Im Land der tausend Sonnen
Erbrechen Einhalt geboten, aber er hat immer noch Fieber und Magenschmerzen und ist halb verhungert.«
Sie schüttelte den Kopf. »Anscheinend ist niemandem so recht klar, wie viele von diesen fanatischen Goldgräbern in den Minen an Krankheiten und Unterernährung sterben.«
»Aber er wird doch wieder gesund?«
»Das kann ich nicht versprechen. Hängt davon ab, wie viel Schaden er sich selbst zugefügt hat. Seine Frau kann ihn besuchen, aber ohne die Kinder. Und ich würde auch Ihnen raten, ihn besser nicht zu besuchen. Ihr Baby ist noch so klein. Es gibt zu viele Tropenkrankheiten, von denen wir nichts wissen.«
Eine weitere deutsche Frau kam die Straße entlanggelaufen. Sie trug noch ihre Schürze. Eine verdammt gute Köchin, bemerkte der Straßenkehrer, als sie an ihm vorüberhastete. Sie sahen ihr neugierig nach, als sie zum Krankenhaus rannte. Doch in der abgelegenen kleinen Stadt war in den letzten vierundzwanzig Stunden so viel geschehen, dass den Räumbrigaden der Gesprächsstoff wohl tagelang nicht ausgehen würde.
Die Oberschwester unterrichtete die Krankenschwester, die einzige ausgebildete Schwester außer ihr.
»Er wohnt hier«, sagte sie. »Ist wohl einer von dem Haufen Immigranten, der letztes Jahr angekommen ist.«
»Armer Kerl. Er wusste bestimmt nicht mal, wo er war, als er hier an Land gebracht wurde. Wie geht's ihm?«
»Seit du ihn gewaschen hast, sieht er bedeutend besser aus, und deshalb fühlt er sich wohl auch besser, aber er ist immer noch sehr krank.«
»Er hält immer noch diesen blauen Stein fest.«
»Welchen blauen Stein?«
»Ich hab dir doch gesagt, als wir ihn herbrachten, hielt er einen groben alten Stein in der Hand, den er um nichts in der Welt loslassen wollte. Ein völlig nutzloses Stück Fels, fest in seiner Hand, und er lässt nicht los.«
»Vielleicht ein Andenken oder so.«
»Ich glaube eher, er redet sich ein, es wäre Gold. Du weißt doch, wie sie sind, diese Goldgräber … halb verrückt in ihren Wahnvorstellungen.«
Die Oberschwester sah durchs Fenster eine Frau, die keuchend auf den Eingang zustrebte und sich im Laufen die Schürze abband.
»Das dürfte Mrs Zimmermann sein.«
»Die kenne ich. Sie ist Köchin im Royal Hotel.«
Eva saß auf einem Stuhl an Theos Bett und versuchte, sich zu erinnern, wann sie das letzte??? Mal miteinander geredet hatten, doch sie kam nicht über seine Lüge hinsichtlich des Pferds und über sein Verschwinden hinaus. Sein feiges Abhauen, um zu den Goldfeldern zu eilen. Von einem Pferd war jetzt nicht mehr die Rede.
Das war offenbar auch abhanden gekommen. Er war ohne einen Penny zurückgekommen, besaß nicht einmal mehr ein eigenes Paar Hosen. Die Oberschwester hatte angeordnet, dass seine Kleider verbrannt wurden. Wegen der Infektionsgefahr, sagte sie. Und wegen der Läuse.
Seine Frau schämte sich. Sie wünschte sich, Rosie hätte geschwiegen, wäre zuerst zu ihr gekommen. Das hätte wahrscheinlich aber auch nichts geändert. Sie wäre trotzdem hergerannt, um zu sehen, wer der Mann war, um bestätigt zu finden, dass ihr Mann, der Dummkopf, endlich zu Hause gelandet war, um ihr noch größere Peinlichkeiten zu bescheren. Er wusste anscheinend nicht, wo er war. Faselte über alles Mögliche, manchmal auf Deutsch, manchmal auf Englisch, und sah verrückt aus mit seinem kahl geschorenen Schädel, der aussah wie eine weiße Mütze über sonnenverbrannter Haut.
Eva seufzte. Sie sollte besser wieder zurück an die Arbeit gehen. Einer musste schließlich die Familie ernähren. Sie stand auf und wollte gehen, aber plötzlich ergriff er ihren Arm, und sie sprach ihn an.
»Keine Angst. Ich komme später noch einmal. Die Schwester kümmert sich um dich. Schlaf jetzt.«
Doch er ließ sie nicht los und zog mit äußerster Mühe den anderen Arm herüber, um ihr etwas in die Hand zu drücken. Dann sank er erschöpft in die Kissen zurück.
»Was ist das?«, fragte Eva und betrachtete den schweren blauen Stein, doch Theo war schon wieder eingedämmert.
Eva untersuchte den Stein sorgfältig, in der Hoffnung, er könnte
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