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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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anklagte – allein seiner Vermutung folgend, keinen konkreten Beweisen.
    Der Mann, den er zu sich gerufen hatte, blickte unschlüssig in die Runde und zerknetete zwischen den Händen die Kappe, die er sich vom Kopf gezogen hatte.
    »Bin nur ein Gehilfe des Hafenmeisters«, nuschelte er, ohne den Mund ordentlich zu öffnen.
    »Aber das muss untersucht werden! Mein Name ist Lambert Mielhahn, und ich verlange das. Ich habe den Knaben schon eine Weile beobachtet, wie er durch den Hafen schlenderte und nach Diebesgut Ausschau hielt. Hätte ich nicht sorgsam darauf geachtet, so wäre ich jetzt meine Geldbörse los.«
    Der Gehilfe des Hafenmeisters verzog abschätzend die Stirn. Das Unbehagen, in diese Sache zu geraten, war ihm deutlich anzusehen. Zugleich wagte er es nicht, sich der forschen Stimme von Lambert Mielhahn zu widersetzen.
    »Was ist denn genau geschehen?«, fragte er. Zumindest glaubte Elisa, diese Frage aus seinem Mund zu hören – sicher war sie sich nicht, da er jede zweite Silbe verschluckte.
    Lambert antwortete nicht, ließ nun zwar das Ohr des Knaben los, zog ihm aber ruckartig das Bündel weg, das er über den Schultern trug. Anstatt zu prüfen, ob sich darin womöglich zerbrechliche Gegenstände befanden, schüttelte er den Inhalt einfach in den staubigen Boden – und stieß einen Triumphschrei aus.
    »Was habe ich gesagt! Ein Dieb ist er!«
    Elisa trat näher. In dem Bündel hatte sich eine angeknabberte Wurst befunden, ein Schnupftuch – und eine silbrig glänzende Uhr.
    Der Junge bückte sich schnell und versuchte hektisch, alles wieder an sich zu bringen.
    »Nichts davon ist gestohlen!«, verteidigte er sich.
    »Und woher hast du dann die Uhr?« Lambert Mielhahn klang nun nicht mehr nur vorwurfsvoll, sondern, wie es Elisa schien, nahezu höhnisch. Welch ein widerwärtiger Mann!, ging es ihr durch den Kopf. Seine schüchterne Frau wagte indessen kein Wort mehr zu sagen. Erst jetzt nahm Elisa die beiden Kinder wahr, die sie rechts und links an der Hand führte und die mit aufgerissenen Augen die Szene begafften.
    »Die Uhr gehört meinem Großvater!«, rief der Knabe. »Ein Familienerbstück ist es! Und weil uns auf der Reise nach Hamburg das Geld ausgegangen ist, sollte ich sie hier verkaufen!«
    »Ach, deinem Großvater?« So verächtlich wie Lambert klang, glaubte er ihm kein Wort.
    »Ich lüge nicht!«, beharrte der Knabe.
    Schweigend hatte sich der Gehilfe des Hafenmeisters den Wortwechsel angehört. Obwohl ihm immer noch deutlicher Widerwille anzusehen war, fühlte er sich bemüßigt einzugreifen. »Und wo ist dein Großvater … deine Familie jetzt?«, fragte er gedehnt.
    Der Junge blickte sich unsicher suchend um. Spitz traten seine Knochen unter den grauen Lumpen hervor. So schlaksig und mager wie er war, erinnerte er Elisa an die ausgehungerten Kinder ihres Dorfes. Am schlimmsten war es im Jahr der Kartoffelfäule gewesen, als manche der Kleinen am Hunger sogar gestorben waren. Auch wenn das nunmehr ganze fünf Jahre zurücklag, waren die folgenden Winter weiterhin hart gewesen.
    Mitleid überkam sie.
    »Nun lasst ihn doch gehen!«, sagte sie plötzlich laut und trat noch dichter hinzu. »Lasst ihn gehen«, wiederholte sie, »Er ist …«
    »Er ist doch nur ein Kind«, hatte sie sagen wollen. Aber dann dachte sie, dass das womöglich kein Gewicht hatte und er trotzdem für etwas bestraft werden würde, was er nicht begangen hatte.
    »Er ist mein Bruder«, sagte sie – und ahnte noch im gleichen Augenblick, dass sie damit einen schweren Fehler begangen hatte.

    Lambert Mielhahn schnaufte empört. Der Gehilfe des Hafenmeisters hingegen runzelte nachdenklich die Stirn. »Soso, dein Bruder.«
    Er brachte beim Reden seine Zähne noch weniger auseinander als vorher, schien die Worte zu zermalmen, anstatt sie auszusprechen.
    Der Junge stand steif da. Als Elisa seinen Blick suchte, wich er ihr aus, aber zumindest machte er keine Anstalten, ihr zu widersprechen.
    »Und wie heißt er nun – dein Bruder?«, nuschelte der Mann.
    »Äh …«, setzte Elisa hilflos an.
    »Leopold«, sagte der Kleine schnell. »Ich heiße Leopold.«
    »Genau«, bekräftigte sie rasch. »Und ich bin Elisa.« Sie hielt es für ratsamer, den Familiennamen vorerst zu verschweigen.
    »Und wo sind eure Eltern?«, murmelte der Gehilfe des Hafenmeisters.
    Suchend drehte sich Elisa um und deutete in Richtung ihres Vaters. Zum ersten Mal war sie erleichtert, dass er sich um Annelie kümmerte, anstatt nach der Tochter

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