Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)
den Nebelwald und das Hochland von Alta Verapaz beherrschten.
Als ob das nicht schlimm genug war, hatte er sich auch noch in die Tochter des Herrn verliebt und weigerte sich, ein Maya-Mädchen zur Frau zu nehmen. Margarete wollte ihm danken, wollte ihm sagen, wie sehr sie seine Liebe zu schätzen wusste und dass sie ahnte, unter welchen Druck ihn seine Familie setzte, aber sie schwieg. Juan sprach nicht gern von seiner Familie und seinen Sorgen. Das respektierte sie. Also lehnte sie sich in seinen Armen zurück und schwieg gemeinsam mit ihm. Sanft brach sich das Licht im Wasser und der Fluss schien ihnen mit seinem leisen Glucksen etwas zuzumurmeln. Margarete reckte ihr Gesicht der Sonne entgegen.
»Wir müssen zurück«, sagte Juan schließlich, und siespürte das Bedauern in seiner Stimme. Warum konnten sie nicht einfach hierbleiben, den Rest ihres Lebens am Wasserfall verbringen?
»Lass uns fliehen«, flehte Margarete mit leiser, aber eindringlicher Stimme. Sie waren jung und kräftig. Er würde sicher Arbeit auf einer der anderen Kaffee-Fincas finden oder bei den Holzfällern. Und sie … sie könnte vielleicht Kinder unterrichten. Allein der Gedanke daran, wie sie vor einer Schulklasse stand, brachte sie zum Schmunzeln. So schön es auch wäre, ein gemeinsames Leben mit ihm, so sehr blieb es ein Wunschtraum.
»Ich werde dich nicht vergessen«, flüsterte sie und hoffte, dass er verstehen würde, was dieser Satz bedeutete. All das Ungesagte, das zwischen ihnen stand und das sie ab morgen für lange Zeit trennen würde. »Ich werde zurückkehren.«
Er schwieg.
Sie wagte es nicht, ihn anzuschauen, fühlte sich verloren in den Worten, die sie gesagt hatte und die er einsam stehen ließ.
»Du wirst in deiner Welt leben«, antwortete er schließlich. So leise wie der Wind, der in den Blättern der Bäume spielte. »So viel Neues sehen, dass ich in deinen Gedanken verblassen werde …«
Er schaute zu Boden und spielte mit einem Stein, einem vom Wasser glatt polierten grauen Kiesel, ließ ihn von einer Hand in die andere gleiten.
»Nein!« Trotzig hob sie den Kopf, griff mit einer schnellen Bewegung nach dem Stein und warf ihn in den See. »Nein. Ich werde dich nie vergessen. Das schwöre ich.«
Er schaute sie an und lächelte. Mit einer fließenden Bewegung sprang er auf und reichte ihr die Hand. »Komm.Sonst wirst du großen Ärger bekommen. Das Fräulein sucht nur einen Grund, um dich anzuschwärzen.«
»Pfff«, antwortete sie und zwinkerte ihm zu. Sie griff nach seiner Hand, ließ sich von ihm hochziehen und lehnte sich gegen seine Brust. »Ich fürchte mich nicht vor Fräulein Dieseldorf.«
»Du fürchtest dich zu wenig.« Er hielt ihre Hand in seiner und gemeinsam gingen sie zurück.
Schon von Weitem hörten sie Stimmen, die ihren Namen riefen. Viele Stimmen. Die Gouvernante hatte Diener zur Hilfe gerufen, um die Ausreißerin zu suchen.
Juan drückte Margaretes Hand, bevor er sie endgültig losließ und zwei Schritte zur Seite trat.
»Warum?«, fragte das Mädchen und wollte nach seiner Hand greifen. »Bleib bei mir.«
Er entzog sich ihren suchenden Fingern und hob bedauernd die Schultern. »Ich muss an meine Familie denken …«
Sie nickte. Zu selten dachte sie daran, dass er nicht ihre Freiheiten teilte, dass er mehr Verantwortung auf seinen Schultern trug als sie.
»Mein Versprechen gilt«, flüsterte sie und trat aus dem Dunkel des Waldes auf die Lichtung. Er folgte ihr mit kleinem Abstand, den Kopf respektvoll gesenkt, wie es von einem Arbeiter erwartet wurde.
Dort standen Fräulein Dieseldorf und zwei Diener, die dem Mädchen und dem Jungen neugierig entgegensahen. Mit einer herrischen Geste sandte die Gouvernante die Diener fort und ging mit kleinen, hektischen Schritten auf Margarete und Juan zu. »Du sollst dich nicht mit diesem Indio herumtreiben.« Ihre Worte klangen harsch. »Schau nur, wie du wieder aussiehst.«
Margarete schaute an sich herunter. Grasflecken stachen dunkel von ihrem hellen Kleid ab. Im Saum hatte sich Erde verfangen und es war an einigen Stellen zerrissen. Sie hob die Hand in einer Geste der Entschuldigung.
»Und du.« Alice Dieseldorf wandte sich dem Jungen zu, stach mit ihrem Zeigefinger auf ihn ein. »Du solltest es besser wissen. Wenn ich das dem Herrn berichte, wird er deine Familie entlassen.«
Triumphierend richtete sie sich auf. Ein kaltes Lächeln glitt über ihr Gesicht und ließ die hageren Züge wirken wie eine Maske.
»Nein. Nein.« Juan
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