Im Land der weissen Rose
wirken ließe.Als
es Gwyn endlich gelang, sich von Lady Barrington loszureißen
und unauffällig in Sideblossoms Richtung zu schlendern,
bestätigte sich ihre Annahme.
»Natürlich zeige ich Ihnen die Stute gern. Wenn Sie
möchten, können wir morgen zusammen ausreiten. Ich habe
Ihren Hengst betrachtet, er ist wirklich schön!« Fleurette
schien den Besucher sympathisch zu finden. »Oder reisen Sie
morgen schon ab?«
Die meisten Anwesenden würden gleich am nächsten Tag
zurück zu ihren Farmen reiten. Die Organisation der
Strafexpedition war nun beschlossen, und die Männer
beabsichtigten, im Umkreis Leute auszuheben, die bereit waren, sich
daran zu beteiligen. Einige Schafzüchter wollten selbst
mitreiten, andere versprachen, zumindest ein paar bewaffnete Reiter
beizusteuern.
John Sideblossom jedoch schüttelte den Kopf. »Nein, ich
bleibe ein paar Tage hier, Miss Warden. Wir haben vereinbart, die
Leute aus der Gegend von Christchurch hier zu sammeln und dann
gemeinsam zu meiner Farm zu reiten. Sie wird derAusgangspunkt für
alle weiteren Aktivitäten. Insofern nehme ich Ihr Angebot gern
an. Der Hengst führt übrigens Araberblut. Ich konnte vor
ein paar Jahren einen Wüstenaraber in Dunedin erstehen und habe
unsere Farmpferde mit ihm gekreuzt. Die Ergebnisse sind sehr hübsch
– manchmal aber etwas leicht.«
Gwyn war vorerst beruhigt. Solange die beiden über
Pferdezucht diskutierten, würde Sideblossom sich zu benehmen
wissen. Und womöglich gefiel er Fleurette tatsächlich. Die
Verbindung wäre passend: Sideblossom war angesehen und besaß
fast noch mehr Land als Gerald Warden, wobei es allerdings weniger
fruchtbar war. Natürlich war der Mann ziemlich alt für
Fleur, aber auch das lag noch im Rahmen. Wenn sie selbst nur kein so
ungutes Gefühl dabei gehabt hätte! Wenn der Mann nicht so
kalt und gefühllos gewirkt hätte! Und dann war da natürlich
noch die Sache mit Ruben O’Keefe. Fleurette würde sich
bestimmt nicht bereitwillig von ihrer Liebe verabschieden.
Dennoch schien sie in den nächsten Tagen Freude an John
Sideblossoms Gesellschaft zu finden. Der Mann war ein verwegener
Reiter, was Fleur gefiel, und er konnte wohl auch spannend erzählen
und war ein guter Zuhörer. Dazu hatte er Charme und eine
mutwilligeArt, die das Mädchen anziehend fand. Fleur lachte, als
Sideblossom beim Tontaubenschießen mit Gerald nicht auf die
Taube anlegte, sondern ihr eine der verwahrlosten Rosen aus dem
Garten vom Stängel schoss.
»Die Rose der Rose!«, sagte er – zwar wenig
originell, doch Fleur schien sich geschmeichelt zu fühlen. Paul
dagegen wirkte verärgert. Er bewunderte John Sideblossom schon
seit Geralds Berichten über ihn, und nachdem er ihn nun
persönlich kannte, vergötterte er ihn geradezu. Sideblossom
hatte allerdings kaum Augen für den Jungen. Entweder trank und
redete er mit Gerald, oder er bemühte sich um Fleur. Paul
überlegte, wie er es schaffen konnte, ihm reinen Wein über
seine Schwester einzuschenken. Doch vorerst fand sich keine
Gelegenheit dazu.
John Sideblossom war ein Mann von raschen Entschlüssen und
gewohnt, zu bekommen, was er wollte. Kiward Station hatte er vor
allem aufgesucht, um dieSchafzüchter aus Canterbury endlich zu
mobilisieren. Als er dann aber Fleurette Warden kennen lernte, traf
er sehr schnell die Entscheidung, bei dieser Gelegenheit auch ein
anderes anstehendes Problem zu lösen. Er brauchte eine neue Frau
– und hier war ihm unversehens eine passende Kandidatin
begegnet. Jung, begehrenswert, aus guter Familie und offensichtlich
hochgebildet. Zumindest in den ersten Jahren würde er den
Hauslehrer für seinen kleinen Thomas sparen können. Die
Verbindung mit den Wardens würde ihm auch weitere Türen in
der guten Gesellschaft von Christchurch und Dunedin öffnen. Wenn
er richtig verstanden hatte, stammte Fleurettes Mutter sogar aus
englischem Adel. Ein bisschen wild schien das Mädchen allerdings
zu sein, und die Mutter neigte offenbar zur Herrschsucht. Sideblossom
jedenfalls hätte seiner Frau niemalserlaubt, sich an der Führung
der Farm zu beteiligen und sogar den Viehtrieb zu leiten!Aber das war
Wardens Problem; Fleurette würde er sich schon zurechtstutzen.
Dabei konnte sie ihr offensichtlich geliebtes Viehzeug gern
mitbringen – die Stute würde fantastische Fohlen bringen,
und auch die
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