Im Land der tausend Sonnen
werden, und da ist er in ein Zimmer weiter hinten gebracht worden. Sehen Sie doch selbst nach. Er ist wirklich hier.«
»Pass auf das Kind auf«, sagte Rosie zu Rolf und legte das Baby neben ihm ins Bett. »Ich bin gleich zurück.«
»Die zweite Tür rechts«, erklärte der Bursche, und Rosie huschte davon. Sie war so sicher, dass das alles weiter nichts als Unsinn war, sie traute sich nicht, eine der Schwestern zu fragen, aus Angst, man könnte sie auslachen. Vielleicht wollte der Mann sich nur einen Spaß mit ihr machen. Das war in dieser Stadt ja so üblich, man lachte ständig, nahm die anderen hoch.
Dann wusste sie nicht mehr, ob die Tür nun links oder rechts sein sollte, hörte jedoch vor einer Tür eine deutsche Stimme und wollte gerade eintreten, als die Oberschwester sie zurückhielt.
»Ihr Mann liegt auf der Männerstation, Mrs Kleinschmidt.«
Schuldbewusst versuchte Rosie sich zu erklären. »Ich wollte nur wissen, ob Pastor Beitz tatsächlich hier ist. Hier im Krankenhaus.«
»Ja, meine Liebe. Er liegt in dem Zimmer da drüben, aber augenblicklich schläft er. Wir haben ihn eben gerade ein wenig beruhigen können.«
Rosie war schockiert. »Dann stimmt es also. Jemand hat auf ihn geschossen. Oh, mein Gott! Was geht hier vor?«
»So beruhigen Sie sich doch. Es ist ja alles vorüber.«
»Aber der Mann sagte, Vikar Ritter sei tot!«
»Das ist leider wahr, Mrs Kleinschmidt. Sie werden noch früh genug alles Nähere erfahren. Höre ich da Ihr Baby weinen?«
Man sah es nicht gern, wenn Leute ihre Besuche zu lange ausdehnten, und Rosie machte sich kurz darauf auf den Heimweg. Sie schob den Kinderwagen zum Royal Hotel, um Eva Zimmermann zu besuchen. Die wusste bestimmt, was geschehen war.
Rosie war gerade vor der Küchentür angelangt, als es ihr blitzartig einfiel.
Eva kam zur Tür, freute sich, sie zu sehen, beugte sich herab und schäkerte mit dem Baby, doch Rosie stieß atemlos hervor:
»Tut mir Leid, ich kann mich nicht lange aufhalten. Würdest du bitte auf das Kind aufpassen? Ich bleibe nicht lange fort.«
»Ja …« Eva trat nach draußen und griff nach dem Kinderwagen, und bevor sie noch fragen konnte, worum es denn ginge, lief Rosie bereits quer über den Hinterhof des Hotels zur Straße.
Einige Männer waren mit dem Aufräumen beschäftigt, mit schweren Besen und Harken schoben sie nasses Laub beiseite, andere sägten Äste ab und stapelten sie zu Haufen, und Rosie hastete um sie herum, die Straße entlang zum Krankenhaus.
Keuchend stand sie vor der Oberschwester. »Was gibt es denn nun schon wieder, Mrs Kleinschmidt?«, seufzte sie.
»Der Mann in dem anderen Zimmer, nicht in dem von Pastor Beitz. Wer ist das?«
»Ein Fremder. Von einem Schiff. Offenbar ein Däne. Von den Goldfeldern.«
»Er ist kein Däne. Er ist Deutscher«, sagte Rosie. »Ich habe ihn sprechen hören.«
»Wie schön. Vielleicht kann Ihr Mann später mal mit ihm reden. Ihn fragen, wer er ist. Ihm geht es nicht gut.«
»Aber Oberschwester, ich weiß, wer er ist. Ich glaube es jedenfalls …« Plötzlich war sie nicht mehr so sicher. Sie hatte den Mann ja nicht tatsächlich erkannt. Wie denn auch? Sein Gesicht verbarg sich unter langen Haaren und einem wilden Bart.
»Dann wollen wir mal sehen. Wir dachten, er hätte die Cholera, aber Dr. Strauss glaubt es inzwischen nicht mehr. Wir haben ihn eben gewaschen.« Sie lachte. »Diese Goldgräber lassen sich gehen, vergessen, was Baden und Rasieren bedeutet, deshalb kennen wir kein Erbarmen. Er ist jetzt ordentlich rasiert. Meine Damen hören nicht auf die Klagen dieser Kerle, hier werden sie geschrubbt, was das Zeug hält.«
Sie öffnete die Tür, und Rosie erblickte Theo Zimmermann.
»Sie kennen ihn nicht, oder?«, fragte die Oberschwester.
»Oh doch. Ohne den Bart erkenne ich ihn sofort. Er heißt Theo Zimmermann, und seine Frau und seine Kinder wohnen in Bundaberg.«
»Gütiger Gott. Sind Sie wohl so freundlich und informieren seine Frau?«, bat die Oberschwester leise und schob Rosie zur Tür hinaus. »Er ist immer noch schwer krank. Ich schätze, wir haben dem
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