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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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teilzunehmen.
    Jetzt fügte sich alles, was Echnaton uns in all den Jahren gelehrt hatte, zu einem großen, wunderbaren Bild zusammen. Die Natur selbst war das herrlichste Lob ihres Schöpfers. Wie vollkommen hatte Aton seine Schöpfung gestaltet, die großen Dinge wie die kleinen, alles bedacht, selbst für uns Menschen so Unbedeutendes wie ein ungeborenes Küken im Ei! Es war viel Schlichtheit, viel Demut in diesem Glauben. Es brauchte keine mystischen Schöpfungsgeschichten, keine Göttermorde und-intrigen. Es brauchte keine Nachtfahrt der Sonne und keine Unterwelt, in der sie sich vollzogen. Die Strahlen Atons schienen auf alle Welt, nicht nur auf Ägypten, und weil die Fremdländer nicht mit der Gabe des Nils gesegnet sind, lässt ein fürsorglicher Aton es dort regnen. Wie weit muss das Herz dieses Echnaton gewesen sein! Wie rein und wie groß!
    Der Gesang war so rein, so einfach und doch so allumfassend, dass ich ihn mit Erlaubnis Echnatons in dreizehn langen Zeilen in meinem Felsgrab im Ostgebirge von Achet-Aton aufzeichnen ließ, damit ich mich auch über den Tod hinaus an seinen Worten erfreuen konnte und damit er für alle Zeiten erhalten blieb.
     
    Das zehnjährige Thronjubiläum Echnatons wurde zwar nicht so groß gefeiert wie ein Heb-Sed, doch Pharao nahm es gleichwohl zum Anlass, sein Volk erneut am Glanz seiner Herrschaft teilhaben zu lassen. Die Tempel und Paläste waren einmal mehr mit Blumen und Fahnen geschmückt, alle Bauarbeiten in der Stadt ruhten für drei Tage und in jedem Haus bereitete man sich auf die Feiern vor. Festliche Gewänder wurden genäht, zusätzliches Bier wurde gebraut, Wein aus den Oasen herbeigeschafft und ganze Herden von Rindern und Schafen in die Schlachthäuser getrieben. Tänzerinnen und Tänzer, Musikanten und Akrobaten bereiteten ihre Auftritte vor, und je näher das Fest rückte, umso mehr hob sich die Laune bei jedermann. Wussten wir doch, dass kein Volk der Erde so stilvoll und doch ausgelassen feiern konnte wie wir Ägypter.
    Am ersten Morgen des Festes brachten Echnaton und Nofretete im Gempa-Aton reiche Opfer dar, Pharao betete mit lauter und erhabener Stimme für seinen Gott den Sonnengesang, und es stieg köstlicher Weihrauch aus dem fernen Punt in das Reich Atons empor, damit er so die Dankbarkeit seines königlichen Sohnes erfuhr. Danach bestieg das Herrscherpaar vor den Toren des Gempa-Aton ihre Prunkwagen und fuhr zwischen dem Jubel Tausender glücklicher Untertanen zum Stadtpalast. Für kurzeAugenblicke waren sie verschwunden, dann zeigten sie sich mit ihren Töchtern im großen Erscheinungsfenster der Steinbrücke, die über die Königsallee hinweg die beiden Palastteile miteinander verband. Auf der rechten Seite führte eine schmale Steintreppe empor, sodass man von außen – wenn es die Soldaten zuließen – bis nahe an die königliche Familie herantreten konnte. Es dauerte lange, bis sich der Jubel der vielen Menschen gelegt hatte. Dann stieg Aper-el die wenigen Stufen empor, um mit einer ausholenden Geste seines rechten Arms alle zum Schweigen aufzufordern.
    Mit lauter Stimme rief er: «Der Wedelträger zur Rechten des Königs, Vorsteher aller Pferde des Königs, sein wahrhaft geliebter Schreiber, der Gottesvater Eje und die große Gelobte von Waen-Re, die Gelobte der Großen königlichen Gemahlin, Ti, sie treten vor Seine Majestät, sie lebe, sei heil und gesund!»
    Ti sah mich mit großen, ja geradezu furchtsamen Augen an, weil sie keine Vorstellung davon hatte, was nun geschehen würde. Ich nahm sie deswegen bei der Hand, drückte sie ein wenig und ging mit ihr die wenigen Schritte nach vorn zum Absatz der Treppe. Wir verneigten uns ehrerbietig vor dem Herrscherpaar. Aper-el fuhr fort:
    «Der Wedelträger zur Rechten des Königs, Eje, der Vertraute des Königs im ganzen Land. Er ist ein Wahrhafter des Königs, den er aufgezogen hat, ein Rechtschaffener des Herrn der Beiden Länder. Er verehrt den einzigen König wie Aton, denn es gibt keinen anderen Großen als ihn. Wegen seiner Nützlichkeit für den König werde er ausgezeichnet vor allen anderen. Und auch Ti, seine Gemahlin, die das Herz des Königs und der Königin erfreut hat alle Zeit, die Amme war der Großen königlichen Gemahlin, werde ausgezeichnet vor allen anderen.»
    Hinter uns brach Jubel los, und vor allem mein Gesinde, das sich in unserer Nähe aufgehalten hatte, vollführte wahre Freudensprünge. Etwas abseits hörte ich trotz all des Lärms wie einer der Wachposten, dessen

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