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Im Land des weiten Himmels

Im Land des weiten Himmels

Titel: Im Land des weiten Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Wolfe
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daran, dass es Wichtigeres gab, als über einen seltsamen Biologen nachzudenken. Sobald sich die Kunde von ihrem Roadhouse herumgesprochen hatte, würden sicher noch andere Gäste ihr Rätsel aufgeben, und es wäre viel zu anstrengend und auch sinnlos, über jeden einzelnen nachzudenken. Als ob sie nichts anderes zu tun hätte!

27
    Nachdem sie das Geschirr abgewaschen hatte, packte sie den Stoff aus, der mit dem Lastkahn gekommen war, und schneiderte Vorhänge für die Gästezimmer im ersten Stock. Sie hatte sich für ein kräftiges Rot entschieden, das dunkel genug war, den nächtlichen Sonnenschein im Sommer auszublenden, und im Winter den kühlen Wind abhielt, der sich durch die undichten Fugen ins Zimmer stahl. Die Holzstangen über den Fenstern hatte ihr Onkel bereits angebracht.
    Zufrieden betrachtete sie ihr Werk. Die Vorhänge ließen die Räume gleich viel wohnlicher aussehen. Sie räumte ihr Nähzeug und den restlichen Stoff weg und ging in die Küche, belohnte sich mit einem Teller Suppe und Brötchen mit Honig und trat mit einem Becher Kaffee auf die Veranda. Erschöpft ließ sie sich in den Schaukelstuhl fallen. Nicht die Arbeit war anstrengend gewesen, eher die trüben Gedanken, die ihr unablässig durch den Kopf gingen und selbst ihre Freude an den neuen Vorhängen durchkreuzten.
    Es war einiges schiefgelaufen während der letzten Tage. Frank war in seiner roten Maschine davongeflogen und würde sich bestimmt eine andere Route für seine Postflüge geben lassen, um ihr nicht mehr begegnen zu müssen, und Chief Alex hatte ihr unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sie in seinem Dorf nicht erwünscht war und er am liebsten sehen würde, dass sie das Tal für immer verließ. Es würde sie einige Anstrengung kosten, ihn davon zu überzeugen, dass sie nicht mit den bösen Geistern im Bunde war.
    Captain erschien auf der Veranda, spürte wohl ihre Trauer und schmiegte sich an ihre Beine. Sie beugte sich nach vorn und streichelte ihn. »Keine Angst«, sagte sie, »so schnell lassen wir uns nicht unterkriegen.«
    Sie trank von ihrem Kaffee, mit viel Milch und einem halben Löffel Zucker mehr als sonst, und blickte auf die Hügel vor dem Haus. Eine fast durchgehende Wolkendecke hatte sich vor die Sonne geschoben und warf dunkle Schatten auf das Land. Das satte Grün der Wiesen und die leuchtenden Farben der Wildblumen verbargen sich unter einem schmutzigen Grauschleier.
    Du trägst dein Herz auf der Zunge, hatte ihre Mutter einmal gesagt. Du sagst, was du denkst, und so ehrenhaft das ist, es bringt dich nicht weiter. Eine Lady sollte etwas zurückhaltender sein, wenn sie es zu etwas bringen will.
    Ich bin aber keine Lady, hatte sie geantwortet, ich lasse mir von niemand den Mund verbieten. Und wer sich daran stört, hat eben Pech gehabt!
    Wie wahr!
    Auch bei Frank hatte sie ihre Klappe nicht halten können, und weil sie so getan hatte, als hätte er sie mit voller Absicht in Gefahr gebracht, in Tanana wie ein dummes Schulmädchen davongerannt war und seine Entschuldigung gleich mehrmals abgelehnt hatte, selbst nach dem Rückflug nicht auf ihn eingegangen und beleidigt ins Haus verschwunden war, saß er jetzt wahrscheinlich in Fairbanks und schimpfte sie eine einfältige Zicke, die es sowieso nicht wert war, dass man sich um sie bemühte. Oh, was war sie doch für eine dumme Pute gewesen! Wie hatte ihre Freundin Clara gesagt, als einer ihrer Verehrer mit seinem Automobil zu rasant in eine Kurve gegangen und an einem Laternenpfahl gelandet war? Männer sind wie kleine Jungen, die werden nie erwachsen. Die meinen immer, sie müssten einer Frau was beweisen, wenn sie ihr den Hof machen. Über solche Dummheiten musst du hinwegsehen, Hannah. Einem kleinen Jungen würdest du doch auch verzeihen, wenn er auf einen Baum klettert und sich dabei beinahe den Hals bricht.
    Als Pearlman von seinem Ausflug zurückkehrte, hatte Hannah nach einem Rezept ihrer Mutter ein Blech Kekse gebacken und war bereits dabei, das Abendessen zu kochen. Es gab Elchbraten mit Kartoffeln und frischem Gemüse aus dem Garten. »Wie gefällt Ihnen unser Tal?«, erkundigte sie sich höflich.
    »Wie?« Er hatte bereits ein Stück Braten im Mund. »Ihr Tal? Ja …, doch …, wirklich sehr interessant. Herrliche Bäume. Eine interessante Gegend.« Er kaute genüsslich. »Der Elchbraten schmeckt übrigens ganz hervorragend.«
    Hannah erkannte, dass Pearlman keine Lust hatte, sich während des Essens zu unterhalten, und zog sich in die Küche

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