Im Land der weissen Rose
gastfreundlich. Erteilt sein Essen mit uns,
wenn wir wandern. Und das Mädchen ist eine Sängerin.
Tohunga! Aber ich sage: Alle pakeha sind verdorben! Und unsere
Mädchen sollen sie nicht haben!«
Tonga nickte. »Du hast Recht«, sagte er ernst. »Kein
pakeha sollte unsere Mädchen schänden. Und du wirst mein
Führer sein und dem Beil des Häuptlings voranschreiten, um
das Unrecht zu rächen!« Der Junge strahlte. Gleich am
nächsten Tag führte er Tonga in die Highlands.
Tonga und sein Führer trafen Paul vor seinem Haus an. Der
junge Mann hatte Holz gesammelt und half Marama, eine Kochgrube
auszuheben. In ihrem Dorf war das nicht üblich gewesen, aber sie
hatten beide von diesem Brauch der Maoris gehört und wollten es
jetzt ausprobieren. Vergnügt suchte Marama Steine zusammen, und
Paul stach seinen Spaten in das vom letzten Regen noch weiche
Erdreich.
Tonga trat hinter den Felsen hervor, die nach Maramas Glauben die
Götter glücklich stimmten.
»Wessen Grab hebst du aus, Warden? Hast du wieder mal
jemanden erschossen?«
Paul fuhrherum und hielt den Spaten vor sich. Marama stieß
einen leisen Laut des Schreckens aus. Sie war wunderschön an
diesem Tag, trug wieder nur ihren Rock und hatte dasHaar mit einem
bestickten Stirnband zurückgebunden. Ihre Haut glänzte nach
derAnstrengung, und eben noch hatte sie gelacht. Paul schob sich vor
sie. Er wusste, dass es kindisch war, aber er wollte nicht, dass
jemand sie so leicht bekleidet sah – auch wenn die Maoris
sicher keinen Anstoß daran nehmen würden.
»Was soll das, Tonga? Du erschrickst meine Frau. Verschwinde
von hier, dies ist nicht dein Land!«
»Eher meins als deins, pakeha! Aber wenn du’s wissen
willst – dein Kiward Station wird dir auch nicht mehr lange
gehören. Euer Gouverneur hat für mich entschieden. Wenn du
mich nicht auszahlen kannst, werden wir teilen müssen!«
Tonga lehnte sich lässig auf das Beil des Häuptlings, das
er mitgetragen hatte, um entsprechend würdevoll auftreten zu
können.
Marama trat zwischen die beiden. Sie erkannte, dass Tonga den
Schmuck des Kriegers trug, und er war nicht einfach aufgemalt –
der junge Häuptling hatte sich in den letzten Monaten auf
traditionelle Weise tätowieren lassen.
»Tonga, wir werden gerecht verhandeln«, sagte sie
sanft. »Kiward Station ist groß, jeder wird seinen Anteil
bekommen. Und Paul wird auch nicht mehr dein Feind sein. Er ist mein
Mann, er gehört zu mir und meinem Volk.Also ist er auch dein
Bruder. Schließ Frieden, Tonga!«
Tonga lachte. »Der? Mein Bruder? Dann soll er auch leben wie
mein Bruder! Wir werden sein Land nehmen und sein Haus schleifen.Die
Götter sollen das Land zurückbekommen,auf dem dieses Haus
steht. Ihr zwei könnt natürlich in unserem Schlafhaus
wohnen ...« Tonga ging auf Marama zu. Seine Blicke schweiften
anzüglich über ihre nackten Brüste. »Aber
vielleicht magst du dann ja auch mit einem anderen das Lager teilen.
Noch ist nichts entschieden ...«
»Du verdammter Mistkerl!«
Als Tonga die Hand nach Marama ausstreckte, stürzte Paul sich
auf ihn.Augenblicke später wälzten die beiden sich
prügelnd, schreiend und fluchend am Boden. Sie schlugen
einander, rangen, kratzen und bissen, womit auch immer sie einander
verletzen konnten. Marama verfolgte den Kampf gleichmütig. Sie
wusste nicht, wie oft sie den beiden Rivalen schon bei einer solch
unwürdigen Auseinandersetzung zugeschaut hatte. Kindsköpfe,
alle beide!
»Hört auf!«, rief sie schließlich. »Tonga,
du bist ein Häuptling! Denk an deine Würde. Und du, Paul
...«
Doch die beiden hörten sie gar nicht, sondern prügelten
weiter verbissen aufeinander ein. Marama würde warten müssen,
bis einer den anderen auf den Rücken gezwungen hatte.Dabei waren
beide ungefähr gleich stark. Marama wusste, dassdas Kriegsglück
hier schwankte – und sie würde bis ans Ende ihres Lebens
darüber nachdenken, ob nicht alles anders gekommen wäre,
hätte das Glück diesmal nicht Paul begünstigt, denn
Tonga fand sich schließlich am Boden. Paul hockte über
ihm, außerAtem, das Gesicht zerkratzt und blutig
geschlagen.Aber er triumphierte. Grinsend hob er die Faust.
»Wirst du jetzt noch einmal bezweifeln, dass Marama meine
Frau ist, du Bastard? Für immer und ewig?« Er
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