Im Koenigreich der Traeume
Möglichkeit hat, auf die Mauern zu klettern oder sich darunter durchzugraben«, murmelte er an ihren Lippen, »kann er nur noch versuchen, Feuer zu legen, indem er uns mit brennenden Pfeilen bombardiert. Deshalb haben alle Gebäude im Hof Ziegel- und keine Strohdächer mehr.«
Atemlos von seinem Kuß schmiegte sich Jenny in seine Arme. »Ihr seid sehr gründlich, Mylord«, neckte sie ihn bedeutungsvoll.
Ein Lächeln huschte über sein gebräuntes Gesicht. »Ich beabsichtige zu behalten, was mir gehört.«
Seine Worte erinnerten sie daran, daß sie selbst nicht in der Lage gewesen war, die Dinge, die ihr einst gehört hatten, zu behalten - Dinge, die sie einmal ihren Kindern hätte weitergeben sollen.
»Was ist mit dir?« fragte Royce, als er bemerkte, daß sich ihre Miene verdüsterte.
Jenny zuckte mit den Achseln und entgegnete leichthin: »Ich dachte bloß, daß es ganz natürlich ist, daß du Kinder haben möchtest und ...«
Er drückte ihr Gesicht an seines und flüsterte: »Ich möchte deine Kinder.« Sie wartete und betete, daß er endlich sagen würde: »Ich liebe dich«, und als er es nicht aussprach, redete sie sich ein, daß das, was er gesagt hatte, so gut wie ein Liebesgeständnis war.
»Ich habe früher sehr viel besessen - Juwelen und anderes«, fuhr sie wehmütig fort, »was ich von meiner Mutter geerbt habe und das von Rechts wegen später unseren Kindern gehören sollte. Ich bezweifle aber, daß mein Vater die Sachen jetzt noch herausgibt. Ich war in Merrick keineswegs mittellos, mußt du wissen - in unserem Ehevertrag ist alles genau verzeichnet.«
»Madam, Ihr seid auch jetzt alles andere als mittellos«, versetzte Royce trocken.
Die plötzliche Erkenntnis, daß sie nur mit den durchweichten, schmutzigen Kleidern, die sie am Leib getragen hatte, in die Ehe gegangen war, traf sie hart. Sie drehte sich in Royces Armen und wandte ihr Gesicht von ihm ab. »Ich habe nichts. Ich bin mit weniger zu dir gekommen, als eine Magd mitgebracht hätte - nicht einmal ein einziges Schaf habe ich als Mitgift.«
»Nein, du hast kein Schaf«, bestätigte er. »Dir gehört nur das schönste kleine Landgut mit Schloß von ganz England - es heißt Grand Oak wegen der riesigen Eichen, die neben den Toren Wache halten.« Er sah ihren erschrockenen Blick und fügte mit einem schiefen Lächeln hinzu: »Heinrich hat es dir als Mitgift zugedacht - es wird dein Wohnsitz sein, wenn du einmal Witwe bist.«
»Wie ... wie großzügig von ihm«, stammelte Jenny - es fiel ihr ausgesprochen schwer, so freundlich vom englischen König zu sprechen.
Royce bedachte sie mit einem hämischen Seitenblick. »Er hat mir den Besitz weggenommen.«
»Oh«, machte Jenny verdutzt. »Wieso?«
»Es war die Strafe dafür, daß ich ein gewisses schottisches Mädchen aus einem Kloster entführt und gefangengehalten habe.«
»Ich bin gar nicht so sicher, ob wir uns auf dem Grund und Boden des Klosters befunden haben, als dein Bruder sich auf uns stürzte.«
»Die Äbtissin hat es zumindest behauptet.«
»Ehrlich?« fragte Jenny, aber Royce hörte ihr nicht mehr zu. Plötzlich spannte sich sein Körper an, und er starrte aufmerksam auf einen Punkt im Tal.
»Stimmt etwas nicht?« Jenny folgte besorgt seinem Blick, konnte aber nichts Ungewöhnliches erkennen.
»Ich glaube«, erwiderte er kalt, während er weiterhin einen fast unsichtbaren Lichtfleck jenseits des Dorfes fixierte, »jemand möchte unsere Abendruhe stören. Wir bekommen Gäste.« Sechs weitere stecknadelkopfgroße Lichter tanzten in großer Entfernung aus dem Wald, dann noch etwa ein Dutzend und einen Augenblick später doppelt so viele. »Es sind mindestens hundert, vielleicht sogar mehr, und sie kommen zu Pferde.«
»Gäste ...« begann Jenny, verstummte jedoch, als ein Wachmann zu ihrer Rechten die Fanfare an den Mund setzte und einen ohrenbetäubenden Ton blies. Fünfundzwanzig andere Wachen, die auf ihren Posten standen, sahen in seine Richtung, und einen Moment später, nachdem er bestätigt hatte, daß sich Fremde näherten, schrillten laute Fanfarenklänge durch die friedliche Nacht. Innerhalb von Sekunden strömten Männer in den Hof und griffen nach ihren Waffen. Manche zogen sich noch im Laufen richtig an.
Jenny wirbelte zu Royce herum. »Was ist los? Sind es etwa Feinde?«
»Ich würde eher sagen, es ist eine Abordnung aus Merrick.«
Sir Godfrey und Stefan polterten die Treppe zu ihnen herauf -beide trugen ihre langen Schwerter. Jenny spürte, daß sie zu
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