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Im Land der weissen Rose

Im Land der weissen Rose

Titel: Im Land der weissen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Knaben um seinen Körper, seinen Atem,
die Schulter, an die er sich lehnte. Er roch seinen Schweiß,
der ihm süßer erschien als der Rosengarten in Kiward
Station, und er hörte das Schluchzen, das David jetzt nicht mehr
unterdrücken konnte. Lucas ließ den Kopf zur Seite sinken
und hauchte einen verstohlenen Kuss auf Davids Brust. Der Junge
spürte ihn nicht, zog den Sterbenden aber noch fester an sich.
    Â»Alles wird gut!«, flüsterte er. »Alles
wird gut. Du schläfst jetzt ein bisschen, und dann ...«
    Steinbjörn Sigleifson wiegte den Sterbenden in den Armen, wie
seine Mutter es mit ihm gemacht hatte, als er noch klein gewesen
war.Auch er fand Trost in dieser Umarmung; sie hielt die Angst von
ihm fern, gleich ganz allein, verletzt und ohne Decken und Proviant
auf diesem Strandstück verlassen zu werden. Schließlich
presste er sein Gesicht in Lucas’ Haar und schmiegte sich
schutzsuchend an ihn.
    Lucas schloss die Augen und überließ sich ganz diesem
überwältigenden Glücksgefühl.Alles war gut. Er
hatte, was er sich gewünscht hatte. Er war da, wo er hingehörte.
    Â 

11
    George Greenwood führte sein Pferd in den Mietstall von
Westport und wies den Besitzer an, es gut zu füttern. Man schien
dem Mann trauen zu können; die Anlage machte einen relativ
gepflegten Eindruck. Ãœberhaupt gefiel ihm diese kleine Stadt an
der Mündung des Buller River. Bislang war sie winzig, gerade mal
zweihundert Einwohner, aber schon jetzt stießen immer mehr
Goldsucher dazu – und auf die Dauer würde auch Kohle
gefördert werden. Was George anging, interessierte dieser
Rohstoff ihn weitaus mehr als das Gold. Die Entdecker der
Kohlevorkommen suchten nach Investoren, die auf lange Sicht für
den Aufbau einer Mine sorgten, vorerst jedoch für eine
Eisenbahnverbindung. Denn solange es keine Möglichkeit gab, die
Kohle preiswert abzutransportieren, war eine Förderung
unrentabel. George wollte seinen Aufenthalt an der Westküste nun
unter anderem dazu nutzen, sich einen Eindruck von dem Land und den
möglichen Verkehrsverbindungen zu machen. Es war immer gut für
einen Kaufmann, sich umzusehen – und in diesem Sommer erlaubte
ihm sein aufstrebendes Unternehmen in Christchurch zum ersten Mal,
ohne unmittelbare geschäftliche Interessen von einer Schaffarm
zur anderen zu reisen. Jetzt im Januar, nachdem die Schafschur und
die aufreibende Zeit des Ablammens vorüber waren, konnte er es
auch wagen, seinen endlosen Problemfall Howard O’Keefe ein paar
Wochen sich selbst zu überlassen. George seufzte allein bei dem
Gedanken an Helens hoffnungslosen Gatten! Dank seiner Unterstützung,
den wertvollen Zuchttieren und intensiver Beratung warf O’Keefes
Farm nun endlich etwas Profit ab, aber Howard blieb ein unsicherer
Kandidat. Der Mann neigte zum Aufbrausen, zum Trinken, er nahm
Ratschläge ungern an und wenn, dann grundsätzlich nur von
George selbst, nicht von dessen Untergebenen und schon gar nicht von
Reti, Helens ehemaligem Schüler, der sich langsam zu Georges
rechter Hand entwickelte. Jedes Gespräch, jede Ermahnung, die
Schafe zum Beispiel imApril endlich abzutreiben, um bei einem
eventuellen plötzlichen Wintereinbruch keine Tiere zu verlieren,
erforderten also einen Ritt von Christchurch nach Haldon. Und so gern
George und Elizabeth auch mit Helen zusammen waren – mitunter
hatte der erfolgreiche junge Geschäftsmann anderes zu tun, als
die Angelegenheiten eines kleinen Farmers zu regeln. Dazu ärgerte
ihn Howards Halsstarrigkeit und sein Umgang mit Helen und Ruben.
Beide zogen sich immer wieder den Zorn ihres Mannes beziehungsweise
Vaters zu – paradoxerweise deshalb, weil Helen sich
HowardsAnsicht nach zu viel, Ruben zu wenig um die Belange der Farm
kümmerte. Helen hatte längst begriffen, dass Georges Hilfe
das Einzige war, das ihre wirtschaftliche Existenz nicht nur retten,
sondern ihre Lebensumstände obendrein drastisch verbessern
konnte, und sie war im Gegensatz zu ihrem Gatten durchaus in der
Lage, Georges Ratschläge und ihre Beweggründe zu verstehen.
Immer drängte sie Howard, sie umzusetzen, was diesen umgehend
aufbrausen ließ. Es belastete das Verhältnis, wenn George
sie dann in Schutz nahm, und auch die offensichtliche Begeisterung
des kleinen Ruben für »Onkel George« war O’Keefe
ein Dorn imAuge. Greenwood versorgte den Jungen freigebig

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