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Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)

Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)

Titel: Im Land der Kaffeeblüten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Antoni
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Körper fühlte sich an, als ob er nicht zu ihr gehörte. Vergessen war die Zeit des Wartens, ihre Trauer, ihr Zorn über sein Schweigen. Sie krallte die Finger in den Stoff ihres Kleides, um ihm nicht in die Arme zu fallen. Sie würde es nicht ertragen, wenn er sie zurückstieße. Sein Name entwich ihrem Mund, obwohl sie es nicht wollte. Nur ein Wort, das ihre ganze Sehnsucht enthielt. »Juan.«
    »Marga.« Er stand vor ihr, die Hand halb ausgestreckt, als ob er sie berühren wollte und es dann doch nicht wagte.»Sie haben gesagt, du kommst nicht mehr zurück. Aber ich wollte es nicht glauben.«
    »Wer? Wer hat das gesagt?«
    Margarete fiel es schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Zu sehr war sie von Juans Anblick eingenommen. Er war älter geworden, wirkte stärker … männlicher. Seine Schultern waren breiter und unter dem hellen Hemd zeichneten sich Muskeln ab, wie sie mit harter körperlicher Arbeit einhergingen. Eine Narbe wie von einem Peitschenhieb zog sich über seine linke Wange und verlieh ihm etwas Verwegenes. Sie senkte den Blick, um sich konzentrieren zu können.
    »Wer hat das behauptet?«
    »Der Herr.«
    Seine Stimme zitterte leicht. Margarete schaute auf. Juan hatte seine Hand zurückgezogen, strich sich verlegen durchs Haar und schlang dann seine langen Finger ineinander, als ob er sie beruhigen müsste. »Dein Vater. Er hat mich zu sich gerufen und …« Seine Finger lösten sich und seine linke Hand flog zu seiner Wange, strich über die Narbe.
    »Das … das war mein Vater?«
    Margarete schluckte. Sie konnte sich kaum vorstellen, dass ihr Vater, der freundlichste Mann, den sie kannte, jemandem die Peitsche durchs Gesicht zog. Aber sie hatte sich auch nicht vorstellen können, dass ihr Vater sie gegen ihren Willen mit Karl Federmann verheiraten wollte. Vielleicht war es an der Zeit, dass sie ihre Weltsicht überprüfte und erwachsen wurde.
    »Warum?«
    »Als Strafe dafür, dass du und ich weggelaufen waren.«
    Juan zuckte die Schultern. Er musterte Margarete mit durchdringenden Augen. Obwohl sie den Jungen beinaheihr Leben lang kannte, fühlte sie sich plötzlich befangen und wusste nicht, wohin sie ihren Blick wenden sollte.
    »Dann sagte er, dass du in Bremen bleiben und dort heiraten würdest. Dass das dein Wunsch wäre. Das hat sehr wehgetan.«
    Wieder strich er über die Narbe, die ihn ewig an jenen Nachmittag erinnern würde. Er schaute an Margarete vorbei, schien in seinen Erinnerungen gefangen. Erinnerungen, bitter wie die ihren. Margaretes Kehle schnürte sich zu und sie rang verzweifelt nach Worten. Was konnte sie sagen? Wie konnte sie sich aus dem Netz der Lügen befreien, das ihr Vater über sie geworfen hatte?
    »Hast … hast du ihm geglaubt?«, flüsterte sie schließlich, die Stimme zitternd von dem Ansturm der Gefühle, die das Wiedersehen und Juans Worte in ihr entzündet hatten. Sie wünschte nichts mehr, als sich in seine Arme zu stürzen und sich an ihn zu schmiegen, in einem Kuss zu versinken, um den Schmerz und die Traurigkeit zu vergessen. Aber sie wagte es nicht, auch nur einen Schritt näher zu treten. Erst musste sie wissen, wie es um sie beide stand. »Ich hatte dir versprochen …«
    »Kein Wort habe ich ihm geglaubt.« Juan schaute sie an und legte den Kopf leicht zur Seite, sodass ihm seine widerspenstigen Haare in die Stirn fielen. Ohne nachzudenken, trat Margarete auf ihn zu und strich ihm die Haare zurück. Er griff nach ihrer Hand und drückte einen Kuss in die Handfläche. Schnell ließ er ihre Finger los, beinahe erschrocken über seine Kühnheit. »Ich habe auf dich gewartet. Obwohl du nicht geantwortet hast.«
    »Geantwortet?«, fragte Margarete wie in Trance. In ihrer Hand spürte sie noch immer die Zartheit seines Kusses.Süß, aber nicht süß genug, um die Bitterkeit des Wartens vergessen zu lassen. »Du hast doch geschwiegen. Ein unendliches Jahr lang.«
    »Du hast meine Briefe nicht bekommen?« Röte überzog Juans Wangen. Er wirkte verlegen, was in Margarete erneut den Wunsch erweckte, ihn zu küssen. Und doch wartete sie ab, was er sagen wollte. »Ich … ich dachte, du antwortest nicht, weil meine Briefe nur wenige Zeilen enthielten.«
    »Meine Tante.« Margarete ballte die Hände zu Fäusten. Zorn wallte in ihr auf. Ein Zorn, wie sie ihn noch nie verspürt hatte. Ein Zorn, genährt durch all die Tränen, die sie im vergangenen Jahr geweint hatte. Genährt von dem Schuldgefühl, dass sie so schnell bereit gewesen war, an Juans Verrat zu

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