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Im Kühlfach nebenan

Titel: Im Kühlfach nebenan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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     ganz so ruhig. »Über siebzig Prozent ihrer Haut sind verbrannt. Es wäre also vielleicht sogar besser, wenn der Herr sie zu
     sich nimmt   …«
    Sie brach ab, vermutlich, weil sie selbst gerade geschnallt hatte, was auch ich spontan dachte: Wo war denn der Herr, der
     nach Marlenes Weltanschauung ja auch sie selbst hätte zu sich nehmen sollen? Der Sack hatte sich in ihrem Fall noch nicht
     blicken lassen, wieso sollte er sich also um die liebe Martha kümmern?
    »Er hat es wahrscheinlich so eingerichtet, dass ich so lange bei Martha bleibe, bis ihr Schicksal entschieden ist«, erklärte
     Marlene mit Überzeugung. »Was immer mit mir oder mit Martha geschieht, geschieht nach Gottes Ratschluss.«
    Na klar, sollte die frömmelnde Nonne doch glauben, was sie glücklich machte. Hauptsache, sie versuchte nicht, mich zu bekehren.
     »Wie sieht der Stand der Ermittlungen aus?«, fragte ich, um von dem heiligen Gefasel wieder auf festen Boden zu kommen.
    »Ermittlungen?«, echote sie ein bisschen zerstreut und eher desinteressiert. »Ja, Ermittlungen. Was war die Brandursache?
     War es |17| eine Nachlässigkeit auf der Baustelle oder Brandstiftung? Und wer hat die Tür hinter dir verschlossen? Gibt es Spuren? Indizien?
     Verdächtige? Hat vielleicht Schwester Martha etwas gesehen, als sie versuchte, das Feuer zu löschen?« »Die irdische Überführung
     und Bestrafung einer armen, fehlgeleiteten Seele ist für mich nicht mehr von Belang. Zu guter Letzt wird die himmlische Gerechtigkeit
     siegen.«
    Hätte ich noch eine Hand und eine Stirn besessen, hätte ich mir Erstere mit Schwung gegen Letztere geknallt. So viel Verbohrtheit
     angesichts eines offensichtlichen Mordes, einer möglichen Brandstiftung und einer halb verkohlten Zeugin brachte mich zum
     Kochen wie eine Wüstenrallye das Kühlwasser.
    »Erstens ist die Sache mit der himmlischen Rechtsprechung angesichts der nicht bewiesenen Existenz des Richters ein wenig
     unsicher, und zweitens könnte auch für deine noch im Kloster befindlichen Betschwestern eine gewisse Gefahr bestehen, solange
     dort jemand herumschleicht, der seine Befriedigung in der Pyromasturbation sucht.«
    Marlene schwieg betroffen. »Ich wiederhole meine Frage: Was weißt du über den Stand der Ermittlungen?« »Nichts.«
    Das war eindeutig kleinlaut. Gut. »Dann lass uns herausfinden, ob deine Schwester etwas weiß.« Marlene wollte erst widersprechen,
     hielt dann aber ihre klösterliche Klappe und schickte stattdessen ein Stoßgebet zur Heiligenstatue mit der Bitte um Kraft
     für ihre Schwester in dieser schweren Zeit.
    Wir düsten gemeinsam los. Einen Teil des Wegs legten wir über dem Kopf des Clowns zurück, der heute ohne Pelztier unterwegs
     war. Den Scherz mit dem geschmorten Freund verkniff ich mir, obwohl es mir schwerfiel.
    |18| »Warst du schon einmal hier?«, fragte ich, als wir vor der Intensivstation angekommen waren. Marlene verneinte. »Du musst
     ganz vorsichtig sein«, versuchte ich ihr zu erklären. »Halte deine Gedanken so gut es geht zusammen, sieh dir die Apparate
     nicht aus der Nähe an, und vor allem: Bleib absolut cool. Jede Gefühlsregung ist streng verboten.«
    Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie mir aufmerksam lauschte. Im Gegenteil. Sie war hibbelig wie eine Jungfrau vor der entscheidenden
     Nacht, wartete kaum, bis ich meine Belehrungen beendet hatte, und zischte in einer unheiligen Geschwindigkeit durch die Türritze
     in den abgesperrten Bereich und direkt weiter in das Zimmer ihrer Ordensschwester. Ich beeilte mich, hinterherzukommen. »Dort
     liegt sie«, flüsterte Marlene ergriffen.
    So ungefähr müssen die ägyptischen Mumien ausgesehen haben, als sie ganz frisch gewickelt waren. Meine alten Beklemmungen
     angesichts von Brandopfern trafen mich wie ein Kieslaster auf abschüssiger Strecke. Ich kämpfte sie mit aller Macht nieder.
     In meinem Zustand gibt es keinerlei Grund zu irgendeiner Befürchtung, die das körperliche Wohlbefinden betrifft. Oder einfacher
     ausgedrückt: Ich kann mir die Eier nicht mehr versengen, weil diese mit dem Rest meiner körperlichen Herrlichkeit bereits
     seit Wochen in einem brillantschwarzen Sarg ungefähr zwei Meter unter der Erde vor sich hin gammeln. »Ach je, meine arme kleine
     Martha«, flüsterte Marlene. »Vorsicht   …«, versuchte ich noch zu sagen, aber da war es auch schon zu spät.
    Die Geräte, die die Vitalfunktionen der armen kleinen Martha überwachten, schrillten, bimmelten, piepten und

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