Im Land der Orangenbluten
allem waren die Verhandlungen dann glimpflich verlaufen. Valerie hatte sich um einen guten Juristen bemüht, der die Interessen von Julie vertrat.
»Danke Valerie, ich hätte ... das Geld ...«
»Ist schon gut, Juliette, du bist mir nichts schuldig. Wenn du nur gut auf Martin aufpasst und ich ... ich später bei euch sein darf.«
Julie war Valerie spontan um den Hals gefallen. Diese Frau hatte so viel für sie getan. »Natürlich, Valerie, du bist uns jederzeit willkommen.«
Pieter war zusätzlich von den Sklaven der Plantage belastet worden, die dank Erika und Suzanna recht selbstbewusst gegen ihren Masra ausgesagt hatten. Der Jurist hatte Julie geraten, sich nicht einzumischen, um nicht der Gefahr des Vorwurfs der Zeugenbeeinflussung ausgesetzt zu sein.
Begünstigt wurden die Verhandlungen aus Julies Sicht durch die aufkommende Emanzipation der Sklavenbevölkerung. Die weiße Obrigkeit war gegenüber Vergehen gegen Sklaven im Land durchaus sensibler geworden, und so war Pieter in den meisten Punkten schuldig gesprochen worden. Die medizinischen Vergehen aber würden in Europa verhandelt werden, denn dort konnten andere Mediziner Pieters Verhalten beurteilen und Recht darüber sprechen.
Julie war das gar nicht lieb. Lieber hätte sie ihn auf ewig im Gefängnis gewusst.
»Da kommt er schon noch hin, ob nun hier oder in den Niederlanden«, hatte Jean gesagt.
Durch Pieters Verurteilung hatte Julie endlich die Plantage und das Sorgerecht für ihr Kind zurückbekommen. Zudem hatte man ihr das Sorgerecht für Martin übertragen. Sie war erleichtert, konnte sie so doch wenigstens ihr Versprechen gegenüber Martina einhalten.
Als Pieter nun von vier Soldaten auf das Schiff gebracht wurde, bekam Julie weiche Knie. Sollte es das jetzt endlich gewesen sein? Sollte sie jetzt endlich in diesem Land in Frieden leben können?
Der letzte Blick von Pieter ließ sie erstarren.
Julie verabschiedete sich noch am Kai herzlich von Valerie, Erika und Suzanna.
Erika hatte sich entschieden, weiter in der Krankenstation der Mission zu arbeiten, nebenbei baute sie eine kleine Hilfsorganisation für Batavia auf. So konnte sie Reinhard wenigstens aus der Ferne behilflich sein.
Julie bestärkte sie in diesem Vorhaben. »Vielleicht können wir auch etwas spenden, sobald es mit der Plantage wieder bergauf geht«, sagte sie zuversichtlich. »Du und die Kinder, ihr seid jederzeit herzlich willkommen auf Rozenburg.«
Erika umarmte sie freundschaftlich. »Ach, Juliette, solange wir nur in gutem Kontakt bleiben, hilft mir das schon ungemein.«
Wico sollte gleich mit auf die Plantage kommen, schließlich hatte Jean ihm einen guten Posten angeboten. Jean hatte inzwischen die Finanzen von Rozenburg überschlagen, das zweite Haus war wirklich nicht zu halten. Obwohl sie dank Jeans Gold durchaus ein wenig Startkapital besaßen, mussten sie vorsichtig wirtschaften, damit die Plantage bald wieder schwarze Zahlen schrieb.
Suzanna würde mit Minou in das Stadthaus der Familie Leevken ziehen. Hedam und Foni konnten etwas kürzer treten, aufgrund ihres Alters war das beiden ganz recht. Suzanna würde im Stadthaus die Anstellung als Haushälterin annehmen. Nebenbei durfte sie den Kostacker weiter bestellen und den Markt beschicken.
»Ich komme euch bald besuchen«, sagte Valerie, als Julie sich von ihr verabschiedete. »Aber jetzt solltet ihr euch alle erst einmal ein bisschen Ruhe gönnen.«
Am Abend waren Julie, Jean, die Kinder, Amru und Kiri endlich wieder auf Rozenburg. Julie war erschöpft und durcheinander. Widersprüchliche Gefühle übermannten sie bei ihrer Ankunft auf der Plantage. Hier hatte sie schreckliche Dinge erlebt, aber auch die schönsten Momente. Sie freute sich, zurückzukommen, hatte aber auch Angst vor der Zukunft.
Jean schien ihre Unruhe zu spüren.
»Mach dir keine Sorgen. Pieter ist für mindestens fünfzehn Jahre fort, wer weiß, wozu sie ihn in Europa noch verurteilen. Ich glaube nicht, dass wir noch einmal etwas von ihm hören!« Er nippte an seinem Glas Dram und betrachtete Julie mit einem liebevollen Blick von der Seite, während die Sonne langsam über der Plantage unterging.
»Ich hoffe es!«, seufzte sie leise. Sie nahm einen Schluck Wein und blickte auf den Fluss. »Alles wirkt so friedlich.«
Jean folgte ihrem Blick. »Die Schatten der Vergangenheit werden verblassen, Julie. Du hast um diese Plantage gekämpft, nun ist es Zeit, auch einmal zu leben.«
Sie schenkte ihm einen dankbaren Blick. Dann schaute
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