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Im Kreis des Wolfs

Im Kreis des Wolfs

Titel: Im Kreis des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Evans
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nachmittägliche Sonnenschein, der verführerische Duft der Heugabelsteaks und die Süßholzraspelei von Buck Calder ihre Wirkung zu tun.
    Eleanor stand an einer der Buden, nippte an ihrem Eistee und beobachtete über die Menge hinweg ihren Mann. Er hatte inzwischen seinen Arm um Rikki gelegt, die ihre wasserstoffblonden Locken in den Nacken warf und auf etwas, das er gesagt hatte, mit einem kehligen Lachen antwortete. Sie trug eine schwarze Bluse, rote Cowboystiefel und eine weiße Jeans, die so eng war, dass Eleanor um Rikkis Blutzirkulation fürchtete.
    »Tolles Gebiss hat sie ja«, sagte Hettie Millward, die Eleanors Blick gefolgt war. »Aber die Frischeste ist sie nicht mehr.«
    Eleanor lächelte. »Das brauchst du nicht zu sagen, Hettie.«
    »Na ja, findest du nicht? Aber was ist mit Buck? Ich dachte, er ist dieses Jahr gar nicht im Komitee.«
    »Nein, ist er auch nicht. Aber du kennst ja Buck, bei einer Dame in Not …«
    »Eine feine Dame. So offenherzig, wie die herumläuft, schaut sie eher aus wie ein Wolf im Schafspelz!«
    »Eher ohne Pelz.«
    Sie lachten. Hettie war ihre beste Freundin, die einzige, die eine vage Vorstellung davon hatte, wie es um sie und Buck stand. Sie war eine kräftige, energische Frau, die ständig gegen ihr Gewicht ankämpfte, diesen Kampf aber auch nur allzu gern immer wieder verlor. Doug, ihr Mann, war ein Freund von Buck und einer der beliebtesten und geachtetsten Rancher von Hope.
    Eleanor wechselte das Thema und fragte Hettie nach den Heiratsplänen ihrer Tochter, die sich von Woche zu Woche zu ändern schienen. Lucy wollte im nächsten Frühjahr heiraten, und es sollte die »Hochzeit des Jahrtausends« werden. Ganz Hope wollte sie einladen. Hettie erzählte ihr, Lucys neueste Idee, die sie selbst für völlig verrückt hielt, sei es, die ganze Zeremonie auf Pferden stattfinden zu lassen. Braut und Bräutigam, Trauzeugen und Brautjungfern, selbst der Priester, alle sollten hoch zu Ross sitzen. Die Katastrophe sei, sagte Hettie, praktisch vorprogrammiert.
    Dann schaute sie auf die Uhr und sagte, sie müsse jetzt los, ihre beiden Jungen suchen, die mit ihren Kälbern gerade das blaue Band der 4-H-Klasse gewonnen hätten. Die Tiere sollten versteigert werden, und jeden Augenblick müsse die Parade in der großen Arena beginnen.
    »Charlie meint, er will mindestens sechs Dollar fürs Pfund haben. Und ich hab ihm gesagt, selbst wenn er vierzig kriegt, wiegt das den Ärger nicht auf, den wir mit denViechern hatten. Ich will sie nur noch loswerden. Bis später dann, Schätzchen.«
    Eleanor trank ihren Eistee aus und schlenderte dann an den Ständen vorbei, deren baufälliger Zustand durch bunte, im Wind flatternde Fahnen und Fähnchen kaschiert wurde. Es gab Stände, die alles verkauften, von Hundemarken bis zu selbstgemachtem Kirschgelee. Einer war in ein Indianerzelt verwandelt worden, vor dem eine Gruppe kichernder Teenager darauf wartete, von einem »echten indianischen Medizinmann« die Zukunft vorhergesagt zu bekommen. Etwas weiter warf eine Schar kleinerer, doch dafür um so lauterer Kinder nasse Schwämme auf zwei Freiwillige der städtischen Feuerwehr, die tapfer lächelnd ihre Köpfe durch die ausgeschnittenen Gesichter von Daniel Boone und Davy Crockett steckten.
    Eleanor war viele Jahre nicht mehr auf dem Jahrmarkt gewesen, obwohl Buck, an dessen ruhmreiche Tage sich die älteren Zuschauer des Rodeos noch gut erinnerten, nie ein Fest versäumte. Seit Henrys Tod war sie nicht mehr hierhergekommen, weil sie Angst davor hatte, das Gesicht ihres toten Jungen in der Menge der Kinder zu entdecken, die darauf warteten, ihre Ochsen vorzuführen oder an den Imbissständen um Hotdogs und Limonade bettelten.
    Dennoch war es ihre Idee gewesen, dass das Paragon einen Stand aufstellen sollte, und als sie jetzt dorthin zurückkehrte, freute sie sich, dass der Platz keine schmerzlichen Erinnerungen in ihr geweckt hatte. Sie war sogar stolz darauf, dass Ruth einen ihrer ersten Vorschläge als neue Geschäftspartnerin so gut aufgenommen hatte. Das warme Wetter lockte die Leute in Scharen hinaus, und sie hatten hier an einem Tag soviel verkauft wie sonst in einer Woche, so dass die fünfzig Dollar Standmiete längst verschmerzt waren.
    Als sie ihren Stand erreichte, fiel ihr auf, dass Ruth mit beinahe wütender Miene in die Menge starrte. Eleanor folgte ihrem Blick und sah, dass sie offenbar zu Buck hinüberschaute, der immer noch mit dieser Sängerin beschäftigt war.
    Rührend, dachte

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