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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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hätte ich mir sicher sein können, dass er dem Guten Gott galt.
    Doch es blieb still. Es blieb so still, dass ich schon von weitem hörte, wie die Ruder der Barken in den Fluss eintauchten und sich unter dem Geplätscher des abtropfenden Wassers wieder aus dem Wasser erhoben. Niemand dachte daran, voreilig zu Boden zu fallen, um der Herrscherfamilie die ihr zustehende Ehre zu erweisen, denn jeder wollte sich erst mit eigenen Augen vergewissern, ob Pharao kam oder nicht. Ich sah, wie nördlich von uns die ersten Menschen langsam zu Boden gingen, ohne Freude, ohne Jubel, und jetzt stand für mich fest, dass sich Echnaton nicht an Bord der königlichen Barke befand. Wir alle sahen die Schiffe, und manchem derer, die um mich herum versammelt waren, trieb es Tränen der Verzweiflung in die Augen. Meine Schwester, die Große königliche Gemahlin Teje, stand allein unter dem Baldachin des Schiffs. Klein, fast gebückt stand sie da, und traurig, so unendlich traurig.
    Kurz bevor sie das Schiff verließ, begannen die Soldaten der Leibgarde mit ihren Schwertern und ihren Streitäxten gegen die Schilde zu schlagen. Erst langsam, bedächtig und gleichmäßig, dann schneller und heftiger werdend. Unter diesen zunehmend lauter werdenden Lärm mischten sich die ersten Jubelrufe, und wie zum Trotz stimmten mehr und mehr Menschen ein, aufgepeitscht von den Schlägen der Leibgarde, bis schließlich alle aufsprangen und im Gleichklang ihrer Rufe die geballten Fäuste nach oben warfen.
    «Nimuria, Nimuria», erschallte es immer wieder, dann mischten sich die ersten Teje-Rufe dazwischen, bis sie sich durchsetzten und zuletzt diese gewaltige Menschenmasse immer wieder nur den Namen der Großen königlichen Gemahlin rief. Ich erkannte deutlich, wie Teje sich jetzt aufrichtete, nicht mehr die gebeugte Frau war, die ich eben noch sah, sondern als stolze Königin, die Doppelfederkrone auf dem Kopf, das Schiff verließ.
    «Du hast uns lange warten lassen. Aber es ist gut, dass du endlich hier bist», sagte ich zu ihr, nachdem ich sie zur Begrüßung auf beide Wangen geküsst hatte.
    «Du ahnst nicht, was ich in den letzten Tagen durchlitten habe. Davon erzähle ich dir später. Jetzt begleite mich erst in den Tempel!», gab mir Teje zur Antwort.
    Dann bestieg sie ihre Sänfte, und unter dem noch immer anhaltenden Jubel der Menschen und umringt von Soldaten der Leibgarde wurde sie zum Heiligtum des Verborgenen getragen.
     
    Bis nach Sonnenuntergang saß ich mit Teje auf der Terrasse des Palastes und berichtete ihr all das, was ich in den letzten Wochen in Waset erlebt hatte. Ich spielte die Heirat Nimurias mit Kija herunter, soweit es nur irgend ging. Ich erzählte ihr, wie er sie schon von Krankheit, ja vom Tod gezeichnet empfing, dass sie sich kaum mehr als dreimal bei ihm aufgehalten hatte und auch das immer nur in Anwesenheit der Ärzte. Um möglichst schnell von Kija abzulenken, erzählte ich ihr jetzt vom Sterben Amenis und dass er noch im letzten Augenblick an sie gedacht hätte. Teje sah mich misstrauisch an.
    «Tat er das wirklich, oder sagst du das jetzt nur, um mich ein wenig zu trösten?»
    «Es war so, wie ich es dir sage.»
    Wie zum Dank streichelte sie kurz über meine Hand. Dann stand sie auf, ging an die Brüstung der Terrasse und sah im Dunkel der Nacht hinüber zum Tempel der Millionen Jahre, in dem ihr Gemahl für die Ewigkeit im Jenseits vorbereitet wurde.
    «Wie viele Tage sind es noch bis zur Bestattung?», fragte sie mich, ohne sich nach mir umzudrehen. Ich überlegte nur kurz.
    «Genau fünfundzwanzig Tage.»
    Teje sah schweigend dem gerade über den Bergen aufgehenden Mond entgegen, und nachdem sie mit ihrem Handrücken einige Tränen von den Wangen gewischt hatte, drehte sie sich wieder zu mir um.
    «Echnaton wird nicht wieder hierher kommen. Nie wieder. Hörst du, Eje: nie wieder!»
    «Glaubst du nicht, ich werde ihn überreden können?»
    «Versuche es erst gar nicht! Du würdest einen unheiligen Zorn heraufbeschwören, wie du ihn bei Echnaton noch nie erlebt hast. Selbst mich schrie er an und bezeichnete mich als eine Verräterin, als ich ihm sagte, sein Platz sei jetzt in Waset und nicht mehr in Achet-Aton. Glaube mir, der Einzige, der wusste, dass es so kommen würde, war Amenophis. Er hat in den letzten Jahren oft darüber geklagt, dass er seinen Sohn nicht mehr zu sehen bekam und dass Echnaton als Herrscher der Beiden Länder für immer verloren sei.»
    «Wie soll es weitergehen?», fragte ich sie, und meine

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