Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)
sorgen, dass die Finca überlebt. Die Aussichten mit dem Bremer sind besser.«
Obwohl Margarete ihren Ohren kaum traute, wollte sie dann doch eines genau wissen: »Warum sollte Robert Linden besser sein?«
Ihrer Meinung nach wäre es vernünftiger, einen Mann zu heiraten, der hier geboren war wie sie und das Land ebenso liebte wie sie. Was nützte es der Kaffeeplantage, wenn sie mit ihrem Ehemann nach Bremen ging?
»Weil er nichts von deinem Indio weiß.« Verachtung lag in Alice Dieseldorfs Stimme. Die Gouvernante hatte den Topf auf den Herd zurückgestellt, stemmte die Hände in die Hüften und schaute Margarete kopfschüttelnd an. »Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Federmann von deiner unsinnigen Liebelei erfährt. Dem Bremer, der nur das Land bereist, werden die anderen Finqueros das nicht erzählen.«
Margarete schluckte. Ihre Hände zitterten. Sie überlegte fieberhaft, was sie antworten könnte. Vielleicht hatte das Fräulein nur einen Schuss ins Blaue abgegeben, so wie sie es früher gern tat, um Margarete auszuhorchen. Doch sie hatte die Strategie ihrer Gouvernante schnell durchschaut und war nicht mehr auf den Trick hereingefallen. Was also führte die Gouvernante im Schilde?
»Was meinen Sie mit meinem Indio?«, antwortete sie leichthin und hoffte, ihr Gesicht würde sie nicht verraten. »Sie wissen doch, dass ich von Juan nichts mehr gehört habe, dass er mir auch keine Nachrichten nach Bremen sandte, nicht wahr?«
Fräulein Dieseldorf besaß immerhin den Anstand, rot anzulaufen, als Margarete sie auf Juans Briefe ansprach.
»Mir brauchst du nichts vormachen«, zischte sie. »Man hat dich gesehen. Wie kannst du nur so dumm sein?«
»Dumm?«, brauste Margarete auf und vergaß jede Vorsicht. Sie machte zwei Schritte auf Alice Dieseldorf zu und stand nun direkt vor ihr. » Sie haben ja keine Ahnung. Sie haben doch noch niemals geliebt.«
»Weil mir als Tochter armer Eltern keine Möglichkeit dazu blieb.« Ihr Gesicht wirkte auf einmal verhärmt. Sie sah einsam aus. »Ich musste arbeiten und konnte mir keine Liebe leisten.«
Margarete schreckte vor der abgrundtiefen Traurigkeit in Alice Dieseldorfs Stimme zurück und schämte sich. Sie hatte sich niemals gefragt, was für ein Schicksal ihre Gouvernante wohl nach Guatemala geführt hatte. Das Fräulein war schon immer dagewesen und es war immer gemein und hochnäsig. Das sich dahinter ein Unglück verbergen konnte, auf den Gedanken war Margarete nie gekommen.
»Es tut mir leid«, flüsterte sie. Dann stellte sie eine vierte Tasse auf das Tablett. »Bitte, leisten Sie uns doch Gesellschaft. Ich … ich würde mich freuen.«
Alice Dieseldorf schwieg. Plötzlich wurden ihre Gesichtszüge weich und sie lächelte. »Ich danke dir.« Mit einer schnellen Bewegung griff sie nach dem Tablett und ging an Margarete vorbei. »Legst du das Gebäck und eine Gebäckzange auf einen schönen Teller? Bitte.«
Margarete tat, wie ihr geheißen, und folgte dem Fräulein in den Salon. Wie ein Moskito, der keine Ruhe geben wollte, surrte die Frage ihrer Gouvernante in ihrem Kopf umher. Würde sie Robert Linden den Vorzug vor Karl Federmann geben? Würde sie für die Rettung ihrer Familie ihre Liebe, die sie gerade wiedergefunden hatte, aufgeben?
»Möchten Sie einen ordentlichen Schluck zu Ihrem Kaffee?« Alfred Seler ging mit unsicherem Schritt zu dem Servierwagen, auf dem mehrere Flaschen Schnaps standen. Zum ersten Mal bemerkte Margarete die feinen Äderchen auf seiner Nase, die deutlich zeigten, dass ihr Vater dem Zuckerrohrschnaps häufiger zusprach, als es gut für ihn war. »Wir brennen hier den besten Aguardiente.«
»Danke.« Der Bremer Kaufmann hob ablehnend die Hände und lächelte höflich. »Ich trinke erst nach Anbruch der Dunkelheit.«
»Dann also nur Kaffee.« Margaretes Vater stellte die Flasche zurück. Mit deutlichem Bedauern, wie sie in seiner Miene lesen konnte.
Margarete hatte es nicht glauben wollen, aber nun musste sie mit ansehen, wie ihr Vater schon am helllichten Tage schwankte und wie er beim Sprechen über einzelne Worte stolperte. Doch das Schlimmste war der mitleidige Blick, mit dem Robert Linden sie bedachte. Margarete biss sich auf die Unterlippe, um nicht in Tränen auszubrechen.
»Hatten Sie eine gute Reise?«, fragte sie den Besucher und hoffte, dass er seine Aufmerksamkeit auf sie lenken und nicht bemerken würde, wie unbeholfen sich ihr Vater verhielt. »Mit welchem Schiff sind Sie gekommen?«
»Oh, ich bin schon eine
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