Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)
das erste Mal gesehen hatte. Im Salon ihrer Tante. Robert Linden, den Bremer Kaufmann.
»Fräulein Margarete. Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen.« Robert Linden verbeugte sich leicht vor ihr. »Meine Geschäfte führten mich ins Land und da dachte ich, Sie würden sich über einen Besuch freuen.«
»Ja … natürlich … herzlich willkommen«, stammelte sie und versuchte, sich einen Reim darauf zu machen. Dunkel erinnerte sie sich, dass Robert Linden ihr von einer geplanten Reise nach Guatemala erzählt hatte. Allerdings hatte es sich so angehört, dass die Reise erst in weiter Zukunft läge. Warum also saß er heute hier? »Möchten Sie etwas trinken? Kaffee vielleicht? Oder lieber Tee?«
Robert Linden und Margaretes Vater lachten höflich über den kleinen Scherz unter Kaffeehändlern.
»Sehr gern.« Robert Linden nickte und schaute Margarete dann geradewegs an, sodass sie den Blick senkte. Warum nur fühlte sie sich ertappt von ihm? »Ihr Vater hat mir erzählt, dass es mit der Ernte in diesem Jahr aufwärts gehen soll.«
Leider zu spät für mich, dachte Margarete und konnte sich einen vorwurfsvollen Blick in Richtung ihres Vaters nicht verkneifen. Ginge es nach ihm, müsste ich vorher heiraten, damit mein Erbe gerettet werden kann. Ob ich will oder nicht. Doch sie behielt die dunklen Gedanken für sich und deutete auf die gemütlichen Sessel vor dem Kamin. »Bitte nehmen Sie Platz. Ich werde Kaffee und Gebäck holen.«
»Haben Sie kein Personal?«, fragte Robert Linden mit deutlichem Erstaunen in der Stimme. Der Bremer Kaufmann musterte Margarete und ihren Vater eindringlich. »Ist das nicht etwas … ungewöhnlich?«
Margarete bemerkte, wie ihr Vater nach Worten suchte. Bevor sie ihm zur Seite springen konnte, sagte Alfred Seler: »Nun ja, Eingeborene. Sie halten nichts von deutscher Pflicht und Pünktlichkeit.«
Robert Linden nickte verständnisvoll und wechselte das Thema. Das Wetter in Guatemala. Für alle Neuankömmlinge aus Europa stets ein Gegenstand intensiver Erörterungen. »Ich weiß ja, dass der Kaffeeanbau viel Wasser benötigt. Aber langsam frage ich mich, wie lange die Regenzeit hier dauert und ob die Sonne überhaupt einmal scheint.«
»Hier regnet es dreizehn Monate im Jahr.« Alfred Seler stieß ein dröhnendes Lachen aus, das Margarete Hoffnung gab, dass es zwischen ihnen wieder wie früher werden könnte. »Während zwei Monaten regnet es weniger. Das nennen wir dann Sommer.«
»Aha, dreizehn Monate, so ist das also«, stimmte Robert Linden in das Lachen mit ein. »Das erklärt das viele Grün«, sagte er und nickte mit dem Kopf. »So eine Vegetation habe ich noch nie gesehen. Diese unglaublichen Blüten. Diese Orchideenpracht.«
»Nicht umsonst nennen wir es ›Das Land des ewigen Frühlings‹«, hörte sie ihren Vater sagen, bevor sie die Tür hinter sich schloss und in die Küche ging. Dort fand sie Fräulein Dieseldorf eifrig bemüht, Kaffee zu kochen. Auf einem Tablett hatte die Gouvernante bereits das gute Porzellan, Tassen, Untertassen und Gebäcktellerchen bereitgestellt. Neben dem Herd stand die große Kaffeekanne mit dem Blumenmuster. Sie füllte heißes Wasser ein, »damit der Kaffee warm bleibt«, betonte sie wichtigtuerisch.
»Danke. Wo ist Marisela?« Margarete fühlte einen leichten Stich der Eifersucht. Anscheinend hatte ihr Vater erst das Fräulein und dann sie über den Besuch in Kenntnis gesetzt. »Kann ich helfen?«
»Die Köchin hat frei. Du kannst nach Keksen suchen.« Die Gouvernante wedelte mit der linken Hand. Sie mahlte die frischen Kaffeebohnen, deren Duft die Küche erfüllte, und gab das Kaffeepulver in einen Porzellanfilter. Vorsichtig schüttete sie kochend heißes Wasser darüber und wartete, bis die aufschäumende Brühe sich absetzte.
»Wenn du den Federmann schon nicht willst, was hältst du vom Linden?«, fragte das Fräulein beiläufig, während sie den nächsten Wasserschwall aufgoss.
Margarete ließ die Keksdose fallen, die sie aus dem Versteck der Köchin hinter den großen Pfannen gezogen hatte. Das Klappern peinigte Margaretes Ohren und sie bückte sich, um die Dose aufzuheben.
»Wie … wie bitte?«, brachte sie schließlich hervor und starrte die Gouvernante aus aufgerissenen, ungläubigen Augen an. »Wieso sollte ich Robert Linden heiraten wollen?«
»Dein Vater steht vor dem Ruin. Du bist das einzige Kind.« Das Fräulein zählte die Fakten auf, als ob sich damitalles erklären ließe. »Also muss deine Heirat dafür
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