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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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die jetzt zu mir getreten war, ich selbst.
    Das große Eingangstor war weit geöffnet, und als wir es durchschritten, lag die Menschenmenge in dem Hof vor uns im Staub. Dreimal verkündete Ramose laut die volle Titulatur beider Herrscher, ehe sich die Menschen erheben durften, um auch hier in ohrenbetäubendes Freudengeschrei auszubrechen. Wir alle gingen die Treppe hinab, durchquerten den Hof und bestiegen den gegenüberliegenden Torturm. Vor uns lagen all die übrigen Menschen, die in Waset lebten, gewiss mehr als 50   000, auf dem Boden. Ein letztes Mal verkündete Ramose die volle Titulatur der beiden Herrscher, und der schallende Lärm Hunderter Fanfaren erlaubte es allen, sich zu erheben. Es brach ein Jubel los, wie ich ihn noch selten erlebt hatte. Er wollte kein Ende nehmen, immer und immer wieder riefen die Menschen die Namen ihrer Herrscher Nimuria und Waen-Re.
    Dann stieg der junge Herrscher hinab und legte bis auf seinen Schurz alles nieder, was er trug, denn er musste nun nach altem Brauch dreimal um den Palast laufen, um zu zeigen, dass er genug Kraft hatte, über Ägypten zu herrschen. Die schweren Palasttore öffneten sich, und Amenophis begann durch ein Spalier Tausender Soldaten und unter dem lauten Geschrei der Menschen seinen Lauf. Nachdem er geendet hatte, bestieg er wieder den Torturm, um die Herrschaft über die Welt anzutreten:Er nahm einen Bogen und verschoss vier Pfeile, einen in jede Himmelsrichtung. Erneut stieg er herab und ging in die Mitte des Platzes. Am Rand einer Grube lehnte ein zwölf Ellen hoher Djet-Pfeiler aus Holz. Ihn musste der Herrscher aufrichten, um so für immer Fruchtbarkeit und Reichtum für sein Land zu erlangen. Am oberen Ende des Pfeilers war ein Seil angebracht, und an ihm zog Amenophis, bis der Holzpfeiler in die vorbereitete Grube rutschte. Nimuria und der Wesir gruben ihn gemeinsam mit Waen-Re ein, damit er fest und unverrückbar stand.
    Nun wurde Amenophis Waen-Re wieder vollständig angekleidet. Die königliche Familie, Ti und ich zogen zwischen den Wedelträgern die Treppe hinauf, vor das goldene Eingangstor des Audienzsaales. Dort waren jetzt die fünf Throne aus Elektron aufgestellt, auf welchen die Herrscherfamilie Platz nahm. Eine Stufe unterhalb standen für Ti und mich zwei einfachere, vergoldete Holzsessel bereit.
     
    Alle Welt huldigte nun den beiden Herrschern Ägyptens. Zuerst traten die Wesire vor die Throne der Majestäten und legten ihren Amtseid vor Amenophis Waen-Re ab. Dann erschienen die Vorsteher der zweiundzwanzig oberägyptischen und der zwanzig unterägyptischen Gaue sowie die Bürgermeister aller großen Städte, von Buto und Tanis im Norden bis hinab nach Napata, unterhalb der vierten Stromschnelle. Auch sie alle huldigten dem neuen Herrscher. Es folgten die Vorsteher der Paläste von Men-nefer, Merwer und der beiden Paläste von Waset, die Vorsteher der Divisionen des Amun, Ptah und des Re, der Schatzmeister, der Vorsteher aller Steinbrüche ihrer Majestäten und der Kommandant der königlichen Flotte.
    Nach ihnen erschien Merimes, der Königssohn von Kusch. Ihn umgab ein Dutzend nubischer Fürsten, treue Untertanen ihrer Majestäten. Sie waren herrlich anzusehen mit ihrem Federschmuck, den Leopardenfellen und all dem Gold, das sie auf ihrenschwarz glänzenden Körpern trugen. Ich sah von weitem, dass ein jeder von ihnen die Kraft hatte, mit bloßen Händen einen ausgewachsenen Löwen zu erwürgen. Merimes blieb inmitten seiner Nubier vor den Thronen stehen, denn ihnen folgten zum Klang nubischer Trommeln hundert schwarze Mädchen, eines schöner anzusehen als das andere, und jedes trug ein kleines Kästchen aus Ebenholz mit sich. Immer zehn von ihnen gingen an Merimes vorbei, knieten vor den Thronen nieder und öffneten die Deckel der Schatullen. Die ersten zehn brachten Diamanten, die nächsten Lapislazuli, darauf folgte Karneol. Dann kamen dunkelrote Rubine, blaue und grüne Saphire, Amethyst und Achat, Opal und Türkis und zuletzt dunkelgrüne Smaragde. Mit einem zufriedenen, fast überheblich wirkenden Gesicht sah Merimes in die Augen seiner Herrscher, um ihr Entzücken beim Anblick der Schätze zu genießen. Als nächstes traten sechzig nubische Männer vor die Throne Ägyptens. Je zwei von ihnen, jeder stark wie ein ausgewachsener Wildstier, schleppten schwere Holztruhen. Fünfmal nacheinander traten zwölf Nubier vor und öffneten ihre Truhen, die bis zum Rand mit Gold gefüllt waren. Ebenso geschah es mit Silber. Dann ließ

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