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Im Land der Orangenbluten

Im Land der Orangenbluten

Titel: Im Land der Orangenbluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: belago
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»Nun erzähl mal ganz in Ruhe, was ist mit der Mutter?«
    Das Mädchen schniefte. »Ich ... ich weiß nicht ... sie hat Fieber und liegt da. Ich ... ich hab nach der Medizinfrau gesucht, aber die war nicht zu finden. Ich glaube, sie stirbt.«
    »Na, so schnell stirbt man nicht.« Julie tätschelte ihr beruhigend den Arm. »Wir warten jetzt noch auf Schwester Klara, und dann sehen wir nach deiner Mutter, in Ordnung?«
    Das Mädchen wischte sich mit der Hand über das Gesicht und nickte.
    Julie hatte Mitleid mit der Kleinen. Nicht genug damit, dass sie Angst um ihre Mutter hatte, ihr war bestimmt auch unwohl bei dem Gedanken, nachträglich Ärger von ihrer Mutter zu bekommen, weil sie in die Mission gelaufen war. Trotz der zahlreichen Hilfsangebote der Station kamen Sklaven und Mulatten nur selten hierher. Es sei denn, der Besitzer eines Sklaven sprach ein Machtwort, oder ein Mulatte war so in Geldnot, dass er sich keinen Medizinmann oder den farbigen Arzt der Stadt leisten konnte.
    Die Angst, dass die Missionare ihre Hilfe an ein Glaubensbekenntnis koppelten, hielt sie vehement zurück. Wobei insbesondere Klara sich nicht gerade missionarisch verhielt. Ihr lag in der Tat das Wohl der Menschen am Herzen – unabhängig von der Hautfarbe und Religion. Ihr hünenhaftes Auftreten erleichterte ihr dieses Anliegen allerdings nicht gerade.
    Es dauerte nicht lange, bis Klara von ihrem Hausbesuch zurückkehrte. Kaum hatte Julie ihr die Geschichte des Mädchens berichtet, stand die Missionsschwester bereits mit ihrer Tasche wieder in der Tür.
    »Dodo, ruf eine Droschke.«
    Wenig später hievte sie das Mädchen neben den mürrisch dreinblickenden Kutscher und setzte sich dann hinten neben Julie in die Kutsche. »Wenn sie laufen muss, kommen wir ja nie an«, sagte sie knapp.
    Julie mochte Klaras resolute Art.
    Kurze Zeit später überkam Julie ein ungutes Gefühl. Sie kannte die Gegend, in die sie nun fuhren. Sie kannte auch die Straße, in die sie abbogen und – sie kannte das Haus, vor dem das Kind dem Kutscher bedeutete zu halten.
    Es war das Haus von Suzanna!
    Julie betrat das Haus mit einem mulmigen Gefühl. Am liebsten wäre sie weggelaufen, aber sie schritt tapfer hinter Klara her, die ohne zu zögern dem kleinen Mädchen durch die Eingangstür folgte. Das Kind führte die beiden Frauen eine Treppe hinauf und einen kurzen Flur entlang in ein abgedunkeltes Schlafzimmer. Auf einem Bett am Fenster lag eine Frau.
    »Mevrouw?« Klara sprach laut, um auf sich aufmerksam zu machen. Vom Lager der Frau kam allerdings keine Reaktion. Klara stellte ihre Tasche ab und trat an das Bett.
    Das kleine Mädchen hatte sich auf die Bettkante gesetzt und hielt die Hand seiner Mutter. Auch Julie trat nun heran. Auch wenn die bronzefarbene Haut der Frau bleich wirkte und tropfnass vom fiebrigen Schweiß war, erkannte Julie sie: Es war Suzanna.
    »Wer?«, drang es leise au dem Mund der Kranken. Ihre Stimme war leise und heiser.
    »Alles gut. Wir kommen von der Krankenstation der Mission. Ihre Tochter hat uns geholt, sie macht sich Sorgen. Sie sind sehr krank, wir werden Ihnen helfen«, sagte Klara so zuversichtlich wie möglich und wandte sich dann an das kleine Mädchen. »Kannst du uns eine Schale kaltes Wasser holen und ein paar Tücher?«
    Das Mädchen nickte eifrig und lief los.
    Klara betrachtete Suzanna besorgt. »Wir müssen dafür sorgen, dass das Fieber sinkt und ihr kalte Wickel machen. Dass diese Leute aber auch immer warten, bis es fast zu spät ist.«
    Julie zögerte einen Moment, Klara dabei zu helfen, Suzanna aus ihrer durchgeschwitzten Kleidung zu befreien. In ihrem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander. Dies war die surinamische Ehefrau ihres Mannes. Und damit war diese Frau ja auch ... Witwe! War das Mädchen, das sie hierher geführt hatte, etwas Karls Tochter?
    Dann besann sie sich. Diese Frau war schwer krank. Ob Karls Geliebte oder nicht – sie brauchte Hilfe.
    Bald kehrte das Mädchen zurück. Mit besorgtem Gesicht drückte sie sich in eine Zimmerecke und beäugte das Tun der beiden weißen Frauen. Sie wickelten kalte Tücher um Suzannas Körper und wechselten das Bettzeug. Dann flößte Klara Suzanna noch Fiebertropfen ein. »Jetzt können wir nur warten. Juliette, würden Sie bitte bei der Frau bleiben, bis sie wieder bei Bewusstsein ist?«
    Julie sah Klara mit großen Augen an. Nein! Sie konnte doch nicht ... hier ... bei ...
    Klara wartete Julies Antwort aber gar nicht ab. Im Vorbeigehen tätschelte sie dem

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