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Im Land der Mond-Orchidee

Im Land der Mond-Orchidee

Titel: Im Land der Mond-Orchidee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Witt de
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als Zeugin gegen ihn, einen
reichen, weißen Mann, aufgetreten wäre. Seinem Schicksal entgangen ist der Lump
freilich nicht … aber wir wollen jetzt nicht über ihn reden.«
    Â»Mich haben sie verurteilt, ohne dass es irgendwelche Zeugen gegen
mich gab«, grollte Neele.
    Â»Das ist die Art der Kolonialherren.« Ameya
zuckte die Achseln, offenbar hatte er sich damit abgefunden. »Phöbus Bessemer
erzählte mir von deinem Schicksal. Du kannst dir vorstellen, welchen Kummer das
für mich bedeutet hat! Aber ich konnte immerhin darauf vertrauen, dass du noch
am Leben bist. Und so habe ich mich erst gar nicht damit aufgehalten, dir einen
Brief zu schreiben, der ja im Postraum derselben Meisje
Mariaan , mit der ich selbst reisen wollte, nach Deutschland gekommen
wäre, sondern mich sofort auf den Weg gemacht.«
    Sie ergriff seine Hand. »Vielleicht ist das gut so, sonst hätte ich
keine ruhige Minute gehabt vor ungeduldiger Erwartung. Aber du siehst müde aus,
willst du dich nicht wieder niederlegen? Und ich komme zu dir, denn mein
bisschen Arbeit ist getan. Dann können wir im warmen Bett liegen und uns
gegenseitig erzählen, wie es uns ergangen ist.«
    Mit einem Lächeln gab er zu verstehen, dass er genau wusste: Sie
dachte nicht nur ans Geschichtenerzählen. Bereitwillig folgte er ihr ins grüne
Zimmer und verkroch sich mit ihr unter den wärmenden Decken. »Da bei euch schon
der November so kalt ist«, klagte er, »wie wird es erst im Winter werden?«
    Sie beruhigte ihn. Sie habe Geld genug, dass sie den Winter in
Italien verbringen könnten, und keinen Anlass mehr, noch länger in dem
verfallenden Moorhof zu bleiben. Warum sollten sie nicht nach Venedig gehen?
Dort lebten Menschen aus aller Herren Länder, man war weltoffen und
aufgeschlossen. Während sie sich in dem Himmelbett aneinanderkuschelten,
erzählte sie ihm ihre Erlebnisse, soweit er die nicht von Dr. Bessemer erfahren
hatte. Ameya war voll Mitleid, als er von ihrer Flucht durch den Urwald hörte
und von ihrem Abenteuer auf der verlassenen Plantage, und er war erzürnt über
die leichtfertige Art, wie man sie zu einer hohen Gefängnisstrafe verurteilt
hatte. Er kannte javanische Gefängnisse und wusste, was eine solche Haft bedeutet
hätte. Umso mehr Dankbarkeit empfand er gegenüber seinem Freund und ehemaligen
Kollegen. »Er ist sehr glücklich verheiratet mit deiner Freundin«, erzählte er.
»Man könnte meinen, er sei über Nacht zehn Jahre jünger geworden, seit die
Einsamkeit ihn nicht mehr quält. Schade, dass wir nicht zurückkehren können, um
ihm persönlich zu danken.«
    Nein, zurück nach Java konnten sie nicht. Neele war dort noch immer
zur Verhaftung ausgeschrieben, und auch ohne diese Gefahr wäre der Umstand
geblieben, dass sie in dem Land keine Zukunft hatten. Aber die Welt war groß,
und sie waren zwei junge Leute, die erst einmal Geld genug hatten, um sich in
Ruhe eine neue Lebensmöglichkeit zu suchen und einen Ort, an dem ihr Kind
aufwachsen konnte.
    Neele lehnte den Kopf an die Schulter ihres Mannes. Sie erzählte
ihm, dass sie jetzt Witwe war und dass sie daher auch kirchlich heiraten
könnten, was bei einem Leben in Europa für sie einen großen Vorteil bedeuten
würde. »Du bist doch immerhin dem Namen nach ein Christ, also nimm die Zeremonie
auf dich«, bat sie ihn. »Ein Paar, das nur zivil getraut ist, macht sich hier
immer noch viele Feinde, und wir haben nachgerade Schwierigkeiten genug, um sie
nicht noch zu vermehren.«
    Â»Wenn du es für richtig hältst, warum nicht.«
Er legte unter der Decke die Hand auf ihren Bauch. »Was meinst du, was es wird,
ein Junge oder ein Mädchen?«
    Â»Was auch immer, es wird mir willkommen sein, da es dein Kind ist.«
    Plötzlich sah sie, dass in seinen schönen dunklen Augen Tränen
glitzerten. »Ich hätte nie zu hoffen gewagt«, flüsterte er, »dass mir das
einmal eine Frau sagen wird: Es ist mir willkommen, da es dein Kind ist! Dass
sie nicht befürchtet, es könnte …«
    Neele verschloss ihm den Mund mit einem Kuss.

3
    N eele und Ameya
heirateten wenig später in Bremerhaven, wobei sie, da Ameya keinen
Familiennamen hatte, den Namen Laudrun als ehelichen Namen wählten. Sie
verkauften das Pferd, die Hunde und die Hühner, um die Tiere versorgt zu
wissen, und überwiesen das Geld Tante Käthe. Den

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