Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)
hofften, dass Sie ihr helfen können.«
»Ich bin kein Arzt.« Seine dunklen Augen musterten Elise. »Aber dieses Mittel …« Er holte ein braunes Glasfläschchen aus seiner Tasche. »… hat man mir gegeben, als ich magenkrank war. Es hat geholfen.«
»Schlimmer kann es nicht werden.« Elise streckte die Hand nach dem Medizinfläschchen aus. Sie war bereit, nach jedem Strohhalm zu greifen, damit sie die elende Krankheit endlich loswürde. »Danke! Danke, dass Sie hergekommen sind!«
»Zehn Tropfen, in Wasser aufgelöst. Aber …« Robert Linden zögerte einen Augenblick und schien mit sich zu ringen. »Warum sind Sie in Xela? Ist Margarete … allein hier?«
Elise und Georg wechselten einen Blick. Georg reichte Elise einen Becher mit Wasser und schwieg. Elise zählte zehn Tropfen ab. Konnten sie Robert Linden vertrauen? Margarete hatte seine Hilfe gesucht und sie brauchten immer noch Geld. Geld für das Gasthaus. Vielleicht sogar Lösegeld für ihre Eltern. Elise holte tief Luft. Was hatte sie noch zu verlieren?
»Juan ist auch dabei. Sie holen zu zweit die Pferde«, sagte Elise schließlich. »Wir sind hier, um Sie um Geld zu bitten. Meine Eltern sind entführt worden. Es ist … kompliziert. Eine lange Geschichte.«
Robert Linden blieb ganz ruhig und lächelte sie an. »Ich werde mit Ihnen auf Margarete warten.« Elise empfand spontan eine große Sympathie für ihn. »Aber dann sollten wir Xela so schnell wie möglich verlassen.«
52
»Wir hätten die Pferde nicht vor der Stadt einstellen sollen.« Margarete kaute auf ihrer Unterlippe. Aber sie hatten nur an ihre schwindenden Geldvorräte gedacht. Jetzt erschien ihr der Weg zurück zum Gasthaus ewig lang. Wie sollten sie nur gegen den Menschenstrom ankämpfen, der sie mit sich riss?
Ein Stoß in den Rücken ließ sie stolpern und auf die Knie fallen. Ein weiterer Stoß drohte sie zu Boden zu werfen, hilflos der heraneilenden Menge ausgeliefert. Da sprang Juan vor sie und lenkte die Flüchtenden mit ausgebreiteten Armen um Margarete herum.
»Pass doch auf!«, schrie Juan den Jungen an, der Margarete umgerannt hatte und nicht einmal stehen blieb, sondern panisch weiterrannte. Juan reichte Margarete die Hand und zog sie hoch. »Komm, lass uns zu dem Haus dort gehen.«
Er wirkte sehr besorgt. Vorsichtig bahnte er ihnen einen Weg durch die Menschenmenge, bis sie den Unterstand erreichten und sich an die Hauswand lehnen konnten.
»Alles in Ordnung. Mir ist nichts geschehen.« Unbewusst legte Margarete die Hand auf den Bauch. »Ich habe mich nur erschreckt. Ich ahnte nicht, dass es so schlimm ist.«
Sie deutete auf die Menschen um sie herum, die aus der Stadt flohen und die engen Gassen verstopften. Schreieertönten, Männer und Frauen warfen sich Beschimpfungen an den Kopf und wer nicht schnell genug ging, wurde von den Nachfolgenden zu Boden geworfen. Darüber dröhnte eine Kakophonie panischer Tierlaute. Je dunkler es wurde, desto lauter erschienen Margarete die Geräusche.
Da übertönte plötzlich ein einzelner Schrei alles andere. »Der Santa María! Herr im Himmel, hilf!«
Schlagartig blieben die Flüchtenden stehen und drehten die Köpfe. Ein dumpfes Grollen ertönte. Die dunkle Wolke, die wie ein böses Omen über dem Vulkan schwebte, wurde von Blitzen durchzuckt. Gelbe und grüne Lichter jagten über den Himmel wie bei einem Feuerwerk. Asche und Steinbrocken wurden in die Luft geschleudert. Die Fliehenden duckten sich ängstlich.
Ein weiteres Beben erschütterte Xela. Die Menschen schrien auf. Ein nächstes Beben folgte und die Häuser verloren den Kampf. Vor Margaretes erschrockenen Augen brach ein massives Steinhaus zusammen, als ob es aus dünnem Holz gebaut worden war. Eilig zerrte Juan sie weiter, weg von den einstürzenden Gebäuden. Die Flüchtenden drohten übereinanderzufallen, nur durch Juan, der sich schützend vor Margarete stellte und bereit war, sie mit seinem Leben zu verteidigen, gelang es ihr, auf den Beinen zu bleiben. Mühsam taumelte sie voran, von der Menschenmenge mitgerissen wie von einer gewaltigen Flutwelle.
Endlich, nach einer Zeit, die ihnen wie eine Ewigkeit vorkam, erreichten sie den Stall. Schon von Weitem hörte sie die Pferde wiehern und das Maultier gab Laute von sich, als ob es sich in einen verzweifelten Kampf befände. Die Stallburschen waren geflohen und hatten die Tiere sich selbst überlassen. Die Pferde stiegen hoch und bei dem Versuch,auszubrechen, hatten sie sich bereits einige blutige Stellen
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