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Im Kreis des Wolfs

Im Kreis des Wolfs

Titel: Im Kreis des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Evans
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sie sich mit dem Handtuch die Haare abtrocknete. Dies dauerte nur etwa fünf Sekunden und war so ziemlich das einzige, was ihr an ihrer praktischen neuen Frisur gefiel.
    Warum um alles in der Welt machte sich jemand an ihren Fallen zu schaffen?
    Alle Rancher, mit denen sie gesprochen hatte, wollten, dass jeder Wolf, der sich in ihrer Gegend herumtrieb, so schnell wie möglich gefangen wurde. Es ergab einfach keinen Sinn – falls nicht gerade jemand seinen Spaß mit ihr treiben wollte. Sie schlang das Handtuch um den Körper und ging zurück in die Hütte.
    Als sie angezogen war, brühte sie sich einen Tee auf, stellte den Computer an und trug die Positionen der sechs Fallen ein, die sie und Bill neu aufgestellt hatten. Lange Zeit starrte sie auf die Karte vom Cañon, in dem sie die Fallen, deren Mechanismus zuletzt ausgelöst worden war, gefunden hatten. Sie klickte die angrenzende Karte an. DenBlick immer noch auf den Bildschirm gerichtet, nippte sie an ihrem Tee und nahm einen Bissen vom großen roten Apfel, der weit besser aussah, als er schmeckte. Dann erregte etwas auf der Karte ihr Interesse.
    Am Südhang des Cañons verlief ein alter Holzfällerpfad, der ihr zuvor nicht aufgefallen war. Da sie stets von Norden kam, hatte sie noch nicht daran gedacht, die andere Seite zu erkunden. Sie vergrößerte den Ausschnitt, um zu sehen, wohin der Weg führte. Er schlängelte sich etwa fünf Meilen weit durch den Wald und einen steilen Engpass hinab zu einem Haus hoch oben im Tal. Sie wusste, wem dieses Haus gehörte, klickte es aber, um sicherzugehen, trotzdem an. Auf dem Bildschirm erschienen die Worte »Hardings Ranch«.
    Merkwürdig, dass sie nicht schon längst daran gedacht hatte: Vielleicht waren es die beiden Jungs, die diese Spielchen mit ihr trieben. Eigentlich hatte sie keinen richtigen Grund für ihr Misstrauen, wenn sie einmal davon absah, dass die Hardings die unfreundlichsten Menschen waren, die sie in den letzten drei Wochen hier kennengelernt hatte.
    Eine halbe Stunde später fuhr sie mit dem Toyota an einem verfallenen Schild vorbei, auf dem »Privatbesitz: Jagen verboten – Zutritt verboten« stand, und umfuhr die Schlaglöcher der Zufahrt zum Haus der Hardings. Buzz auf dem Sitz neben ihr war ebenso nervös wie sie, und bald kannte sie auch den Grund für seine Unruhe. Zwei Hunde, etwa doppelt so groß wie Buzz, rasten mit gesträubtem Nackenfell und gefletschten Zähnen aus dem Wald auf den Pick-up zu. Buzz winselte.
    Helen hielt am Rand der Zufahrt neben einem rostigen, von Gras und Unkraut umrankten Viehtransporter, auf dem mehrere alte Maschinenteile lagen. Sie stellte den Motor ab, blieb einen Augenblick sitzen und fragte sich, wie sie vorgehen sollte.
    Sie konnte gut mit Hunden umgehen, aber diese beiden Tiere hatten etwas an sich, das sie zögern ließ auszusteigen. Einer der Hunde richtete sich auf, stemmte die Pfoten gegen den Pick-up, fletschte die Zähne, bellte und geiferte, alles gleichzeitig. Buzz stieß ein nicht gerade überzeugendes »Wau« aus und kauerte sich dann auf seinem Sitz zusammen.
    »Feigling«, sagte Helen. Sie sah zum Haus hinüber.
    Es bot einen trostlosen Anblick und war kaum mehr als ein ausgebauter Schuppen. Die provisorisch, je nach Finanzlage angefügten Erweiterungen wirkten wie Krebsgeschwüre, die nur von schimmliger weißer Farbe zusammengehalten wurden. Das Dach war mit zum Teil selbst wieder geflickten Teerpappeflicken gedeckt. Das Haus duckte sich an den nackten Fels, als fürchte es, von der Wildnis verschlungen zu werden.
    Zwei weitere Laster standen am Haus, einer davon war der schwarze Truck, den die Jungen fuhren. Doch außer den Hunden war niemand zu sehen.
    Es wurde rasch dunkel, und Helen sah im Haus das Licht eines Fernsehers flackern; die weite Welt fand ihren Weg zu diesem Vorposten der Zivilisation über eine riesige Satellitenschüssel, die gefährlich schief in der Felswand über dem Haus hing. Auf einer zwischen zwei abgestorbenen Tannen hängenden Wäscheleine konnte Helen im Dämmerlicht die fahlen Konturen von Arbeitshemden und Unterwäsche erkennen.
    Plötzlich hörte Helen jemanden rufen, und die Hunde verstummten schlagartig und rannten zum Haus. Eine zerfledderte Fliegengittertür ging auf, und Abe Harding trat auf die Veranda. Erneut schrie er die Hunde an; sie duckten sich und schlichen um ihn herum hinters Haus.
    Helen hatte geglaubt, dass Harding zum Auto kommen würde, doch er blieb, wo er war, und starrte sie nur an.
    »Na

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