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Im hohen Gras

Im hohen Gras

Titel: Im hohen Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S King
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Cal war immer so ungeduldig . Sie natürlich auch.
    Das nasse Gras strich ihr über Bluse, Shorts und Beine. Aus der Bademaschine erklang, dachte Becky. Ihr Unterbewusstsein spuckte einen halb verdauten Limerick aus, einen von Edward Gorey. Ein Dröhnen, von dem wurde mir bang. Es schallte weithin, und die irgendwas irgendwas fliehn, bla, bla, bla. Im Literaturseminar hatte sie einen Aufsatz über Limericks geschrieben, den sie für ziemlich klug gehalten hatte, wenngleich ihre Mühen schließlich nur mit einem Kopf voller dämlicher Reime und einem Befriedigend belohnt worden waren.
    Anstelle des Automaten meldete sich nun eine menschliche Stimme. »Notrufzentrale Kiowa County. Wo befinden Sie sich, und was für ein Notfall liegt vor?«
    »Ich bin auf der Route 73«, sagte Becky. »Den Namen von dem Ort hier kenne ich nicht, aber da ist irgendeine Kirche, die Der Fels des Erlösers heißt … und so eine Rollschuhbahn … nein, wohl eher eine Bowlingbahn … und da hat sich ein Junge im Gras verirrt. Seine Mutter auch. Wir hören sie rufen. Der Junge ist ganz in unserer Nähe, die Mutter noch weiter weg. Der Junge klingt verängstigt, und die Mutter klingt irgendwie …« Sonderbar, wollte sie noch sagen, hatte aber nicht mehr die Gelegenheit dazu.
    »Entschuldigen Sie, die Verbindung ist ziemlich schlecht. Bitte wiederholen Sie …«
    Und dann nichts mehr. Becky betrachtete ihr Telefon – nur noch ein Balken. Auch dieser verschwand vor ihren Augen und wurde durch die Anzeige Keine Verbindung ersetzt. Als sie aufschaute, war ihr Bruder vom Gras verschluckt worden.
    Über ihr zog ein Jet in fünfunddreißigtausend Fuß Höhe einen weißen Kondensstreifen hinter sich her.

    »Hilfe! Helfen Sie mir!«
    Der Junge war ganz nahe, wenn auch nicht so nahe, wie Cal gedacht hatte. Und ein Stück weiter links.
    »Gehen Sie zur Straße zurück!«, brüllte die Frau. Jetzt klang auch sie irgendwie näher. »Schnell, solange Sie dazu noch in der Lage sind!«
    »Mama! Mami! Sie wollen uns doch HELFEN! «
    Dann schrie der Junge nur noch, ein ohrenbetäubendes Kreischen, das plötzlich in hysterisches Gelächter umkippte, gefolgt von einem Geräusch, als würde jemand um sich schlagen – in Panik vielleicht oder um sich zu wehren. Cal stürzte in diese Richtung, überzeugt davon, jeden Moment auf eine Lichtung zu gelangen, wo der Junge – Tobin – und seine Mutter von einem messerschwingenden Irren angegriffen wurden, der wie einem Tarantino-Film entsprungen aussah. Cal kam zehn Schritte weit, viel zu weit, wie ihm in dem Augenblick klar wurde, wo sich das Gras um sein linkes Fußgelenk wickelte. Er strauchelte und wollte sich irgendwo festhalten, bekam jedoch nur noch mehr Gras zu fassen. Beim Stürzen riss er mit beiden Händen Büschel heraus, aus denen ihm klebriger, grüner Saft über die Unterarme lief. Er schlug der Länge nach hin, und zu allem Überfluss schnorchelte er auch noch Schlamm in die Nase. Großartig! Wieso war nie ein Baum in der Nähe, wenn man einen brauchte?
    Er stemmte sich auf die Knie hoch. »Kleiner? Tobin? Wo bist …« Er musste niesen, wischte sich übers Gesicht und roch jetzt Grasglibber, wenn er einatmete. Es wurde immer besser. Ein Fest für alle Sinne. »Du musst laut rufen! Und deine Mama auch!«
    Mama schwieg. Der Junge nicht.
    »Bitte helfen Sie mir!«
    Jetzt befand er sich irgendwo rechts von Cal, und es klang, als wäre er noch viel tiefer im Gras als zuvor. Wie war das möglich? Vorhin klang er zum Greifen nahe.
    Cal drehte sich nach seiner Schwester um, sah jedoch nur Gras. Hohes Gras. Wo er hindurchgerannt war, hätte es niedergetrampelt sein müssen, aber das war es nicht. Selbst dort, wo er gestürzt war, richtete es sich bereits wieder auf. Das Gras in Kansas war wirklich verdammt widerspenstig. Und ziemlich hoch.
    »Becky? Beck?«
    »Bleib cool, ich bin gleich da«, sagte sie. Noch konnte er sie nicht sehen, aber das würde gleich der Fall sein; sie war schon ganz dicht bei ihm. Und sie klang genervt. »Ich hab plötzlich die Verbindung zu dieser Tusse vom Notruf verloren.«
    »Schon okay. Hauptsache, du verlierst die Verbindung zu mir nicht.« Er wandte sich wieder um und legte die Hände trichterförmig an den Mund. »Tobin!«
    Nichts.
    »Tobin!«
    »Ja-a?« Wie aus weiter Ferne. Himmelherrgott, was hatte der Junge eigentlich vor? Wollte er sich etwa nach Nebraska absetzen? »Kommen Sie? Sie müssen mir helfen! Wo sind Sie denn?«
    » BLEIB STEHEN, KLEINER! « Cal schrie so laut,

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