Im Kreis des Wolfs
etwas erfolgreicher, und allmählich lernte sie die Leute kennen. Sie aß oft bei Nelly’s und kam meist mit jemandem ins Gespräch, allerdings hatte sie noch nicht den Mut gefunden, allein ins Last Resort zu gehen.
Inzwischen hatte sie auch die meisten ortsansässigen Rancher aufgesucht und ihren Charme spielen lassen. Sie hatte ihnen erklärt, weshalb sie hier war, und sie gebeten, sich bei ihr zu melden, wenn sie auch nur eine Spur von einem Wolf entdeckten. Gewöhnlich rief sie an, um mit ihnen einen passenden Termin zu vereinbaren, meist um die Mittagszeit. Die Rancher waren überwiegend höflich und freundlich, die Frauen reagierten noch freundlicher als die Männer.
Die Millwards, die reinrassige Charolais-Bullen züchteten, hatten viel Wirbel um sie gemacht und darauf bestanden, dass sie zum Essen blieb. Sogar Buck Calders Tochter, Kathy Hicks, war angesichts dessen, was mit ihrem Hund passiert war, freundlich gewesen. Und die meisten – wenn auch nicht alle – Rancher gaben die Erlaubnis, ihr Land zu betreten, solange sie ihnen nicht in die Quere kam und keine Weidegatter offenließ.
Außer Abe Harding, den sie auf seiner Ranch angerufen, aber nicht erreicht hatte, kannte sie nun alle. Dann traf sie ihn eines Tages in der Stadt vor dem Lebensmittelladen, lächelte und sagte hallo; doch er ging an ihr vorbei, ohne sie zu beachten. Helen war ziemlich verdutzt. Hardings Söhne, vor denen sie sich an ihrem ersten Tag auf der Fahrt nach Hope blamiert hatte, luden etwas auf ihren Truck. Sie sah, wie sie sich über sie lustig machten.
»Ach, denken Sie sich nichts wegen Abe Harding«, sagte Ruth Michaels, als Helen ihr erzählte, was passiert war. »Er benimmt sich immer so. Der Typ ist einfach ein Arschloch.Nein, das ist nicht ganz fair. Er ist bloß traurig, verbittert und vielleicht ein bisschen verrückt. Aber wer wäre das nicht – bei den Söhnen?«
Helen mochte Ruth, und sooft sie in die Stadt kam, hielt sie am Souvenirladen an, um einen Kaffee zu trinken. Ruths schelmischer Humor brachte sie stets zum Lachen, und das tat ihr ebenso gut wie der Kaffee. Außerdem war es ganz nützlich, jemanden zu kennen, der einem den hiesigen Klatsch und das Neueste über die Leute in der Stadt erzählte.
Als die Wochen vergingen, wurde es Helen allmählich peinlich, dass sie noch keinen Wolf gefangen hatte. Man riss bereits Witze über sie. Vor zwei Tagen hatte sie zufällig Clyde Hicks an der Tankstelle getroffen, und er hatte sich aus dem Autofenster gelehnt und gefragt, wie es denn so gehe und was die Wölfe so machten, obwohl er genau Bescheid wusste.
»Wissen Sie, wie man am besten einen Wolf fängt?«, fragte er süffisant grinsend. Helen schüttelte den Kopf.
»Aber Sie werden es mir bestimmt gleich sagen.«
»Sie suchen sich einen großen Felsbrocken, bestreuen ihn mit Pfeffer, der Wolf kommt, riecht, niest und schlägt sich selbst k.o. Bingo.«
Helen lächelte gequält.
»Was Sie nicht sagen!«
»Funktioniert. Probieren Sie’s aus. Sag ich Ihnen ganz umsonst.« Und der Klugscheißer gab Gas.
Nachts lag sie wach und fragte sich, warum sie kein Glück hatte. Vielleicht waren Leute daran schuld, dachte sie. Vielleicht gab es oben welche im Wald, die den Wolf daran hinderten, in die Falle zu gehen. Nicht absichtlich, einfach nur, weil sie sich da oben herumtrieben. Sie hatte zwar noch keine Menschenseele getroffen, wusste aber, dassWanderer zum Cañon kamen. Und dann waren da noch die Holzfäller, die für den Holzhandel weiter unten im Tal arbeiteten.
Manchmal fand sie Fußspuren im Staub oder im Schlamm am Bach, doch nicht so oft, dass sie befürchten musste, jemand könnte in ihre Fallen treten. Dann entdeckte sie Hufabdrücke und Pferdedung, doch normalerweise ließen sich Wölfe weder durch Wanderer noch durch Pferde abschrecken. Sie waren zwar scheu, aber auch nicht scheuer als Grizzlys oder Berglöwen, deren Spuren sie gesehen hatte. Es war schon seltsam.
Noch seltsamer war, dass sie Fallen fand, die zugeschnappt waren. Sie konnte sich nicht erklären, warum. Fast schien es, als sei dies ohne äußere Einwirkung geschehen, da sie nicht aus der Erde gezogen waren und somit auch nicht den Sender aktiviert hatten. Helen reduzierte daraufhin die Tellerspannung, um die Fallen unempfindlicher zu machen, aber es passierte trotzdem immer wieder. Gestern dann hatte sie drei zugeschnappte Fallen entdeckt und am Abend Bill Rimmer angerufen und ihn gebeten, sie heute Morgen zu begleiten.
Es war
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