicht recht. Eine Freundin vertraute dir einen Beutel voll Gold für ihren Vater an, und du hast ihn diesen weiten Weg hierhergebracht.«
Verdammt! »Nun, das ist was anderes. Das werdet Ihr doch niemandem sagen, oder?«
»Was?«
Hanse zuckte mit den Schultern. »Ich muß an meinen Ruf denken.«
»Aber junger Ma., Hanse hat einen schlechten Ruf!«
Hanse nickte. »Es ist meiner, Xanthippe.«
Jileel, die zwischen der alten Frau und ihrem Vater stand, kicherte.
Die Xanthippe schüttelte den Kopf. »Wie auch immer, ich habe gesprochen. Du wirst mich als Freundin erachten, Hanse!«
»Ich werde daran denken. Aber jetzt muß ich weiter.«
Als er ging, hörte er noch die Stimme der Xanthippe: »Schön, Jileel, vergewissern wir uns noch einmal, ob das wirklich die Sicht war. «
Hanse rief Wunder und dachte an die beachtliche Summe, die er heimlich in Firaqa bei dem Bankier für Mignue hinterlegt hatte, die liebe Mignue.
Er fand eine passable Unterkunft im Roten Hof im Labyrinth und erfreute die Wirtin mit ein paar Münzen als Vorauszahlung. Silky war dafür, daß sie sogleich das Bett ausprobierten. Doch so kurz nachdem er Mignureals Familie verlassen hatte, konnte Hanse das einfach nicht. Und er konnte es auch nicht zugeben. Er gab zu bedenken, daß sie erst Arbeit für Silky finden mußten, und so schauten sie sich um. Irgendwann am Nachmittag wurde ihm auch klar, daß er nicht die Absicht hatte, mit dem braunhaarigen Mädchen zusammenzuleben, das er in seiner Einsamkeit oben in Suma erworben hatte. Gut, das würde er in den Griff bekommen; er war nicht an sie gebunden, und ganz offensichtlich gefiel ihr das Labyrinth nicht, wo Hanse zu Hause war.
Er gab Silkys Betteln nach, eine Melone zu kaufen. Als er sie teilte, bemerkte er, daß sich der Holzgriff seines Lieblingsmessers gelockert hatte.
»Verdammt!«
Als nächstes bemerkte er, daß Silky sich angeregt mit einem anderen Kunden des Straßenhändlers unterhielt, einem Rankaner. Gut, dachte er und entfernte sich ohne jegliche Gewissensbisse. Silky war nur Silky, eine vorübergehende Verliebtheit, aber ein schadhaftes Messer war eine ernste Angelegenheit. Indem er alle möglichen Abkürzungen benutzte, gelangte er schnell in die Gerberstraße. Drei Blocks vor Fuchs’ Kneipe befand sich Zandulas’ Gerberei. Man brauchte bloß der Nase zu folgen, um sie und das betriebsame Geschäft von Zandulas’ Nachbarn, Cholly, zu finden. Hanse wollte zu Cholly, dem Leimsieder. Sicher, sein voller Name war Chollander, doch so nannte ihn lediglich sein Eheweib. Cholly verrichtete so allerlei wichtige Dienste für Freistatt, zu denen unter anderem auch die Herstellung von Leim gehörte. In einer Stadt, wo man damit rechnen konnte, daß bei Sonnenaufgang Tote herumlagen, war ein Mann, der kostenlos die Straßen von Leichen säuberte, sehr nützlich.
Der Bär von Mann begrüßte Hanse herzlich und überrascht. »Wieso hast du dich so lange nicht mehr sehen lassen, Hanse? Muß schon über ein Jahr her sein.«
Cholly war allein in seinem vollgestopften Geschäft, was bedeutete, daß seine zwei Helfer in seinem Auftrag unterwegs waren. Wahrscheinlich um Bestellungen entgegenzunehmen oder auszuliefern: Leim oder die Nebenprodukte von Jollys Gewerbe wie Schmuck, gebrauchte Kleidung, Knochen oder auch schönes langes Haar zur Anfertigung von Perücken.
Kurz und
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