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Im Land des weiten Himmels

Im Land des weiten Himmels

Titel: Im Land des weiten Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Wolfe
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… Und ich hatte schon Angst, Sie würden kneifen. Ich habe schönes Wetter für uns bestellt, das ist hier in Seattle höchst selten.«
    Sie betrachtete ihn von oben bis unten, musterte die Lederjacke, die saubere Hose und die frisch geputzten Stiefel. »Hallo, Frank. Und was Anständiges angezogen haben Sie auch. In Ihrem Overall sehen sie ziemlich albern aus.« Sie lächelte herzlich. »Vielen Dank für die schönen Blumen.«
    »Für eine hübsche Lady stürzt man sich doch gerne in Unkosten.« Er bot ihr den Arm und führte sie wie ein Gentleman zur Tür, sehr zum Gefallen des jugendlichen Hotelboys, der sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte. »Warten Sie ab, bis Sie sehen, was ich alles in den Picknickkorb gepackt habe.«
    Er führte sie zu einem ramponierten Pickup-Truck, erklärte ihr, dass seine Jenny auf dem Festgelände vor Tacoma wartete und er sich den Pickup von einem der Veranstalter geliehen habe, und half ihr auf die Sitzbank. Nachdem er sich hinters Steuer gesetzt hatte, registrierte er zufrieden, wie erstaunt sie beim Anblick des gefüllten Picknickkorbes war. Frisches Obst, sogar Erdbeeren, leckere Kekse, eine Tafel Schokolade und eine Blechdose, in der zwei Lachssteaks auf Eis lagen, wie er ihr stolz erklärte. Zwei Flaschen Coca-Cola, sein Lieblingsgetränk, ragten aus den Äpfeln und Birnen heraus. Zwei Teller und das Besteck waren in feste Küchentücher gewickelt.
    » Wow «, staunte sie, »wer soll das denn alles essen?«
    Er lachte. »Keine Angst, in der Wildnis bekommt man Hunger.«
    Bis zum Festplatz zwischen Seattle und Tacoma waren es ungefähr zwanzig Meilen. Sie erreichten ihn über eine asphaltierte Straße, die am Ufer des Puget Sound entlangführte und auch um diese Zeit schon stark befahren war. Vor allem Lastwagen und die Pickup-Trucks von Farmern kamen ihnen entgegen.
    Das Gelände, auf dem die Flugschau stattfinden sollte, lag auf einer riesigen Wiese am Meeresufer. Schon von Weitem sah Hannah die festlich geschmückten Zelte und die mit Seilen verankerten Maschinen der Barnstormers. Etliche Lastwagen und Pickups parkten am Straßenrand. Zahlreiche Arbeiter waren damit beschäftigt, die Imbiss- und Souvenirwagen aufzustellen und die Zelte und Wagen mit bunten Wimpeln und Luftballons zu schmücken. Man hörte Hammerschläge und die Rufe von Männern, die Anweisungen gaben oder ihre Arbeit kommentierten.
    Als sie ausstiegen, winkten ihnen zahlreiche Männer zu. Der Anblick eines befreundeten Piloten und einer hübschen Frau, die mit einem vollgepackten Picknickkorb zu seiner Maschine liefen, war kein alltägliches Bild und entlockte den meisten ein fröhliches Grinsen. »Hey, Frank!«, rief einer. »Wandelst du auf Freiersfüßen?« Und ein anderer bemerkte schadenfroh: »Sag bloß, du hast dich an die Kette legen lassen, Frank! Mit einem Picknick fängt es an, und bevor du dich’s versiehst, landest du im Ehehafen!« Ein anderer ergänzte: »Und dann ist es vorbei mit dem Wanderleben! Pass bloß auf, mein Lieber!«
    »Ihr seid ja nur neidisch!«, rief Frank zurück.
    Hannah ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, lächelte unbeirrt in die Runde, ließ sich von Frank in die Maschine helfen und verstaute den Picknickkorb unter ihrem Sitz. Sie setzte die Lederkappe und die Schutzbrille auf und warnte ihn noch einmal: »Keine Kunststücke, solange ich in der Maschine bin! Haben Sie mich verstanden? Ich bin kein Versuchskaninchen …«
    Frank grinste. »Ach, das wäre mir jetzt gar nicht aufgefallen.«
    Er löste die Halteseile, warf den Propeller an und kletterte in sein Cockpit. Hannah drehte sich um, sah zu, wie er sich seine Lederkappe und die Schutzbrille überzog, und erwiderte seinen Gruß, als er den ausgestreckten Daumen hob. Sie war guter Dinge und freute sich auf den Ausflug, auch wenn man bei diesen Draufgängern nie so genau wusste … Vielleicht wollte er sich mit einem besonders gelungenen Kunststück bei seinen Freunden für die schadenfrohen Kommentare revanchieren.
    Doch ihre Angst war unbegründet. Frank startete so sanft, als hätte er eine Ladung roher Eier an Bord, und verzichtete sogar darauf, mit den Tragflächen zu wippen, wie es Piloten taten, um Freunde oder Bekannte zu grüßen. In einer weiten Kurve lenkte er seine Jenny über die Bucht hinaus, um dann nach Südosten abzudrehen und den Mount Rainier anzusteuern. Frank hatte sein Versprechen eingelöst und für schönes Wetter gesorgt, die Sonne stand hoch am Himmel, und lediglich im Westen waren einige

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