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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Sicht durch einen Mauervorsprung verdecktwar, einem Jungen zurief: «Für wen macht man den Jubel, Kleiner?»
    «Man macht den Jubel für Eje, den Gottesvater, und für Ti. Sie werden von Pharao zu reichen Leuten gemacht», gab der Junge zurück.
    Ich sollte ernst und würdevoll bleiben, jetzt, da ich vor aller Augen Pharao gegenüberstand, doch über diese beiden Sätze musste ich einfach herzlich schmunzeln. Und in der Tat wurden Ti und ich jetzt von der ganzen königlichen Familie mehr als großzügig beschenkt. Echnaton und Nofretete überreichten uns zehn goldene Halsbänder, goldene Gefäße und Ringe, und selbst Meritaton und Maketaton hatten ihre Freude daran, Ti und mir goldene Armreife und Halsketten zu überreichen.
    «Ich hoffe, du hast das Wagenlenken noch nicht verlernt», sagte Echnaton zu mir und gab mir ein Paar Handschuhe aus feinstem rot gefärbten Leder. Sie waren so fein und sauber genäht, wie ich es noch nie gesehen hatte. Echnaton strahlte, als er mein staunendes Gesicht sah.
    «Ich weiß, dass du sie mehr schätzt als all das Gold, das ich dir gab. Du bist außer mir der einzige Mann in Ägypten, der Handschuhe von so edler Machart besitzt. Ich bin aber auch der Einzige, der einen Schwiegervater hat, wie du es bist. Ich verdanke dir viel, Eje, und du sollst wissen, dass ich dir dafür immer dankbar sein werde – nicht nur heute. Jetzt dreh dich um und genieße die Freude der Menschen, die dir zujubeln!»
    Ich fasste Ti wieder bei der Hand, und wir sahen, wie unsere Diener noch immer fröhlich wie Kinder hüpften und wie die übrigen Umherstehenden   – Würdenträger, Soldaten, fremde und einheimische Zuschauer gleichermaßen – sich immer wieder vor der königlichen Familie und vor uns verneigten und ehrfurchtsvoll die Hände erhoben. Immer wieder drehte sich Ti nach Nafteta um und lächelte ihr zu, wusste sie doch, dass jene ganz erheblichen Anteil daran hatte, dass wir von Echnaton vor allem Volk so geehrt und ausgezeichnet wurden.
    Nachdem die königliche Familie das Erscheinungsfenster verlassen und sich in das Innere des Stadtpalasts zurückgezogen hatte, lief die Menschenmenge wieder auseinander. Auch Ti und ich traten mit all unseren Geschenken und umringt von unserem stolzen Gesinde den Heimweg an. Ipu und zwei andere Diener trugen die Geschenke Pharaos und mussten sie immer wieder den anderen zeigen. Nur meine roten Lederhandschuhe gab ich nicht aus der Hand.
     
    Weil wir in so fröhlicher Stimmung waren, lud ich zu Hause meine Diener ein, mit mir und Ti einen kräftigen Schluck gekühlten Bieres zu trinken, ehe wir uns vor der Mittagshitze ins Innere des Hauses zurückzogen.
    Die Fensterläden weit oben nahe der Decke waren geschlossen, damit die Hitze des Tages nicht hereindringen konnte, und so verschwammen im dämmrigen Licht alle Konturen, erhielt alles eine angenehme Unschärfe. Ich lag schon auf dem Bett und sah durch das Mückennetz hindurch, wie sich Ti auszog. Durch diesen Schleier ungewollt verhüllt, erschien sie viel jünger als sie war, ihre Figur wirkte graziös, ja mädchenhaft. Ich sah die schlanken Schenkel, die schmalen Hüften, ihre kleinen Brüste, ihr fröhliches Gesicht. Als sie bei mir lag, fuhr ich mit dem Zeigefinger zärtlich über den Rücken ihrer krummen Adlernase, zog sie fest an mich, küsste ihren Hals und biss ihr vorsichtig ins rechte Ohr. Dann vergaßen wir alles andere um uns, das viele Ehrengold Pharaos, das bevorstehende Fest am Abend, und gehörten nur uns.
    Wir schliefen gewiss zwei Stunden tief und fest, bis ich aufwachte, weil ich hörte, wie Ipu für uns im Bad Wasser eingoss. Als Ti aufstand und hinausging, sah ich sie wieder an und empfand eine tiefe Zufriedenheit, ich spürte, wie glücklich ich mit ihr war und versank sogleich wieder in einen seligen Schlaf. Ich weiß nicht, wie lange dieser Zustand gedauert haben mag, denn ich erwachte erst wieder, als Ti aus dem Bad zurückkam. Sie hattesich ein Tuch um den Körper gewickelt, und ich sah, wie sie schwankte und bei jedem Schritt nach einem Möbelstück griff, um sich daran festzuhalten und sich abzustützen. Ihr Atem ging schwer, und sie stöhnte bei jedem Schritt.
    «Mir ist entsetzlich schlecht, Eje», sagte sie leise, als sie sich auf die Bettkante setzte. Auf ihrer Stirn bildeten sich mehr und mehr Schweißperlen. Dann sagte sie mit ängstlicher Stimme: «Ich sehe nichts mehr. Eje, ich kann nichts mehr sehen!»
    Entsetzliche Angst kam über mich, denn erst jetzt begriff ich,

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