Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)
Elise alle Kraft zusammen und setzte sich vorsichtig auf. »Bitte. Ihr müsst mir helfen. Wir müssen die Stadt verlassen. Es hat keinen Sinn mehr, länger auf Nachricht zu warten.«
»Es sind nur leichte Beben.« Georg beugte sich zu ihr und wischte mit einem Tuch sanft die Schweißtropfen von ihrer Stirn. »Wir haben nichts zu befürchten. Glaub mir!«
»Was ist, wenn der Vulkan ausbricht?« Elise atmete keuchend ein und aus und stellte zitternd ihre Füße auf den Boden. Sie fühlte sich, als ob sie einen wochenlangen Fußmarsch hinter sich gebracht hätte. »Fürchtet ihr euch nicht davor? Erdbeben sind doch das erste Anzeichen.«
»Ich weiß.« Georg strich ihr beruhigend über den Arm, was nur dazu führte, dass Elise die Hände zu Fäusten ballte und aufzustehen versuchte. Georg fing sie auf, als sie fiel. »Aber du brauchst Ruhe. Ein Tag mehr wird dir guttun.«
»Wir warten auf Margarete. Sie sucht nach Robert undnach einem Arzt. Dann wird es dir sicher bald besser gehen«, versuchte auch Juan, sie zu ermutigen.
Elise fehlte die Kraft zu streiten. Sie konnte nur hoffen und beten, dass Margarete bald zurückkehrte und sie nicht wahnsinnig wurde vor Angst, dass ihnen das gleiche Schicksal widerfuhr wie den Menschen in Pompeji, deren Stadt von einem Vulkan verschlungen worden war.
W ie spät ist es?« Elise wurde aus ihrem Dämmerschlaf gerissen, weil die Erde erneut gebebt hatte. Wie lange mochte sie geschlafen haben? Draußen war es dunkel. Unbeschreiblich dunkel. Etwas stimmte nicht mit der Dunkelheit. »Ist es Nacht?«
»Nein. Ungefähr fünf Uhr nachmittags.« Margarete bemühte sich nicht, die Panik in ihrer Stimme zu unterdrücken. Sie musste irgendwann während Elises Schlaf zurückgekehrt sein. Ohne Robert. Ohne einen Arzt. »Eine dunkle Wolke hängt über dem Santa María und breitet sich über den Himmel aus. Es ist schlimmer, als wir dachten. Wir können nicht länger bleiben. Juan und ich werden die Reittiere holen.«
»Ich bleibe hier bei dir. Wir warten auf die Kutsche, die uns hier herausholt. Wie die Prinzessin im Märchen.« Georg zwinkerte Elise zu. Doch sie erkannte die Sorge in seinen Augen.
Sie versuchte zu lächeln, aber sie spürte nur noch blankes Entsetzen. Konnte es wirklich so schlimm kommen? Wenn der Vulkan ausbrach, würde sie niemals mehr …
»Bitte, beeilt euch«, schluchzte sie. »Denkt ihr an Nemo?«
»Keine Angst.« Margarete trat zu Elise und strich ihr sanft über die Haare, um sie zu trösten.
»Komm. Bevor die Nacht anbricht.« Juans Stimme klang drängend und er zog Margarete hinter sich her.
Georg und Elise blieben zurück. Sie musste noch einmal eingeschlafen sein, als sie ein ohrenbetäubendes Rauschen wieder hochschrecken ließ. Es klang wie ein Wasserfall, der sich plötzlich vor der Stadt ergoss.
»Georg! Was war das?« Elise geriet in Panik. »Xela wird unter Wasser begraben so wie Antigua.«
»Aber nein doch.« Georg stand auf und stellte sich ans Fenster. »Es ist nur der Vulkan.«
»Nur?« Elise spürte ein Kichern in sich aufsteigen. Jetzt, da sie nur noch mit dem Schlimmsten rechnete, überkam sie eine unheimliche Ruhe. » Nur der Vulkan. Das ist ja beruhigend.«
Georg schaute sie einen Augenblick fassungslos an, dann fing er an, lauthals zu lachen. Er kam auf Elise zu und zog sie in seine Arme. Zu ihrer Überraschung küsste er sie auf die Stirn. »Ich wusste immer, dass eine Menge Mut in dir steckt.« Er hielt sie fest und sie schmiegte sich an ihn. Vielleicht würde doch noch alles ein gutes Ende finden?
»Alles wird gut. Glaub mir«, murmelte sie.
Plötzlich ließ sie ein heftiges Klopfen zusammenfahren. Elise spürte einen Schauder ihren Rücken runterlaufen. Sollten sie das Zimmer räumen? Oder wollte die Wirtin vor der drohenden Katastrophe noch die Miete für die letzten Tage einkassieren? Gebannt starrten sie zur Tür.
»Ich suche Margarete Seler.« Ein junger Mann, den sie auf den ersten Blick mit Juan verwechselten, trat ins Zimmer. »Mein Name ist Robert Linden.«
»Ich bin Georg Peters. Das ist Elise Hohermuth.« Georg trat vor und schüttelte dem Fremden die Hand. BeideMänner musterten sich mit unverhohlener Neugier. »Wir sind Freunde von Margarete. Sie holt unsere Pferde. Wir wollen schnellstmöglich die Stadt verlassen.«
»Oh.« Robert Linden wirkte überrascht. »Meine Wirtin meinte, dass Margarete dringend Medizin bräuchte. Hat die gute Frau etwas falsch verstanden?«
»Nein. Elise ist krank. Seit Tagen. Wir
Weitere Kostenlose Bücher