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Im Kühlfach nebenan

Titel: Im Kühlfach nebenan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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sondern
     einfach nur eine wortlose, schwabbelige, ausgefranselte Frage.
    |11| Bei mir wäre jetzt eine Zusammenrottung von Ausrufezeichen als Ausdruck meiner gefühlsmäßigen Verfassung angebracht, aber
     die fielen dem Rotstift der gnadenlosen Textamazone zum Opfer. Wie soll ich Ihnen also das Durcheinander in meiner Denkschüssel
     erklären? Seit meinem Tod hatte ich keine andere Seele getroffen, die noch in irdischen Gefilden herumhängt. Keine Ahnung,
     wo die alle sind, aber hier sind sie jedenfalls nicht. Zwei- oder dreimal habe ich den Weg einer Seele gekreuzt, die gerade
     einen Irdischen verließ. Die erste Begegnung dieser Art hatte ich mit Martins Seele, als er niedergestochen wurde. Zum Glück
     konnte ich den Martinsgeist überreden, beim Martinskörper zu bleiben, und dann kamen auch schon die Sanitäter, massierten
     die Herzgegend, beatmeten, was das Zeug hielt, und lockten das Seelchen damit wieder an seinen angestammten Platz. Hier im
     Krankenhaus traf ich zwei Seelen, die sich gerade aus dem Staub machten. Wohin? Keine Ahnung. Sie hatten es verdammt eilig
     und zischten einfach so an mir vorbei. Daher traf mich diese unerwartete Begegnung wie ein Rempler mit dem Heckspoiler.
    »Hi, ich bin Pascha.« Niemals zu lebhafteren Zeiten hätte ich mich freiwillig als Erster vorgestellt. Wenn man cool sein will,
     und das will außer Martin jeder, hält man die Quatschklappe, schießt grimmige Blicke aus den Frontscheinwerfern und lässt
     den anderen kommen. Aber wenn man ein Geist ist, oder für die Naturwissenschaftler auch gern eine »elektromagnetische Anomalie«
     (wie Martin zu sagen pflegt), dann kann man nicht grimmig glotzen und die Kontaktmöglichkeiten zu anderen Menschen sind extrem
     eingeschränkt. Ich war also aus der Übung. Und verweichlicht. Und einsam. Daher rutschte mir der verbale Kratzfuß einfach
     so raus. Voll peino. Hätte ich eine Zunge gehabt, |12| hätte ich mir jetzt draufgebissen, denn
so
uncool sollte man selbst als Geist nicht sein.
    »Ich bin Schwester Marlene von den Liebevollen Schwestern der Heiligen Maria von Magdala.« Ich musste dieses ganze Schwesterngesabbel
     erst mal sortieren, bis ich kapierte, wer da vor mir schwebte: Die Tusse war eine Nonne! Ich konnte mein Pech nicht fassen.
     Oder war es ein fieser Trick vom lieben Gott, den ich – zwecks Beweis seiner allmächtigen Existenz – freundlich gebeten hatte,
     mir doch statt Martin lieber eine nette Ansprechpartnerin zur Seite zu stellen? Möglichst eine mit einem heißem Fahrgestell,
     großen Hupen und ordentlich Power im Motorraum? Und der Scherzkeks schickte mir einen Pinguin?
    »Schickt dich der liebe Gott?«, fragte ich also nicht gerade begeistert.
    »Der Herr lenkt alle unsere Schritte«, war die kryptische Antwort.
    Oh, klar. Das war ja deren Masche. Bloß nicht festlegen. Warum gibt es Not und Elend auf der Welt? Die Wege des Herrn sind
     unergründlich. Wie kann Gott Kriege zulassen? Die Wege des Herrn sind unergründlich. Warum hängt Pascha als Geist auf der
     Erde herum, während alle andere Seelen sich woanders vergnügen? Im Paradies zum Beispiel. Oder im Himmel. Was nicht notwendigerweise
     dasselbe ist. Und wieder sind Gottes Wege unergründlich. Ich würde sagen, der Scheich hat kein Navi, deshalb sind seine Wege
     so unergründlich.
    »Was verärgert dich denn so?«, fragte die Schwester von den Schwestern der Heiligen Schwester, die vor meinem geistigen Auge
     langsam Gestalt annahm: um die fünfzig, klein, ziemlich dick. Eher Masseweib statt Rasseweib. Immerhin schaute sie freundlich
     aus dunkelbraunen Augen hinter einer altmodischen Brille.
    |13| »Nichts«, murrte ich. »Du hast auf Gesellschaft gehofft – aber nicht auf meine«, sagte sie.
    Echt uncool, wenn eine Tussi dir in die Birne sehen kann. Zwar weiß alle Welt, was im Kopf eines Typen zu finden ist, schließlich
     denken wir alle – außer Martin, natürlich – immer nur an das eine, aber wenn man dann wirklich dabei erwischt wird, gibt es
     jedes Mal Theater.
    »Es tut mir leid, dass ich nicht die bin, die du erwartet hast.«
    Hä? Keine Standpauke über unkeusche Gedanken? Keine Entrüstung über die Fixierung auf große Hupen, geiles Fahrgestell und
     so weiter? Das war ja noch schlimmer. Die ganz weich gespülten Sanftmütigen, die für alles Verständnis haben, gehen mir erst
     so richtig auf den Sack. Diese salbungsvolle Lächellähmung mit dem entrückten Blick hat mich schon auf der Erde angekotzt,
     aber da

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