Im Land des Falkengottes. Echnaton
darüber einig, das einmal begonnene Werk fortzusetzen und Aton zu den höchsten Ehren kommen zu lassen. Echnaton hatte den Tod der beiden so geliebten Menschen nicht als Warnung der alten Götter Ägyptens, zu ihnen zurückzukehren, verstanden, sondern vielmehr als einen Hinweis seines Vaters Aton, sich noch mehr als bisher für dessen Verehrung einzusetzen, ja ihn unter Ausschluss aller anderen zum einzigen Gott zu erheben.
Es war im großen Audienzhof so still wie noch nie zuvor, als Pharao vor der Abfahrt Nofretetes die gemeinsam gefassten Pläne andeutete. «Es ist nicht so, dass mein Vater Aton mich verlassen hätte. Er liebt Echnaton, seinen Sohn, wie er ihn immer geliebt hat. Noch mehr als bisher werde ich deswegen alles tun, um Aton, meinem geliebten Vater, die Ehre zukommen zu lassen, die einzig ihm gebührt. Nicht werden wir mehr den Amun verehren und nicht mehr Ptah, Osiris, Hathor oder Sobek; nicht mehr Min, Anubis, Hapi, Horus oder Thoeris. Der einzige Gott ist Aton, und nur ihm wird künftig all unsere Liebe gelten. So sei es, und so werde es geschrieben!»
Wer genau hingehört hatte und wer Echnaton und Nofretete gut genug kannte, der verstand auch, was die Worte Pharaos bedeuteten: die Entschlossenheit, alle alten Götter Ägyptens zu leugnen und zu verbieten.
In Liebe verabschiedete Echnaton seinen Mitregenten Semenchkare, meine Tochter Nafteta. Sie sahen sich lange schweigend in die Augen, ehe sie sich küssten, ein letztes Mal bei den Händen hielten und sich schließlich losließen, damit Nofretete mit den vier kleinen Töchtern das Schiff bestieg, um nach Süden zu reisen.
Die Fertigstellung der Tempel, mit deren Errichtung Echnaton in allen Städten der Beiden Länder schon vor Jahren begonnen hatte, wurde jetzt mit aller Macht vorangetrieben. Pharao wusste,dass dieses gewaltige Vorhaben nur mit Unterstützung seiner Soldaten gelingen konnte. Und Echnaton war weitsichtig genug, um zu wissen, dass er sich hierbei der Hilfe Haremhabs sicher sein musste. Das Murren der Soldaten vergangener Tage hatte er nicht vergessen, und so tat er etwas, was Haremhab, den einflussreichsten Kritiker außerhalb der Priesterschaft von Waset, ein für alle Mal mundtot machen würde: Er ernannte ihn zum General und zum Anführer aller vier ägyptischen Divisionen. Das Grollen des Generals über die unwürdige Behandlung der einst so ruhmreichen ägyptischen Soldaten verstummte nun unter den Ehrenbezeichnungen und Orden, die Pharao ihm verlieh. Dann zogen seine Soldaten los und vollendeten in kurzer Zeit die Heiligtümer Atons in Men-nefer, in Achmim und auf dem Festland jenseits der Elefanteninsel Abu.
Aber Echnaton beließ es nicht dabei, Aton im ganzen Land neue Heiligtümer zu errichten. Im vierzehnten Jahr seiner Herrschaft, dem zweiten nach dem Tod Nimurias, beschloss Pharao, dem Anspruch, den er seinem Gott zugesprochen hatte, nämlich der Einzige zu sein, endlich gerecht zu werden: Er ließ die Tempel aller übrigen Götter schließen.
Dieses Vorhaben lag jenseits jeder Vorstellungskraft, die ein Ägypter nur aufbieten konnte. Es überforderte jeden Verstand. Hatte nicht Osiris den Anfang aller Zeiten mit seiner Gottherrschaft über Ägypten gesetzt? Nach der Ermordung durch seinen Bruder Seth herrschte sein Sohn Horus in Gestalt der Pharaonen über die Beiden Länder, und landauf, landab wurden die schönsten Tempel der Erde für Re in On, für Ptah in Men-nefer, für Min in Achmim und für Sobek in der Oase Fajum errichtet. Vergrößerte nicht erst Echnatons Vater Amenophis den Tempel des Amun in Waset und errichtete neue in Soleb und Sedenga? Und was war mit den Tempeln von Mut, Chons und Hathor?
Wer aber je Pharao zugehört hatte, der musste sich jetzt eingestehen, dass alles Streben Echnatons auf dieses Ziel hin ausgerichtetwar, auch wenn er es nie so deutlich ausgesprochen hatte. Echnaton allein war es, der die Größe, die Kraft des Geistes besaß, das zu Ende zu denken, was Aton ihm einst offenbart hatte: dass er sein Vater und der einzige Gott sei.
Über diese Pläne Pharaos wurde nur im Geheimen und im kleinsten Kreis beraten. Jedes Wort, das vorzeitig nach außen gedrungen wäre, hätte nicht nur eine Katastrophe heraufbeschworen, es hätte auch das vorzeitige Ende aller Träume Echnatons bedeuten können.
Echnaton erläuterte nur Merire, Aper-el, dem Polizeiobersten Mahu und mir, was er bereits mit Nofretete vor der Beisetzung Maketatons besprochen hatte. Wir waren uns darin einig,
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