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Im Kerker der schönen Justine

Im Kerker der schönen Justine

Titel: Im Kerker der schönen Justine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Da war jemand von außen eingestiegen. Dazu musste er das Fenster gewaltsam geöffnet haben, denn der Patient war bestimmt nicht aus dem Bett gestiegen, um es aufzuziehen.
    Lilian Smith stand mit beiden Füßen mitten im Leben. Sie dachte rational und schaute sich das Fenster genauer an. Tatsächlich, man hatte es von außen geöffnet. Aufgebrochen konnte man dazu sagen. Oder aufgehebelt. An der unteren Seite des Rahmens waren noch die Holzsplitter zu sehen.
    Als sie das sah, war ihr klar, dass sich jemand diesen Kranken bewusst ausgesucht hatte. Cecil Frazer lag allein. In einem der anderen Zimmer hätte der Eindringling es nicht geschafft. Da wären zu viele Zeugen vorhanden gewesen. Hier nicht.
    Aber wer, zum Henker, hatte ein Interesse daran, Cecil Frazer zu entführen?
    Es war unmöglich, darauf so schnell eine Antwort zu finden. Und schon gar nicht sie allein. Deshalb musste sie sich mit den anderen Mitarbeitern besprechen. Der Nachtdienst schiebende Arzt musste zuerst informiert werden. Ihre Kolleginnen und auch den Pfleger wollte sie noch außen vor lassen.
    Lilian Smith zog sich zurück. Das Licht ließ sie brennen, und sie schloss die Tür, nachdem sie das Krankenzimmer verlassen hatte. Die Tür nebenan gehörte zu einem kleinen Bad, in dem es auch eine Toilette gab. Die Schwester glaubte zwar nicht daran, trotzdem öffnete sie die Tür und warf einen Blick in den dahinter liegenden Raum, der leer war. Der Geruch von Desinfektionsmitteln kitzelte ihre Nase.
    Lilian Smith ging den gleichen Weg wieder zurück. Und er fiel ihr nicht leicht. Schwer waren die Beine geworden, und die Füße schlurften über den Boden.
    Der Weg kam ihr wie eine Folterstrecke vor. In dieser Nacht war Dr. Pete Bonham der Chef. Ein zumeist etwas mürrischer Mann, der schon lange Dienst tat und gern seine Ruhe hatte.
    Dafür konnte Lilian heute Nacht nicht garantieren.
    Wenn sich der Arzt nicht bei einem Patienten aufhielt, saß er in seiner kleinen Bude, in die ein Notbett, ein Medikamentenschrank, ein kleiner Tisch und zwei Stühle hineingeklemmt worden waren. Aber es gab auch ein Telefon. Das hatte auf der Fensterbank seinen Platz gefunden, ebenso wie die Kaffeemaschine.
    Lilian Smith klopfte an, bevor sie den Raum betrat.
    »Ja, herein.« Bonham’s Stimme hatte sich nicht sehr freundlich angehört. Um diese Zeit kein Wunder.
    Die Schwester öffnete sehr vorsichtig die Tür. Sie holte dabei noch tief Atem. Sie wusste, dass sie nicht eben beglückend aussah, und das war ihr jetzt auch egal.
    Dr. Bonham lag auf dem Bett. Ob er geschlafen hatte oder nicht, konnte Lilian nicht sagen. Bei ihrem Eintreten jedenfalls richtete er sich mit einer langsamen Bewegung auf, strich das graue Haar zurück, setzte sich die Brille auf und fragte: »Was ist denn passiert?«
    Die Antwort brach aus Lilian hervor. »Der Patient Cecil Frazer ist spurlos verschwunden...«
    ***
    Lilian hielt die Kaffeetasse mit beiden Händen fest. Das musste sie auch tun, sonst hätte sie einiges von der braunen Brühe verschüttet. Sie hatte Dr. Bonham alles erzählt und wartete jetzt auf eine Reaktion seinerseits.
    Er sagte zunächst nichts. Als er Atem holte, hörte es sich schnaufend an. Dann knetete er sein zerfurchtes Gesicht und kam endlich dazu, eine Frage zu stellen.
    »Sie haben sich nicht geirrt, Mrs. Smith?«
    »Nein, das habe ich nicht. Wieso auch?«
    »Ich dachte da an Überarbeitung.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Warum?«, fragte der Arzt. »Können Sie sich einen Grund vorstellen, weswegen so etwas passiert?«
    »Kann ich nicht, da bin ich ehrlich genug. Aber was nutzt es uns, wenn wir hier herumsitzen, ich denke, dass Sie sich das Zimmer mal anschauen sollten.«
    »Ja, das finde ich auch.« Der Arzt warf seiner Krankenschwester beim Aufstehen einen schiefen Blick zu. »Ich bin mal gespannt, wie sich die Sache auflöst.«
    »Sie glauben mir noch immer nicht?«
    Dr. Bonham winkte ab. »Doch, schon. Ich würde Ihnen ja gern glauben, denn Sie sich eine Fachfrau und schon verdammt lange im Job. Aber noch hört sich für mich alles sehr unwahrscheinlich an, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »In diesem Fall ja. Ich hätte es ja selbst nicht geglaubt, hätte ich es nicht mit eigenen Augen gesehen.«
    »Das stimmt schon.« Er lächelte der Frau mit den kurzen, schwarz gefärbten Haaren knapp zu. »Ich bin nur froh, dass Sie zu mir gekommen sind und keiner anderen Personen Bescheid gesagt haben. Die Kolleginnen hätten sie unter Umständen

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